Die „Aktion T4“ ist eine nach 1945 gebräuchlich gewordene Bezeichnung für die systematische Ermordung von mehr als 70.000 Patientinnen und Patienten psychiatrischer Versorgungseinrichtungen von 1940 bis 1941. Die Bezeichnung bezieht sich auf die Anschrift der für die Organisation des „Euthanasie“-Programms zuständigen „T4-Zentrale“ in der Tiergartenstraße 4, Berlin.
Der „Aktion T4“ vorangegangen waren Radikalisierungserscheinungen in der universitären Vorstellung der „Eugenik“ und „Rassenhygiene“, die schon vor 1933 sichtbar waren. Den Beginn der nationalsozialistisch forcierten Vernichtung von Menschenleben markiert das am 1. Januar 1934 in Kraft getretene „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ (GzVeN). Annähernd 400.000 Menschen wurden bis 1945 zwangssterilisiert. Mittels Propagandamaßnahmen wurden zunehmend die Kosten für die Pflege und Unterbringung arbeitsunfähiger und kranker Menschen für die Gesellschaft thematisiert. Unter anderem als „nutzlose Esser“ diffarmiert, schritt die Ausgrenzung vieler Menschen voran.
Im Frühjahr 1939 begannen die konkreten Planungen der „Kanzlei des Führers“ für die Ermordung von Kindern und Erwachsenen. Unterstützt durch eine ihr unterstellte Tarnorganisation, dem „Reichsausschuß“ zur wissenschaftlichen Erfassung von erb- und anlagebedingten schweren Leiden“, begann die reichsweite Erfassung von Kindern bis zum Alter von drei – und ab 1940 darüber hinaus – mit schweren und schwersten Behinderungen. Im Zeitraum der ausgeübten Kinder-„Euthanasie“ bis zum Kriegsende wurden durch die Verabreichung von Medikamenten und systematischen Verhungernlassens mindestens 5.000 Kinder und Jugendliche ermordet. Die Zahl der Leidtragenden der Kinder-„Euthanasie“ während der NS-Zeit geht weit darüber hinaus. Mindestens 15.000 weitere Kinder und Jugendliche waren vom „Reichsausschuß“ zur Ermordung vorgesehen. Insgesamt wurden mehr als 100.000 Kinder und Jugendliche der Tarnorganisation gemeldet.
Im August 1939 begannen die Vorbereitungen, die Morde auch auf Erwachsene auszuweiten. In Zusammenarbeit durch Reichsinnenministerium und der Sicherheitspolizei wurden Tötungsanstalten eingerichtet, Tötungsmittel beschafft und ideologisch zuverlässiges medizinisches und pflegerisches Personal rekrutiert.
Ab Ende 1939 erhielten alle Pflegeheime und Heilanstalten im Deutschen Reich Meldebögen, auf denen das zuständige ärztliche Personal Angaben zu den Patientinnen und Patienten zu machen hatte. Die Leidtragenden wurden über „Zwischenanstalten“ in eine der sechs Tötungsanstalten Brandenburg (an der Havel), Bernburg (an der Saale), Hartheim (bei Linz), Sonnernstein-Pirna, Grafeneck oder dem hessischen Hadamar gebracht und in der Regel binnen kürzester Zeit ermordet.
Bis zur Einstellung des zentralisierten Mordens im September 1941 waren mehr als 70.000 Menschen ermordet worden. Das „Euthanasie“-Programm wurde aber nur zum Schein eingestellt. In der Folge fand der Mord jetzt konspirativ und auf eine unauffälligere Art und Weise statt. In zahlreichen Krankenhäusern und Heilanstalten in ganz Deutschland wurden bis Kriegsende noch mindestens 100.000 Menschen vor allem durch systematische Verwahrlosung, strukturell herbeigeführte Mangelernährung und überdosierter Medikamentengabe umgebracht.