Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessische Biografie

Portrait

Christoph Prinz von Hessen
(1901–1943)

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GND-Nummer

124345948

Hessen, Christoph Prinz von [ID = 15902]

* 14.5.1901 Frankfurt am Main, † 7.19.1943 Apenninen bei Forli, Begräbnisort: Burg Kronberg
Andere Namen | Wirken | Familie | Nachweise | Leben | Zitierweise
Wirken

Werdegang:

  • 1922 bis 1924 Studium der Landwirtschaft in München
  • ab 1931 Angestellt bei der Viktoria-Versicherung in Berlin
  • 1931 Eintritt in die NSDAP
  • 1932 Eintritt in die SS
  • ab 1933 persönlicher Referent des Staatssekretärs Paul Körner im Reichsluftfahrtministerium
  • ab 1933 beim Aufbau des „Forschungsamtes“ (FA), einem nationalsozialistischen Überwachungsdienst, beteiligt
  • ab 1935 Leiter des FA
  • 1939 Einberufung in die Wehrmacht
  • 1943 Absturz seines Flugzeugs in Monte Collino
Familie

Vater:

Hessen, Friedrich Karl Landgraf von, * Panker 1.5.1868, † Kassel 28.5.1940

Mutter:

Preußen, Margarethe Prinzessin von, 1872–1954

Partner:

Verwandte:

Nachweise

Literatur:

Bildquelle:

Prinz Christoph und Prinzessin Sophie, geb. Griechenland, Foto, AHH (beschnitten), in: Franz, Das Haus Hessen. Ein biographisches Lexikon, Darmstadt 2012, S. 188

Leben

Der jüngere Zwillingsbruder von Richard, mit diesem zusammen in Frankfurt und Schloss Friedrichshof aufgewachsen, besuchte wie er die Musterschule in Frankfurt am Main, allerdings nur bis zur Primareife. 1919/20 arbeitete Christoph als Eleve auf dem Familiengut Viermünden in Nordhessen; 1921 war er als 2. Beamter auf Gut Grabow in Pommern angestellt und studierte 1922–1924 in München Landwirtschaft. 1925/26 arbeitete er auf den Familiengütern in Holstein (Panker), wo er sich vorrangig um das Gestüt kümmerte. Seine Vorliebe galt dem Reit- und Motorsport. Als Automechaniker arbeitete er in den Kruck-Werken in Frankfurt am Main und bei Maybach in Friedrichshafen.

Im Dezember 1930 heiratete Christoph in Schloss Friedrichshof die 16-jährige Prinzessin Sophia von Griechenland, die jüngste Tochter von Prinz Andreas und Alice geb. Prinzessin von Battenberg. Als Christoph 1931 eine Stelle bei der Viktoria-Versicherung in Berlin antrat, wohnten die Jungvermählten zunächst in der Heilbronner Straße; 1936 bezog man eine Villa in Dahlem. Das Paar hatte fünf Kinder.

Durch seinen Bruder Philipp lernte Christoph Hermann Göring kennen, der mit seinen älteren Brüdern die Kadettenanstalt Berlin-Lichterfelde besucht hatte und bald Freund und Gönner der Hessenprinzen wurde. Im November 1931 trat Christoph der NSDAP und im Februar 1932 der SS bei. 1933 stellte ihn Göring, inzwischen preußischer Ministerpräsident und Reichsluftfahrtminister, als persönlichen Referenten seines Staatssekretärs Paul Körner im Reichsluftfahrtministerium ein. Dort arbeitete Christoph, zunächst im Rang eines Regierungsrats, am Aufbau des „Forschungsamts“ (FA) mit, eines Nachrichtendiensts, den Göring zur Überwachung des Telefon-, Telegrafen- und Funkverkehrs gegründet hatte. Das FA war an der Vorbereitung des Röhm-Massakers beteiligt, das, auf Hitlers Veranlassung, von Göring und SS-Chef Himmler gegen SA-Führung und Hitler-Kritiker am 30. Juni/1. Juli 1934 durchgeführt wurde. 1935 wurde Christoph zum Leiter des FA ernannt, mit jährlichen Beförderungen bis zum Ministerialdirektor (1937). Obwohl er sich im April 1934 vom Dienst in der SS beurlauben ließ, gehörte er durch Versetzung in Himmlers Stab und Beförderungen (1939 Oberführer) formell weiterhin der SS an.

Im August 1939 ließ Christoph sich von seiner Stellung als Leiter des FA beurlauben. Nach Wiedereinführung der Wehrpflicht 1935 hatte er in Görings Luftwaffe jährliche Reserveübungen abgeleistet. Ende August 1939 erhielt er seine Einberufung als Leutnant der Reserve. Dem Generalkommando des II. Fliegerkorps unter General Loerzer als Ic zugeteilt, war er 1940/41 in Luxemburg, Belgien und Nordfrankreich stationiert. Im August 1941 ließ er sich zu einem Kampfgeschwader versetzen. Nach seiner Ausbildung als Navigator flog er im K.G. 3 im November 1941 Einsätze an der Ostfront, bevor er auf Befehl Görings Flugverbot erhielt und wieder zum Generalkommando des II. Fliegerkorps, diesmal nach Sizilien kam. Ende März wurde er auf eigenen Wunsch (als Stabsoffizier Ia und Ic) zum Jagdgeschwader 53 in Comiso versetzt, mit dem er, seit März 1942 Major, ab Dezember des Jahres in Tunesien im Einsatz war, bis man im Mai 1943 den Rückzug vor den Alliierten antrat. Im Herbst 1943 erhielt Christoph in Castelgandolfo die Abberufung von der Front, vermutlich in Folge des „Prinzenerlasses“, der seine Brüder Wolfgang und Richard schon Anfang 1943 betroffen hatte. Die Maschine, die ihn am 7. Oktober 1943 von Rom nach Deutschland befördern sollte, kollidierte in der Nähe von Monte Collino (Apenninen) im Nebel mit einem Berg. Die Leichen des Piloten und Christophs wurden auf dem Friedhof von Forlí beerdigt; Prinz Christophs Sarg wurde 1953 nach Kronberg überführt.

Seine Frau, Prinzessin Sophia, war zu Kriegsbeginn mit den Kindern zu ihrer Schwiegermutter nach Kronberg gezogen. Nach der Beschlagnahme von Friedrichshof durch die US-Army wurde sie im April 1945 mit ihren fünf Kindern und den vier Kindern ihres Schwagers Philipp von ihrem Cousin, Prinz Ludwig von Hessen und bei Rhein, und seiner Frau Margaret in Wolfsgarten aufgenommen. 1946 heiratete Tiny, wie sie in der Familie hieß, Prinz Georg Wilhelm von Hannover, mit dem sie 1948 nach Salem und 1958 nach Schliersee (Bayern) übersiedelte. Das Paar hatte drei Kinder.

Rainer v. Hessen

(Text identisch mit: Franz, Das Haus Hessen, S. 187-189)

Zitierweise
„Hessen, Christoph Prinz von“, in: Hessische Biografie <https://www.lagis-hessen.de/pnd/124345948> (Stand: 25.3.2024)