Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessische Biografie

Hessen-Darmstadt, Georg II. Landgraf von [ID = 1337]

* 17.3.1605 Darmstadt, † 11.6.1661 Darmstadt, evangelisch
Regent
Andere Namen | Wirken | Familie | Nachweise | Leben | Zitierweise
Andere Namen

Weitere Namen:

  • Hessen-Darmstadt, Georg II. „der Andere“ Landgraf von
  • Hessen-Darmstadt, Georg II. „der Gelehrte“ Landgraf von
Wirken

Werdegang:

  • 1626 Regierungsübernahme
  • 1627 Hauptakkord mit Landgraf Wilhelm V. von Hessen-Kassel zur Sicherung der neuen Machtstellung Hessen-Darmstadts
  • 1626/1627 Ausbau der Darmstädter Kanzlei als Verwaltungszentrum
  • Errichtung des Ludwig-Georg-Gymnasiums in Darmstadt
  • gegen Überlassung der Festung Rüsselsheim Anerkennung der Darmstädter Neutralität durch König Gustav Adolph von Schweden
  • Verlegung der Regierung in die Festung Gießen
  • 1635 durch den Frieden von Pirna Administrator Gesamt-Hessens: Hessischer Bruderkrieg
  • 1645-1647 Hessen-Darmstadt mehrfach durch französisch-schwedische Truppen besetzt
  • April 1648 Einigungs- und Friedensvertrag mit Hessen-Kassel, Rückkehr nach Darmstadt
Familie

Vater:

Hessen-Darmstadt, Ludwig V. „der Getreue“ Landgraf von, * Darmstadt 24.9.1577, † Darmstadt 27.7.1626, seit 1596 in Darmstadt regierend

Mutter:

Brandenburg, Magdalena Prinzessin von, * Berlin 7.1.1582, † Darmstadt 4.5.1616

Partner:

  • Sachsen, Sophia Eleonora Herzogin von, (⚭ Torgau 1.4.1627) * Dresden 23.6.1609, † Darmstadt 2.6.1671, Tochter des Johann Georg I. Kurfürst von Sachsen, 1585–1656, und der Magdalena Sibylla Markgräfin von Brandenburg, 1586–1659

Verwandte:

Nachweise

Literatur:

Bildquelle:

Pons, Die Kunst der Loyalität, S. 20. - Gemälde von Salomon Duarte, Bayerische Staatsgemäldesammlung (Ausschnitt)

Leben

Zur Thronfolger-Ausbildung des (nach vier Töchtern) erstgeborenen Sohns Landgraf Ludwig V. auf der Grundlage evangelisch reiner Lehre gehörten neben Sprachen und Mathematik auch körperliche Ertüchtigung und Musik. Als Achtjähriger begrüßte Georg den Paten Georg Friedrich von Baden in Vertretung der Vaters mit einer französischen Grußansprache; im Jahr darauf hielt er eine lateinische Weihnachtsrede. Mit dem frühen Tod der Mutter und der nachfolgenden Mittelmeer-Reise des Vaters war er früh auf sich selbst gestellt. Ohne Rücksicht auf die bereits auf Hessen ausgreifenden Kriegswirren ging der 16-Jährige im Sommer 1621 in Begleitung des Grafen Johann Casimir von Erbach (1581–1627) auf die übliche „Grand Tour“, die in die Niederlande und weiter durch Frankreich und Spanien bis nach Portugal führte. Ab Lissabon auf See, war man nach einem glimpflich verlaufenen Schiffbruch vor Marseille im Frühsommer wieder im Reich. Auf die Nachricht vom Angriff des Grafen von Mansfeld, der Darmstadt besetzt und Landgraf Ludwig nebst Bruder Johann verschleppt hatte, reiste Georg nach Dresden, um die Unterstützung der erbverbrüderten Wettiner zu gewinnen. Die beim mehrmonatigen Aufenthalt geknüpfte Beziehung zur Tochter des sächsischen Kurfürsten führte nach einer wohl zur Ablenkung organisierten zweiten Bildungsreise nach Italien schon im Herbst 1624 zur offiziellen Verlobung. Die für den Sommer 1626 geplante Hochzeit verschob der Tod Ludwigs V., der Georg die Regierungsverantwortung übertrug.

Der junge Georg beendete die väterliche Exekution gegen Hessen-Kassel mit der Einnahme von Rheinfels, konnte den Konflikt aber mit dem statt des abgedankten Landgrafen Moritz in Kassel regierenden Vetter Wilhelm V. im sogenannten „Hauptakkord“ vom September 1627 vorerst beilegen, wobei Hessen-Darmstadt neben ganz Oberhessen mit Marburg auch die Niedergrafschaft und (pfandweise) Schmalkalden bekam. Die ruhigeren Folgejahre sollten der Sanierung des Landes dienen; dazu gehörte neben der großen Landesvisitation 1628/30 vorab der Ausbau des Bildungswesens, die Gründung des Darmstädter „Pädagogs“ als Vorschule für die in Marburg vereinigte Landesuniversität, aber auch die 1634 erlassene allgemeine Schulordnung. Für die Zeitgenossen Landgraf Georg „der Andere“, erwarb er sich nicht nur damit den späteren Beinamen „der Gelehrte“. Symbol der erreichten Befriedung sollte die vom Hofzeichner Valentin Wagner dokumentierte „Niddaer Sauhatz“ im Herbst 1633 sein, an der auf Einladung Georgs und des Butzbacher Onkels Philipp auch Landgraf Wilhelm aus Kassel teilnahm.

Beim Durchzug des seit Oktober 1631 mit Kassel verbündeten Schweden-Königs Gustav Adolf konnte Landgraf Georg mit der Einräumung der Festung Rüsselsheim seine Neutralität behaupten. Doch der ungeregelte Rückzug der in Süddeutschland geschlagenen Schweden 1634 brachte neue Verwüstung. Nach der Ächtung des inzwischen auch mit Frankreich verbündeten Landgrafen Wilhelm, der den von Georg vermittelten Prager Frieden ablehnte, wurde Georg 1636 zum Administrator Gesamt-Hessens bestellt. Nach dem Tod Wilhelms V. in Ostfriesland im Herbst 1637 führte der Widerruf des „Hauptakkords“ durch die Regentin-Witwe Amalie Elisabeth in den sogenannten „Hessenkrieg“ der 1640er Jahre, der zur erneuten Teilung Oberhessens im 1648 von Herzog Ernst von Sachsen-Gotha vermittelten „Einigungs- und Friedensvertrag“ führte. Landgraf Georg konnte mit seinem Hof, nachdem er fast zwei Jahrzehnte vorwiegend in Oberhessen residiert hatte, nach Darmstadt zurückkehren. In der Neben-Residenz Gießen wurde 1650 die hessen-darmstädtische Landesuniversität neu eröffnet. Das letzte Jahrzehnt Georgs II. galt dem Wiederaufbau, zu dem auch die Erneuerung verwüsteter Dörfer mit Neusiedlern aus vom Krieg verschonten Gebieten gehörte.

Eckhart G. Franz

(Text identisch mit: Franz, Das Haus Hessen, S. 276-278)

Zitierweise
„Hessen-Darmstadt, Georg II. Landgraf von“, in: Hessische Biografie <https://www.lagis-hessen.de/pnd/118884352> (Stand: 25.3.2024)