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Hessische Biografie

Portrait

Ernst Wolf Alexander Oskar von Harnack
(1888–1945)

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Harnack, Ernst Wolf Alexander Oskar von [ID = 9958]

* 15.7.1888 Marburg, † 5.3.1945 Berlin Gefängnis Berlin-Plötzensee, evangelisch-lutherisch
Jurist, Politiker, Regierungsassessor, Regierungsrat, Landrat, Regierungsvizepräsident, Regierungspräsident
Andere Namen | Wirken | Familie | Nachweise | Leben | Zitierweise
Andere Namen

Geburtsname:

Harnack, Ernst* Wolf Alexander Oskar

Wirken

Werdegang:

  • 15.6.1888: Geburt als Ernst Wolf Alexander Oskar Harnack in Marburg, Spross einer lutherischen Gelehrtenfamilie und ältester Sohn des Theologen Adolf Harnack
  • um 1895: Seine Schulzeit begann mit einjährigem Privatunterricht
  • um 1896-1907 Besuch des Königlich Joachimsthalschen Gymnasiums in Berlin
  • Ostern 1907 Ablegung des Abiturs in seinem Berliner Gymnasium
  • 1907-1911 Studium der Rechtswissenschaften an den Universitäten Marburg (drei Semester) und Berlin (vier Semester
  • 6.5.1911 erste juristische Prüfung
  • 1911 Beginn einer Ausbildung beim Amtsgericht Berlin-Lichterfelde
  • 1.10.1911-30.9.1912 Militärdienst als Einjährig-Freiwilliger beim Husaren-Regiment Nr. 12 in Torgau
  • 8.3.1913 Anstellung als Regierungsreferendar bei der Regierung in Oppeln
  • 2.8.1914-15.5.1915 Teilnahme am Ersten Weltkrieg
  • ab 1915 Tätigkeit beim Zivilbeauftragten in Russisch-Polen
  • 29.3.1916 im oberschlesischen Hindenburg Heirat von Anna (Änne) Wiggert
  • 1918 In den letzten Monaten des Ersten Weltkrieges und des Kaiserreiches begann von Harnack eine politische Laufbahn in Preußen, wobei er sich der SPD verbunden fühlte
  • 29.6.1918 Ernennung zum Regierungsassessor im Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung. Dieses Amt bekleidete er durch die Wirren des Kriegsendes und der Revolution sowie in den Anfängen der Weimarer Republik bis Anfang 1921
  • 24.1.1921 Beförderung zum Regierungsrat
  • 15.8.1921-9.11.1923 Landrat des Kreises Hersfeld
  • 27.11.1921 Wahl in den Vorstand des neuen „Bundes religiöser Sozialisten“
  • 10.11.1923-31.5.1924 kommissarischer Landrat in Randow (Pommern)
  • 1.6.1924-31.5.1925 erneut Landrat des Kreises Hersfeld
  • 1.6.1925 preußischer Regierungsvizepräsident in Hannover
  • 1.4.1927 Übernahme der gleichen Position in Köln (preußische Rheinprovinz)
  • 8.8.1929 Regierungspräsident in Merseburg
  • 21.7.1932 abrupte Entlassung aus dem Dienst und Versetzung in den einstweiligen Ruhestand infolge des „Preußenschlags“ des Reichskanzlers Franz von Papen
  • 1932 nach seiner Entlassung zog von Harnack nach Berlin um, wo er bis 1944 im südwestlichen Stadtteil Zehlendorf im Haus Am Fischtal 8 wohnte
  • 1932 Ernst von Harnack argumentierte in Reden und Artikeln deutlich gegen den immer mächtiger werdenden Nationalsozialismus. Als Angehöriger des „Bundes religiöser Sozialisten“ wandte er sich zudem öffentlich gegen die „Deutschen Christen“
  • Frühjahr 1933 Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten, bei der auch die SPD verboten wurde, bekämpfte von Harnack den überspitzten Nationalismus der Hitler-Partei und lehnte jede Form von Rassismus ab
  • 21.-26.6.1933: Als in der „Köpenicker Blutwoche“ etwa 500 NS-Gegner von der SA-Standarte 15 gefoltert und teils ermordet wurden, war von Harnack besonders erschüttert. Daher versuchte er, die Mörder des SPD-Politikers Johannes Stelling zu finden
  • Frühsommer 1933 Da er sich für verhaftete Sozialdemokraten und Gewerkschaftsführer einsetzte, wurde er mehrere Wochen inhaftiert
  • ab 1933: Im Anschluss arbeitete von Harnack in verschiedenen Branchen und für den Berliner Magistrat. Vor allem war er lange „Gräberkommissar“, als welcher er mit dem Gräberforscher Willi Wohlberedt für Berlin eine Gräberkartei anlegte
  • ab 1938: Ernst von Harnack beaufsichtigte als „Gräberkommissar“ die umfangreichen Umbettungen für die „Welthauptstadt Germania“. Dabei beauftragte er seinen Mitarbeiter Wohlberedt, auf pietätvolle Umbettungen alter Gräber zu achten
  • 1933-1944: Ernst von Harnack setzte seinen Widerstand im Einklang mit Verwandten fort. Dabei beriet er weiter politisch Verfolgte und suchte Kontakte zu Vertretern des zivilen oder militärischen Widerstandes.
  • bis 20.7.1944: Aufgrund der Verbindungen zur Gruppe Goerdeler-Beck und über Leber zum „Kreisauer Kreis“ nahm von Harnack auch Anteil an den Vorbereitungen der „Operation Walküre“, ohne direkt in die Attentatspläne auf Hitler eingeweiht zu sein
  • 28.9.1944: Da auch Ernst von Harnack nach dem gescheiterten Hitler-Attentat auf der Verhaftungsliste der Gestapo stand, nahm man ihn schließlich gefangen
  • 1.2.1945: Ernst von Harnack wurde wegen seiner Beteiligung am Umsturz des 20. Juli vom Volksgerichtshof unter Roland Freisler zum Tode verurteilt
  • 5.3.1945: Vollstreckung des Todesurteils im Gefängnis zu Berlin-Plötzensee

Funktion:

  • Preußen, Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung, Regierungsassessor, 1918-1921
  • Preußen, Regierungsrat, 1921
  • Hersfeld, Landkreis, Landrat, 1921-1923
  • Hersfeld, Landkreis, Landrat, 1924-1925

Werke:

  • Die Praxis der Öffentlichen Verwaltung (1936)
  • Bestand und Erhaltung der bedeutsamen Grabstätten und Friedhöfe in Groß-Berlin. Denkschrift im Auftrag des Generalbauinspektors für die Reichshauptstadt. (1941-1943)

Lebensorte:

  • Marburg; Berlin; Torgau; Oppeln; Hindenburg (Oberschlesien); Hersfeld, heute Bad Hersfeld; Kreis Randow (Pommern); Hannover; Köln; Merseburg
Familie

Vater:

Harnack, Karl Gustav Adolf* von, * Dorpat (Estland) 7.5.1851, † Heidelberg 10.6.1930, Königlich Preußischer Wirklicher Geheimrat, Theologe, Sohn des Theodosius Harnack, GND, * St. Petersburg 3.1.1817, † Dorpat (Estland) 23.9.1889, Theologe (Luther-Forscher), Professor in Dorpat (Estland), und der Marie Ewers, * 22.5.1828, † (bei Geburt des 5. Kindes) Erlangen 23.11.1857

Mutter:

Thiersch, Amalie, * Erlangen 31.8.1858, † Berlin 28.12.1937, Heirat Leipzig 27.12.1879, Tochter des Carl Thiersch, Chirurgieprofessor Königlich Sächsischer Geheimer Medizinalrat, und der Johanna Freiin von Liebig

Partner:

  • Wiggert, Anna, * Göttelborn (Saarland) 5.10.1894, † Berlin-Zehlendorf 22.8.1960, Heirat Hindenburg (Oberschlesien) 29.3.1916, Tochter des Ernst Wiggert, Königlich Preußischer Geheimer Oberbergrat, und der Elisabeth Schmidt

Verwandte:

  • Harnack, Anna <Tante väterlicherseits>, * Dorpat (Estland) 1849
  • Harnack, Carl Gustav Axel* <Onkel väterlicherseits>, * Dorpat (Estland) 7.5.1851, † Dresden 3.4.1888, Zwillingsbruder von Vater Adolf von Harnack, Mathematiker
  • Harnack, Erich <Onkel väterlicherseits>, * Dorpat (Estland) 10.10.1852, † Halle an der Saale 24.4.1915, Pharmakologe
  • Harnack, Gottfried Rudolf Otto* <Onkel väterlicherseits>, * Erlangen 23.11.1857, † Neckar bei Besigheim 22.3.1914, Literaturwissenschaftler, 2 Söhne
  • Harnack, Clara <Tante väterlicherseits>, geborene Reichau, * Fulda 22.3.1877, † Neckargemünd, 14.1.1962, Künstlerin, 2 Söhne
  • Maydell, Helene Baronesse von <Stiefgroßmutter>, * 1834, † 1923
  • Harnack, Arvid <Cousin väterlicherseits>, * Darmstadt 24.5.1901, † Berlin 22.12.1942, NS-Widerstandskämpfer, als Mitglied der „Roten Kapelle“ in Berlin hingerichtet
  • Harnack, Falk <Cousin väterlicherseits>, * Stuttgart 2.3.1913, † Berlin 3.9.1991, NS-Widerstandskämpfer, überlebendes Mitglied der „Weißen Rose“, nach dem Zweiten Weltkrieg bekannter Regisseur
  • Thiersch, Carl <Großvater mütterlicherseits>, * 1822, † 1895, Chirurgie-Professor und Königlich Sächsischer Geheimer Medizinalrat, Professor an den Universitäten München, Erlangen und Leipzig, Heirat Johanna Freiin von Liebig, mindestens eine Tochter
  • Liebig, Johanna Freiin von <Großmutter mütterlicherseits>, Tochter des berühmten Chemikers Justus von Liebig, Heirat Chirurgie-Professor und Königlich Sächsischer Geheimer Medizinalrat Carl Thiersch, mindestens eins Tochter
  • Zahn-Harnack, Agnes von <Schwester>, geborene Harnack, * Gießen 19.6.1884, † Berlin 22.5.1950, prominente Vertreterin der bürgerlichen Frauenbewegung, Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei, Heirat Karl von Zahn
  • Harnack, Elisabet von <Schwester>, heute Berlin 1.1.1892, † Berlin 24.7.1976, Sozialarbeiterin
  • Harnack, Axel von <Bruder>, heute Berlin 12.9.1895, † Tübingen 17.6.1974, Historiker und Philologe, Privatdozent und Bibliothekar an der Universität Tübingen
  • Harnack, N. N. von <Schwester>, * frühestens 1880
  • Zahn, Karl von <Schwager>, * Leipzig 12.12.1877, † Berlin 20.8.1944, Ministerialbeamter
  • Wiggert, Ernst <Schwiegervater>, Königlich Preußischer Geheimer Oberbergrat, Heirat spätestens 1894 Elisabeth Schmidt, eine Tochter
  • Schmidt, Elisabeth <Schwiegermutter>, Heirat spätestens 1894 Königlich Preußischer Geheimer Oberbergrat Ernst Wiggert, eine Tochter
  • Harnack, Gustav-Adolf* Paul Waldemar von <Sohn>, * Hindenburg (Oberschlesien) 31.1.1917, † Hamburg, 13.7.2010, Kinderheilkundler
  • Harnack, Helmut von <Sohn>, * 15.11.1918, † 21.1.1942 (gefallen), Oberleutnant (10./Pz.Rgt. 21), erhielt am 17.1.1942 das Ritterkreuz
  • Harnack, N. N. von <Tochter>, * 1920er
  • Harnack, N. N. von <Tochter>, * 1920er
  • Harnack, Ilse von <Tochter>, * 31.5.1927, † 19.4.1946
  • Delbrück, Emmi <Cousine>, * 1905, † 1991, Heirat NS-Widerstandskämpfer Klaus Bonhoeffer, 1945 Witwe nach dessen Hinrichtung
Nachweise

Quellen:

Literatur:

Zitierweise
„Harnack, Ernst Wolf Alexander Oskar von“, in: Hessische Biografie <https://www.lagis-hessen.de/pnd/118860216> (Stand: 28.11.2023)