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Hessische Biografie

Hessen-Kassel, Wilhelm V. Landgraf von [ID = 4343]

* 13.2.1602 Kassel, † 21.9.1637 Leer (Ostfriesland), Begräbnisort: Kassel Martinskirche, 23.4.1640, evangelisch-reformiert
Andere Namen | Wirken | Familie | Nachweise | Leben | Zitierweise
Andere Namen

Weitere Namen:

  • Hessen-Kassel, Wilhelm der Beständige Landgraf von
Wirken

Werdegang:

  • 1608 Immatrikulation an der Universität Marburg
  • 1.1.1610 zum Rektor der Universität gewählt
  • 11.9.1612 Koadjutor, Condominus und Mitherr des Stifts Hersfeld
  • 7.8.1617 von König Ludwig von Frankreich zum General aller Truppen, die der König in Deutschland im Sold haben und werben lassen würde, ernannt
  • Regierender Landgraf seit 17.3.1627

Funktion:

  • Marburg, Universität, Rektor, 1610
  • Hessen-Kassel, Landgrafschaft, Landgraf, 1627–1637
Familie

Vater:

Hessen-Kassel, Moritz Landgraf von, * Kassel 25.5.1572, † Eschwege 15.3.1632

Mutter:

Solms-Laubach, Agnes Gräfin von, * Laubach 7.1.1578, † Laubach 23.11.1602

Partner:

Verwandte:

Nachweise

Literatur:

Bildquelle:

Moritz der Gelehrte. Ein Renaissancefürst in Europa, S. 47. – Gemälde eines unbekannten Malers, 1615. – Original: Hessische Hausstiftung, Schloss Fasanerie (Ausschnitt).

Leben

Wilhelm kam als letztes Kind aus der ersten Ehe des Landgrafen Moritz zur Welt. Die Mutter starb bereits neun Monate nach seiner Geburt. Als Taufpaten fungierten der Großonkel Ludwig IV. von Hessen-Marburg sowie die hessische Ritter- und Landschaft. Zunächst genoss Wilhelm eine sorgfältige und umfassende Erziehung am Kasseler Hof. Schon 1608 wurde er, freilich nur formal, zum Studium an der Universität Marburg immatrikuliert und dort 1610 zum Ehren-Rektor gewählt. Zwei Jahre später wurde er Koadjutor, nach dem Tod des Bruders Otto 1617 Administrator des Stifts Hersfeld. In der Zwischenzeit hatte er die Universitäten in Straßburg, Basel und Genf besucht und bei Moritz von Oranien in den Niederlanden das Kriegswesen kennengelernt. Seine früh geschlossene Ehe mit Amalie Elisabeth, der Tochter des Grafen Philipp Ludwig II. von Hanau und der Katharina Belgica – einer Enkelin Wilhelms I. von Oranien – gilt als deutliches Signal für die Positionierung der Landgrafschaft Hessen-Kassel im europäischen Calvinismus. Sie gebar ihm 14 Kinder, von denen allerdings acht totgeboren wurden oder als Kleinkinder verstarben.

Mit dem Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges übernahm Wilhelm schon früh militärische und politische Aufgaben. 1620 befehligte er den hessischen Landsturm; im Oktober verhandelte er mit den oberrheinischen Kreisständen wegen der Aufstellung eines Kreisheeres. Für die Zukunft wichtiger waren seine in Vertretung des Vaters geführten Verhandlungen mit den hessischen Landständen. Als im Herbst 1623 eine Besetzung durch ligistische Truppen drohte und der Landtag die Abdankung der hessischen Truppen forderte, suchte Landgraf Moritz Hilfe an den Höfen der norddeutschen Protestanten und bestellte den 21-jährigen Wilhelm zum Statthalter. In dieser Position führte Wilhelm unter anderem persönliche Verhandlungen mit dem ligistischen Feldherrn Graf von Tilly. Als die Position des Vaters nach der Niederlage des dänischen Königs 1626 unhaltbar wurde, begannen die Verhandlungen zur Regierungsübernahme Wilhelms, die am 17. März 1627 erfolgte. Die verzweifelte Situation der Landgrafschaft, die großenteils von ligistischen und kaiserlichen Truppen besetzt war, der Streit mit Darmstadt und nicht zuletzt der innerfamiliäre Konflikt ließen Wilhelm 1628 sogar an den Kaiserhof reisen, wo er allerdings außer der Bestätigung der Primogenitur nichts erreichte. 1629 wurde sogar das Stift Hersfeld besetzt und dem Habsburger Erzherzog Leopold Wilhelm unterstellt. Das Bündnis von Werben im August 1631 dokumentierte den endgültigen Anschluss Wilhelms an Gustav Adolf von Schweden. Er konnte nun in die Offensive gehen, eroberte nicht nur Hersfeld und Fritzlar, sondern operierte auch erfolgreich in Westfalen. Mit dem Tod des Schwedenkönigs 1632 und der verheerenden Niederlage der Schweden bei Nördlingen 1634 wendete sich das Kriegsglück erneut. Dem 1635 geschlossenen Prager Frieden des Kaisers mit der Mehrzahl der deutschen Fürsten, der Wilhelm ausschloss, folgten kurzfristig Verhandlungen über eine Unterwerfung unter den Kaiser. Die Kooperation mit Frankreich und der erfolgreiche Entsatz der Festung Hanau verschafften Wilhelm zwar militärisch neues Ansehen, doch auf dem Regensburger Kurfürstentag im Sommer 1636 folgte die offizielle Erklärung zum Reichsfeind. Das nachfolgende Bündnis mit Frankreich führte zum Gegenschlag des Kaisers mit dem berüchtigten „Kroatenjahr“ 1637. Wilhelm musste mit seinen Truppen immer weiter nach Norden ausweichen, erst nach Westfalen, dann in das Niederstift Münster und schließlich nach Ostfriesland, wo er im Feldlager in Leer völlig erschöpft und ausgebrannt verstarb. Aufgrund der Kriegsereignisse bestattete man ihn zunächst im rund 60 Kilometer entfernten Groningen. Erst drei Jahre später konnte sein Leichnam nach Hessen überführt und in der Martinskirche in Kassel beigesetzt werden. Für den erst achtjährigen Thronfolger Wilhelm VI. übernahm die Landgräfin-Witwe Amalie Elisabeth die Regentschaft.

Holger Th. Gräf

(Text identisch mit: Franz, Das Haus Hessen, S. 91 f.)

Zitierweise
„Hessen-Kassel, Wilhelm V. Landgraf von“, in: Hessische Biografie <https://www.lagis-hessen.de/pnd/118807331> (Stand: 25.3.2024)