Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessische Biografie

Trabert, Johann Adam [ID = 4051]

* 27.1.1822 Fulda, † 8.2.1914 Oberdöbling bei Wien, Begräbnisort: Wien Zentralfriedhof, katholisch
Verleger, Politiker, Abgeordneter, Beamter, Schriftsteller
Andere Namen | Wirken | Familie | Nachweise | Leben | Zitierweise
Wirken

Werdegang:

  • Gymnasium Fulda, Schüler von Franz Dingelstedt
  • 1843 Maturitätsexamen
  • zwei Jahre Besuch des bischöflichen Seminars in Fulda
  • Studium der Rechte in Marburg
  • 1847 Mitglied, dann Sprecher der Burschenschaft Alemannia in Marburg
  • 1848-1849 Sprecher des Marburger Volksrats, „politischer Agitator und demokratischer Literat“ (Losch, S. 382)
  • 1849 Advokat in Frankenberg und in Fulda mit Friedrich Hornfeck Begründer der Wochenschrift „Wacht auf!“
  • demokratisch-republikanischer Politiker
  • 1852-1855 vom Kriegsgericht wegen „Majestätsverbrechen“ zu 3 ½ Jahren Spangenberg verurteilt
  • Mitarbeiter bei der Zeitschrift „Arbeitgeber“ des Max Wirth
  • 1856-1858 Mitarbeiter von Theodor von Cramer-Klett GND in Nürnberg für ein in Aussicht gestelltes Österreichisches Generalkonsulat
  • Redakteur des demokratischen „Rheinischen Kuriers“ in Wiesbaden und Frankfurt am Main
  • nach Wiederherstellung der Verfassung, Rückkehr nach Hessen
  • 1862, 1863 Mitglied der Kurhessischen Ständeversammlung (20. und 21. Landtag) für Hanau (bedeutender Redner, Führer der Großdeutschen Demokraten und damit Gegner der Regierung und der kleindeutschen Gothaischen Kammermajorität)
  • stimmte am 15. Juni 1866 mit der äußersten Rechten gegen den Antrag von Bischoffshausen
  • 8.10.1866, am Tag der Verkündigung der Annexion Kurhessens durch Preußen, traf Trabert auf dem Totenhof von Aschaffenburg an den Gräbern der gefallenen kurhessischen Husaren auf den von ihm bekämpften Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Hessen-Kassel und wurde einer seiner treuesten Anhänger
  • Februar 1867, 11.3.1867 (Ersatzwahl), August 1867 und 24.9.1867 (Ersatzwahl) erfolglose Kandidatur für den Deutschen Reichstag im Wahlkreis Kassel 2: Kassel-Stadt, Kassel-Land, Melsungen (Volkspartei)
  • Februar 1867 erfolglose Kandidatur für den Reichstag des Norddeutschen Bundes für den Wahlkreis Kassel 7: Fulda, Schlüchtern, Gersfeld (Volkspartei)
  • Februar und August 1867 erfolglose Kandidaturen für den Reichstag des Norddeutschen Bundes für den Wahlkreis Kassel 8: Hanau-Stadt, Hanau-Land, Gelnhausen, Frankfurt-Land (Volkspartei)
  • August 1867 erfolglose Kandidatur für den Reichstag des Norddeutschen Bundes für den Wahlkreis Kassel 6: Hersfeld, Hünfeld, Rotenburg (Volkspartei)
  • 1868 anonyme Veröffentlichung der Schrift „Die Totengräber des kurhessischen Landrechts“, in der er „Steckbriefe“ der Mitglieder der Gothaischen Kammermajorität entwarf
  • 1868-1870 mit L. Mohr Gründung und Herausgabe der großdeutsch-demokratischen „Hessischen Volkszeitung“
  • 1868 Mitbegründer der Deutschen Volkspartei in Darmstadt
  • 1868 als verdächtigter Verfasser des „Aufrufs an die Kurhessen“ verhaftet
  • nach Freilassung Emigration nach Österreich
  • mit Julius Frese Herausgaber des förderalistischen „Österreichischen Journals“
  • Beamter in der General-Direktion der Kaiser Franz-Josephs-Bahn
  • 1889 Ruhestand als General-Direktionssekretär 1. Klasse
  • Redner in der Christlich-sozialen Partei in Österreich
  • 1893 Konversion zur katholischen Kirche
  • Ehrenmitglied des Verbandes der katholischen Schriftsteller und Schriftstellerinnen Österreichs
  • Ehrenbürger der Stadt Wien

Funktion:

  • Kurhessen, 20. Landtag, Mitglied, 1862-1863
  • Kurhessen, 21. Landtag, Mitglied, 1863-1866

Werke:

  • Schwertlieder eines Friedsamen, (Band 1 der Deutschen Gedichte aus Österreich), 1888.
  • Ein Menschenleben, (Band 2 der Deutschen Gedichte aus Österreich).
  • Trösteinsamkeit, (Band 3 der Deutschen Gedichte aus Österreich).
  • Elisabeth, Landgräfin von Thüringen, Drama, 1892.
  • Julian der Abtrünnige, Drama, 1899.
  • Historisch-literarische Erinnerungen (1912)
Familie

Vater:

Trabert, Franz, Messerschmied in Fulda, im „Gasthaus zum Wolf“, Sohn eines Gärtners in Diensten des Fürstabts von Fulda

Mutter:

Hohmann, Maria Eva, Tochter des Johannes Hohmann, aus Kranlucken, Grundbesitzer und Gastwirt „Zum Wolf“ in Fulda, betrieb auch ein Schneidergeschäft

Partner:

  • Haumann, Elise Lisette, (⚭ Frankenberg 10.9.1859) aus Kassel, † 1887, Schwägerin von Johannes Hohmann in Frankenberg, Tochter des Jakob Rudolf Haumann, Kurhessischer Husarenoffizier, und der Wilhelmine Schwedler
  • Wirnitzer, Amélie, (⚭ 1894), Trauzeugen waren der spätere Bürgermeister von Wien Dr. Karl Lueger und der Domherr Graf zur Lippe

Verwandte:

  • Trabert, Wilhelm <Sohn>, * Frankenberg 17.9.1863, † Wien 23.2.1921, Professor für Meterologie an der Universität Wien, Direktor der Zentralanstalt für Metereologie
Nachweise

Quellen:

Literatur:

Bildquelle:

Album mit Porträts von Mitgliedern der 20. kurhessischen Ständeversammlung 27. (30.) Oktober 1862–31. Oktober 1863, in: HStAM Bestand Slg 7 Nr. f 20/12 (beschnitten)

Leben

Johann Adam Trabert wurde am 27. Januar 1822 in Fulda als Sohn des Franz Trabert und der Maria Eva Hohmann geboren. Sein Vater war Messerschmied. Er hatte in das „Gasthaus Zum Wolf“ in Fulda eingeheiratet. Johannes Hohmann, der Großvater war als Gastwirt und Schneider vermögend geworden, doch zerrann das Vermögend er Familie durch unglückliche Umstände. Adam Trabert war auf dem Gymnasium in Fulda Schüler des Dramatikers, Satyrikers und Schriftstellers Franz Dingelstedt. Nach dem Maturitätsexamen 1843 besuchte er zwei Jahre das bischöfliche Seminar in Fulda. Doch zog er, von Dingelstedt kirchenkritisch beeinflusst, ein Studium der Jurisprudenz in Marburg dem Weg ins Priesteramt vor.

Hier radikalisierte er sich rasch als Mitglied der Turner und der Burschenschaft Alemannia, deren Sprecher er wurde. 1848 hielt er auf dem Turnertag eine flammende Rede und in den Jahren 1848 / 1849 war Adam Trabert Sprecher des Marburger Volksrats und politischer Agitator und demokratischer Literat.1 Zwar bestand Trabert in Kassel seine juristischen Prüfungen, aber „aus politischen Gründen“ wurde er zum Staatsdienst nicht zugelassen. Daher wandte er sich 1849 erstmals nach Frankenberg, wo er 1850 als Advokat tätig wurde. Trabert schildert Frankenberg in seinen Erinnerungen als „demokratisch gesinnten“ Kreis. Zudem wohnte schon damals seine Braut in Frankenberg bei ihrer Schwester, der Frau von Traberts Patenonkel Johannes Hohmann. Auch hier stand die politische Agitation weiterhin im Mittelpunkt seines Denkens und Handelns und er gründete mit seinem Schulfreund Friedrich Hornfeck in Fulda die opositionelle, politisch-satirische Wochenschrift „Wacht auf!“. Seine scharfen Artikel bekämpften das reaktionäre Ministerium Hassenpflugs und plädierten für die Verfassung von 1831.

Mit der Bundesexekution kam das permanente Kriegsrecht nach Hessen. Schon 1852 wurde Trabert im Kasseler Stadtgefängnis inhaftiert, vor dem Kasseler Kriegsgericht angeklagt. Die Hauptanklagepunkte waren wiederholte Majestätsbeleidung des Kurfürsten und Verunglimpfung des kurhessischen Offizierskorps als „Stützen der Tyrannei“. Hornfeck und Trabert wurden zu drei Jahren Zuchthaus auf der Festung Spangenberg verurteilt. Trabert bezog die Zelle 5, Johannes Hohmann erreichte eine bessere Versorgung und gutes Bettzeug. Die Jahre waren durch die verständnisvollen Kastellkommandanten Willius und Arrestaufseher Peter Kuhnau geprägt. Trabert schildert Willius als „sehr anständig und nie streng“, von Häftlingen „Alter Kater“ genannt. Eine herzanrührende „Geheimkorrespondenz“ mit seiner Braut, sogar weinselige Gelage mit Hornfeck, die durch poetische Wettbewerbe gewürzt wurden, waren möglich. Trabert führt ausführlich Tagebuch und berichtet humorvoll in seinen Lebenserinnerungen von dieser Zeit.2

Nach der pünktlichen Entlassung als (letzter) Gefangener 1855 wanderte Trabert wieder nach Frankenberg, wo seine Braut, Elise Lisette Haumann aus Kassel, auf ihn gewartet hatte. Bei dem Onkel Johannes Hohmann, der in Frankenberg kurhessischer Steuerinspektor war, konnte am 10. September 1859 endlich geheiratet werden. Trabert hatte zwischenzeitlich eine Anstellung als Privatsekretär des Nürnberger Industriellen Theodor von Cramer-Klett vermittelt bekommen. Diesem war ein kaiserlich Österreichisches Generalkonsulat in Aussicht gestellt worden, wofür Trabert das Büro übernahm. Allerdings zerschlugen sich die Konsulatspläne. Trabert wurde Redakteur des demokratischen „Rheinischen Kuriert“ in Wiesbaden und Frankfurt und kehrte nach der Wiederherstellung der Verfassung nach Kassel zurück.

In den Jahren 1862 bis 1866 war Trabert für den Wahlkreis Hanau Mitglied der kurhessischen Stände. Er war im Parlament ein bedeutender Redner, Führer der Demokraten und auch der Großdeutschen Demokraten und damit ein entschiedener Gegner der kleindeutschen Gothaischen Kammermajorität. Am 15. Juni 1866 stimmte Trabert gemeinsam mit der äußersten Rechten gegen den Antrag Edwin Henry von Bischoffshausens, der zum Einmarsch Preußens führte.

Am 8. Oktober 1866, dem Tag der Annexion Kurhessens durch Preußen, pilgerte Trabert auf den Totenhof von Aschaffenburg, wo die im Krieg 1866 gefallenen kurhessischen Husaren begraben lagen. Und hier traf er als bis dahin entschiedener Demokrat auf den von ihm bisher bekämpften Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Hessen-Kassel und wurde einer seiner treuesten Anhänger. Nach der Aussprache soll der Kurfürst gesagt haben: „Trabert! Hätten wir uns doch früher gekannt! Es wäre vieles anders gekommen.“3

Ebenfalls in das Jahr 1868 fällt eine erneute Zeitungsgründung. Gegen die Preußen-freundliche „Hessische Morgenzeitung“ sollte die Kurhessen verteidigende „Hessische Volkszeitung“ für die großdeutsche Lösung Stimmung machen. Ihr Finanzier war der Kasseler Kaufmann Jakob Plaut. Ludwig Mohr übernahm die Redaktion des Feuilletons und Adam Trabert diejenige des politischen Teils. Allerdings konnte die Zeitung nur bis 1870 erscheinen. Schon 1868 wurde Trabert als verdächtiger Verfasser eines Flugblatts, „Aufrufs an die Kurhessen“, verhaftet. Doch konnte man ihm nichts nachweisen. Noch einmal freigelassen, emigrierte er sogleich – wie sein früherer Landesherr, der Kurfürst – nach Österreich.

Zwar wurde er in Gegnerschaft zum Liberalismus auch in Österreich Mitherausgeber des „Österreichischen Journals“ und blieb Wiener Korrespondent der „Hessischen Blätter“ seines jüngeren Freundes Wilhelm Hopf in Melsungen, allerdings wandte sich Trabert nun einem bürgerlichen Brotberuf zu. Er wurde Beamter der noch privaten Kaiser-Franz-Josephs-Bahn. 1889 wurde er als General-Direktionssekretär 1. Klasse pensioniert, als die Bahn verstaatlicht wurden.

Nun engagierte sich Trabert als Redner in der Christlich-sozialen Partei in Österreich. Eine Hinwendung zur römisch-katholischen Kirche 1893 vollendete seine innere Wandlung, Trabert wurde sogar von Papst Leo XIII. in einer Privataudienz empfangen.

Im Alter schrieb Trabert weiter Gedichte, Dramen und seine Erinnerungen. Er wurde Ehrenmitglied des Verbandes der katholischen Schriftsteller und Schriftstellerinnen Österreichs und Ehrenbürger der Stadt Wien. „Aus dem früheren politischen Heißsporn und Religionsverächter wird in der Habsburger Monarchie ein altersmilder, frommer, fröhlicher Christ, der als Hochbetagter gern Gnadenorte und Gnadenkirchen aufsucht. Welch wundersame Wandlung im wechselvollen Spiel des Lebens.“4

Nach dem Tod seiner Frau Elise Lisette heiratete Trabert 1894 in zweiter Ehe Amélie Wirnitzer. Trauzeugen waren der spätere Bürgermeister von Wien, Dr. Karl Lueger, und der Wiener Domherr Arnold Graf zur Lippe-Weißenfeld.

Über 92 Jahre alt, starb Adam Trabert als letztes überlebendes Mitglied der ehemaligen kurhessischen Landstände und erhielt ein Ehrengrab auf dem Zentralfriedhof in Wien.5 Traberts Sohn Wilhelm wurde ein bedeutender Meteorologe, der an den Universitäten Innsbruck und Wien lehrte und Direktor der Zentralanstalt für Meteorologe in Wien war.

1851 veröffentlichte Trabert zunächst zwei Verteidigungsreden aus seinem Prozess, der gegen ihn und Hornfeck vor dem Geschworenengericht Fulda als Redakteure der Zeitschrift „Wacht auf!“. Gedichte von Trabert erschienen in drei Bänden „Deutsche Gedichte aus Österreich“ unter anderem unter dem Titel „Schwertlieder eines Friedsamen“ 1888. 1892 verfasste er das Drama „Elisabeth, Landgräfin von Thüringen“. 1899 folgte das Drama „Julian der Abtrünnige“.

Nur wenige Teile seines Nachlasses sind an die Stadtbibliothek in Wien gekommen.

Adam Trabert hatte sich, aus bürgerlichem Milieu in Fulda stammend, erst zum radikalen Demokraten, dann zum Abgeordneten, dann zum Beamten und Dichter der kurhessischen Seele gewandelt. In mehreren Besuchen in der alten Heimat, in Kassel und Frankenberg, suchte er seine „Vaterlandsliebe“ zu pflegen und Anerkennung unter den „Getreuen“ zu finden. So reiste er 1902 noch einmal nach Kassel und hielt eine Rede zum 100. Geburtstag des Kurfürsten. Unter diesen Getreuen wurde sein Andenken auch gepflegt und er bisweilen als Nestor der hessischen Demokratie bezeichnet.6

Lupold von Lehsten


  1. Philipp Losch, S. 382
  2. Historisch-literarische Erinnerungen, München/Kempten 1912.
  3. In der 1868 anonym erschienenen Veröffentlichung „Die Totengräber des kurhessischen Landrechts“ entwarf er „Steckbriefe“ der Drahtzieher im kurhessischen Parlament für den Anschluß an Preußen. Philipp Losch hat diese Charakteristiken ausführlich in seiner Zusammenstellung aller kurhessischen Abgeordneten zitiert, vgl. Philipp Losch, Die Abgeordneten der Kurhessischen Ständeversammlungen von 1830 bis 1866, 1909.
  4. Karl-Heinz Hartmann, Frankenberg – ein lockender Frühlingsgarten. Der Dichter, Advokat und Journalist Adam Trabert mocht die Illerstadt. In: Frankenberger Heimatkalender 36. Jg., 2018, S. 106.
  5. Gruppe 0, Reihe 1, Nummer 70.
  6. So in einem am 5. Februar 1972 erschienen Artikel der Nummer 30 der Kasseler Stadtausgabe der HNA zu seinem 150. Geburtstag
Zitierweise
„Trabert, Johann Adam“, in: Hessische Biografie <https://www.lagis-hessen.de/pnd/117421480> (Stand: 28.11.2023)