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Hessische Biografie

Portrait

Joseph Ignaz Philipp Landgraf von Hessen-Darmstadt
(1699–1768)

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Hessen-Darmstadt, Joseph Ignaz Philipp Landgraf von [ID = 16225]

* 13.1.1699 Brüssel, † 20.8.1768 Augsburg, Begräbnisort: Augsburg Dom, katholisch
Fürstbischof
Andere Namen | Wirken | Familie | Nachweise | Leben | Zitierweise
Andere Namen

Weitere Namen:

  • Augsburg, Joseph Ignaz Philipp Fürstbischof von
Wirken

Werdegang:

  • ab 1728 Kanonikus in Lüttich
  • ab 1734 Propst und kurz darauf Abt zu Földwar in Ungarn
  • 1739 Wahl zum Dompropst in Augsburg
  • 1740 Wahl zum Bischof in Augsburg
Familie

Vater:

Hessen-Darmstadt, Philipp Landgraf von, * Darmstadt 20.7.1671, † Wien 11.8.1736

Mutter:

Croy und Havré, Maria Theresia von, * 3.11.1673, † Bologna 8.5.1714, Tochter des Ferdinand François Joseph Herzog von Croy und Havré, 1644–1694, und der Marie Josephe Barbe von Halewyn, Gräfin de Hames, † 1713

Verwandte:

Nachweise

Literatur:

Bildquelle:

Bischof Joseph von Augsburg, Stich David Lüders/Goetz & Klauber, Archiv der Hessischen Hausstiftung H 1225 (beschnitten), in: Franz, Das Haus Hessen, Darmstadt 2012, S. 309

Leben

Im katholischen Glauben des mit der Eheschließung konvertierten Vaters erzogen, war Joseph zunächst ebenfalls für den väterlichen Militärdienst vorgesehen. Ein Unfall – Bruch beider Beine – und eine insgesamt labile Konstitution ließen ihn die geistliche Laufbahn einschlagen. Gemäß dem in Loreto abgelegten Gelöbnis erhielt er im Juni 1728 in Mantua die Tonsur und im November als bischöflicher Vikar die niederen Weihen. Mit der Priesterweihe am 23. März 1729 begann die Karriere in der Reichskirche. Schon ab August 1728 Kanonikus in Lüttich, erhielt er kurz darauf eine Expektanz auf den katholischen Teil des Osnabrücker Bischofstuhls. 1729 folgten Kanonikate in den Domstiften Augsburg, Köln und Konstanz. 1734 wurde er Propst und wenig später Abt zu Földvar in Ungarn – ein Amt, das er nur deshalb erlangen konnte, weil sein Vater 1710 aufgrund seiner kriegerischen Erfolge gegen die Türken für sich und seine Nachkommen das ungarische Indigenat erwirkt hatte.

Auf die Wahl zum Dompropst in Augsburg am 6. Juli 1739 folgte schon am 8. August des Folgejahrs mit Unterstützung des kaiserlichen Wahlkommissars Graf Rudolf Colloredo die Wahl zum Bischof, gegen den favorisierten Johann Theodor von Bayern, der bereits Bischof von Freising und Regensburg war. Papst Benedikt XIV. bestätigte die Wahl im Februar 1741. Der in Darmstadt regierende Vetter Landgraf Ludwig VIII. gratulierte überschwänglich, da die Wahl erheblich zum Lustre des Hauses beitrage. Joseph hielt auch in der Zeit seines Episkopats enge Verbindung zu den hessischen Verwandten; einen sehr persönlichen Briefwechsel pflegte er mit der Tante Sophia Louise von Oettingen und dem ebenfalls konvertierten Landgraf Heinrich in Butzbach. Beide waren für Joseph Vertrauenspersonen, die ihn detailliert über die Verhältnisse am Darmstädter Hof informierten.

Joseph, der als sehr fromm galt, hat sich vor allem durch eine Reform des geistlichen Lebens in seinem Bistum wie auch des Hofes (mit seinen drei Residenzen Augsburg, Dillingen und Marktoberdorf) große Verdienste erworben. In einer bereits im Juli 1741 angeordneten Visitation wurden Geistlichkeit und Beamtenschaft des Landes zu vorbildhafter Lebensweise angewiesen. 1749 veranlasste er die Augsburger Pfarrer und Priester, Nachweise über die Anzahl der abgenommenen Beichten, der gelesenen Messen und über ihr sittliches Verhalten zu erbringen. Ein 1764 erlassener Hirtenbrief, der bis 1870 gelten sollte, mahnte in einem „Zwölf-Punkte-Programm“ zu Verbesserung der Kirchenzucht und Reform der Predigtpraxis, des Religionsunterrichts sowie des Tauf- und Sterbe-Matrikelwesens. Besonders die Reform der Priesterausbildung nach den Vorgaben des Konzils von Trient lag Joseph am Herzen. In einer Auseinandersetzung mit den Jesuiten des Priesterseminars in Pfaffenhausen kritisierte er 1745 ihr starres Festhalten an der aristotelischen Lehre und empfahl stattdessen das Vorbild des Naturrechts-Philosophen Christian Wolff. Bemerkenswert erscheint, dass Joseph insgesamt keinerlei gegenreformatorischen Eifer zeigte, ein gutes Verhältnis auch zum protestantischen Reichsadel ebenso wie zur bikonfessionellen Reichsstadt Augsburg pflegte und auch sonst aufklärerischem Gedankengut gegenüber aufgeschlossen erschien.

In seinem Bistum offenbar sehr beliebt, legte Joseph großen Wert auf angemessene Repräsentation. Die Augsburger Residenz ließ er 1745/54 durch Hofbaumeister Franz Xaver Kleinhans grundlegend umgestalten; auch in den anderen beiden Residenzstädten entwickelte er eine rege Bautätigkeit, um dem Repräsentations-Bedürfnis der Zeit zu entsprechen. Seine Gelehrsamkeit dokumentierten eine sehr ansehnliche Bibliothek, die auch Werke „ketzerischer“ Schriftsteller umfasste, ebenso wie der Schriftwechsel mit italienischen Gelehrten. Berühmt wurde auch seine Hofkapelle, die zunächst der böhmische Musiker Johann Michael Schmidt, ab 1756 dann der aus Brescia stammende Pietro Pompeo Sales leitete, der zugleich den italienischen Konzertstil einführte. Auch Wolfgang Amadeus Mozart machte mit seinem Vater Leopold 1766 am Hofe Josephs in Dillingen Station.

Als Reichsfürst stand Joseph treu zu Kaiser Franz I. Eng mit dem Mainzer Kurfürsten Johann Friedrich Karl von Ostein verbunden, wehrte er alle Annäherungsversuche König Friedrichs II. von Preußen ab, unterhielt aber intensive Kontakte zu König Georg II. von England. Als Kreisdirektor des Schwäbischen Reichskreises musste er sich allerdings 1751 Untätigkeit vorwerfen lassen. Auch gelang es Joseph trotz offensichtlicher Erfolge bei der Sanierung des hochstiftischen Staatshaushalts nicht, seine Beamtenschaft zu disziplinieren, so dass Hofrat, Hofkammer und Regierung in großer Selbständigkeit nach alten Prinzipien weiter agieren konnten. Dies beruhte auch darauf, dass er häufig abwesend war und sich wegen seiner Kränklichkeit mehrfach längeren Kuraufenthalten in den Heilbädern Aachen, Karlsbad, Plombières und Spa unterziehen musste. Auf der Rückreise von einer Kur in Plombiéres verstarb der fast siebzigjährige Fürstbischof schließlich an den Folgen eines Schlaganfalls. Im Augsburger Dom wurde er beigesetzt.

J. Friedrich Battenberg

(Text identisch mit: Franz, Das Haus Hessen, S. 308-310)

Zitierweise
„Hessen-Darmstadt, Joseph Ignaz Philipp Landgraf von“, in: Hessische Biografie <https://www.lagis-hessen.de/pnd/100364853> (Stand: 25.3.2024)