Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Monasteries and Religious Orders

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5424 Fulda
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Location Code
63100901047

Benediktinerkloster Fulda

260 m über NN
Gemarkung Fulda, Gemeinde Fulda, Landkreis Fulda
Basic Data | History | Property | Ausstattung | References | Citation | Indices
Basic Data

Abstract:

Die Benediktinerabtei Fulda wird 744 von Bonifatius an einer Kreuzung wichtiger Fernstraßen gegründet und entwickelt sich schnell zu einem Bildungs- und politischen Zentrum. In der Klosterschreibstube entstehen kostbare Handschriften und Cartulare, denen viele Orte ihre Ersterwähnung verdanken. Der Kampf um die Selbständigkeit der Reichsabtei und die Ausbildung einer territorialen Herrschaft, die Inanspruchnahme für den Reichsdienst, Konflikte mit den Erzbischöfen von Mainz, den Landgrafen von Hessen und den Bürgern der Stadt Fulda bilden Konstanten in der Geschichte der Abtei. In der Innenpolitik des Klosters geht es um wirtschaftliche Stabilität, die Abgrenzung der Rechte zwischen Abt und Konvent und die Frage der Lebensführung.

Sei 1867 versammeln sich jährlich die katholischen Bischöfe Deutschlands am Grab des „Apostels der Deutschen“ zur Beratung.

Orden:

Benediktiner

Alte Diözesanzugehörigkeit:

Kirchenprovinz Mainz, Bistum Würzburg; exemte Abtei

Heutige Diözesanzugehörigkeit:

seit 1752: Bistum Fulda, Dekanat Fulda, Fulda, Dom-Pfarramt Christus der Erlöser

Type:

Männerkloster

Territorium:

  • 8. Jahrhundert: Reichsabtei Fulda
  • 12. Jahrhundert: Reichsfürstentum, später Fürstabtei Fulda
  • vgl. Fulda

Historical Names:

Location:

Das Kloster liegt nahe der schiffbaren Fulda an der alten Fernstraße Antsanvia, die das Rhein-Main-Gebiet mit Thüringen und Sachsen verbindet, außerdem am Ortesweg, der von der Wetterau ins Grabfeld in der Rhön verläuft.

Coordinates:

Gauß-Krüger: 3547739, 5602262
UTM: 32 U 547646 5600461
WGS84: 50.554132° N, 9.672583° O

History

History:

Fulda wird von Bonifatius im Rahmen seines Christianisierungsprogramms 744 als Reform- und Musterkloster gegründet. Ausgestattet mit umfangreichem Grundbesitz durch den karolingischen Hausmeier Karlmann in dem Eiloha genannten Ort, in der als Buchonia bezeichneten Umgebung, baut Sturmin/ Sturmius, ein Schüler von Bonifatius, das Kloster auf. Es liegt verkehrsgünstig an der Kreuzung wichtiger Fernstraßen nahe der schiffbaren Fulda. Bereits 751 erhält es durch Papst Zacharias das Privileg der Unabhängigkeit und die ausschließliche Unterstellung unter Rom (Exemtion) garantiert. Bonifatius wird nach seinem Märtyrertod in Fulda bestattet. Das Grab des sog. Apostels des Deutschen entwickelt sich zu einem bedeutsamen Pilgerort für ganz Deutschland. Pippin und Karl der Große bestätigen die Rechte der freien Abtswahl aus den Reihen des eigenen Konventes, die Immunität und die ausschließliche Zuordnung des Gerichtsstandes zum Königshof; mit umfangreichen Stiftungen wird die besondere Entwicklung zur Reichs- und Fürstabtei begründet. Seit dem 10. Jahrhundert werden alle Privilegien, zu denen auch das Recht, den Zehnten einzunehmen, das Markt-, Münz- und Zollrecht und der Anspruch auf Königsschutz gehören, durch die deutschen Könige in einer Gesamturkunde jeweils bestätigt.

Mit Ende des 8. Jahrhunderts beginnt auch die eigene Klostergeschichtsschreibung. Unter Abt Rabanus Maurus und seinen Nachfolgern erlebt das Kloster eine besondere kulturelle Blütezeit. Die Klosterschule entwickelt sich zum Bildungszentrum des östlichen Frankenreiches und bleibt im gesamten Mittelalter eine der wichtigsten Bildungseinrichtungen in Hessen: hier werden wichtige althochdeutsche Schriften wie das Hildebrandslied oder die Merseburger Zaubersprüche niedergeschrieben, kostbare Urkunden und Codices, Lehrwerke und Handbücher zum christlichen Glauben verfasst. Der wirtschaftlichen Aufschwung wird durch die Buchproduktion, Edelmetallverarbeitung, den Salzhandel und der Bedeutung Fuldas als Bildungs- und Wallfahrtsort verstärkt. Die Aufwertung der Fuldaer Äbte zeigt sich im Recht seit 969 als Primas der Benediktineräbte in Germanien und Gallien zu residieren, weiter erhält der Abt 999 das Recht der Sandalen und Dalmatica, 1133 Ring und Mitra, damit die Bischofsinsignien zu tragen und wird als Erzabt bezeichnet.

Aufgrund der starken Bindung an das Königtum wird das Kloster Teil der großen politischen Ereignisse und Konflikte des Mittelalters. Unter Karl dem Großen spielt es eine Rolle in den Sachsenkriegen, im ottonischen Reichskirchensystem sind die Äbte sichere Stützen der Deutschen Kaiser und begleiten diese auf ihren Romzügen, der Investiturstreit, der Kampf der Staufer gegen die Welfen, das Abendländische Schisma, die Kriege Ludwigs des Bayern beeinträchtigen die wirtschaftliche Lage. Königsdienst ist teuer, nicht nur die Verpflichtung Truppen zu stellen, den König zu beherbergen und Hoffahrt zu leisten, verursachen hohe Kosten. Für die Zeit vom 8. bis zum 14. Jahrhundert sind 50 Königsaufenthalte in Fulda verbürgt. Im 11.Jahrhundert werden Abts- und Konventsbesitz getrennt. Die Reichsdienste werden aus dem Abtsgut bezahlt, das Konventsgut dient der Versorgung der Mönche. Klosterreformen werden in Fulda immer wieder angeregt, scheitern meist an dem selbstbewussten Konvent aus adligen Stiftsherren. Umstritten bleibt die Bestätigung der Abtswahl zwischen Papst und König. Das Kloster unterhält mehrere Spitäler in der Stadt.

Im 11. Jahrhundert entwickelt sich neben dem Kloster und in Abhängigkeit von ihm eine städtische Kommune. Händler, Pilger, an Bildung interessierte Laien und Kleriker besuchen verstärkt Fulda, müssen versorgt werden und finden Erwerbsmöglichkeiten. Die Äbte fördern die Entwicklung zum internationalen Handelszentrum, geraten als Stadtherren zunehmend in Konflikte mit dem aufstrebenden Bürgertum und dem Ortsadel.

Im 12. Jahrhundert wird der Abt von Fulda in den Reichsfürstenstand erhoben, die inneren Schwierigkeiten im Verhältnis zwischen Abt und dem von Adligen besetzten Konvent verstärken sich. Nach der „Confoederatio cum princibus ecclesiasticis“ Kaiser Friedrichs II. (1220) nehmen auch die Konflikte mit dem regionalen Adel zu. Teure Auseinandersetzungen mit Ministeralen, die Belagerung und Zerstörung von Burgen zur Durchsetzung der Landesherrschaft verschärfen die Situation. Raubrittertum und Lehnskonflikte mit den benachbarten Territorialherren, den Landgrafen von Hessen, dem Bischof von Würzburg und dem Erzbischof von Mainz führen zur Verschuldung. Konvent und Abt trennen sich zunehmend. Der Abt residiert seit Beginn des 14. Jahrhunderts in einer eigenen Abtsburg, räumlich getrennt vom Kloster am Rande der Stadt, ist als Stadtherr präsent. Die Stellen in der Hof-, Stadt- und Landeverwaltung werden verstärkt durch Bürgerliche ausgeübt. Mitglieder des Adels bilden den Konvent, der um seine Unabhängigkeit vom Abt kämpft und seine Stellung durch Wahlkapitulationen absichert, die bis ins 17.Jahrhundert verändert werden und auch die Position der Pröbste der vier zugeordneten Propsteien der Abtei stärken.

1398 brennt die Stiftskirche ab. Die wirtschaftlichen Probleme verschärfen sich durch die Kämpfe mit den Bürgern der Stadt Fulda und dem Krieg zwischen Hessen und Mainz. Kaufleute, Zünfte und städtischer Adel erkämpfen sich Mitsprachrechte bei den Steuern und eine Ratsverfassung. Konsequent verfolgen die Äbte den Ausbau und die Sicherung der Landesherrschaft. Reformansätze zum klösterlichen Leben greifen kaum und setzen sich nicht durch. 1512 wird die Abtei Hersfeld in das Stift Fulda inkorporiert mit Zustimmung des Kaisers.

1525 wird im Bauernkrieg die Abtei geplündert, der Abt flüchtet, kehrt nach der Niederschlagung des Aufstandes durch Landgraf Philipp zurück, bezahlt die Hilfe des Landgrafen teuer. Die Reichsabtei kann sich aber ihre Unabhängigkeit bewahren. 1542 wird eine Kirchen- und Reformordnung durch Abt Philipp erlassen, die das landesherrliche Kirchenregiment sichert und einem humanistischem Reformkatholizismus verpflichtet ist. 1552 werden Stadt und Kloster wiederum geplündert durch ein Heer von Herzog Christoph von Oldenburg, der Kirchenschatz wird zerstört. Ab 1570 beginnt der Wiederaufbau der Abtei, der zu diesem Zeitpunkt nur noch fünf Konventsmitglieder angehören im Sinne der Gegenreformation. Der Jesuitenorden wird nach Fulda geholt und errichtet eine Schule zur Unterstützung der Rekatholisierung. Ziel ist weiter die kirchliche Verselbständigung gegenüber den für das fuldische Gebiet zuständigen Diözesanbischöfen von Würzburg und Mainz.

Fürstabt Johann Bernhard Schenk zu Schweinsberg führt seit 1626 eine Klosterreform durch, die das benediktinische Ideal mit Hilfe St. Gallener Mönche verwirklichen soll. Die Grundlagen dieser Neuordnung mit einer Trennung des Domkapitels (Adlige) und des Konventes bleiben bis zur Säkularisation bestehen. 1630 erfolgt der Anschluss an die Bursfelder Kongregation. 1632 schenkt König Gustav Adolf von Schweden seinem Verbündeten, dem Landgrafen Wilhelm V. von Hessen-Kassel nach der Eroberung durch schwedische Truppen die Abtei. Dieser setzt eine strikte protestantische Orientierung in der Stadt durch, muss 1634 die Stadt aufgeben. Während der hessischen Besatzung werden die Bücher der Reichsabtei (allein 1000 handschriftliche Codizes), des Jesuitenkollegs sowie der Hofbibliothek nach Kassel gebracht, wo sie zum großen Teil zerstört werden. Nach zwei Jahren ziehen die hessischen Soldaten wieder ab.

Der Dreißigjährige Krieg hat verheerende Folgen. Fürstabt Joachim von Gravenegg (1644 - 1671) betreibt konsequent einen wirtschaftlichen Wiederaufbau und Konsolidierung der Religionspolitik. Die Anzahl der Mönche steigt kontinuierlich und das Konventsgebäude wird erweitert. Fulda ist rein katholisch und wird zu einem barocken Zentrum umgestaltet. Im 18. Jahrhundert wird die barocke Stiftskirche gebaut. 1734 wird die Fuldaer Universität gegründet, die Stadt Fulda mit barocken Gebäuden durch die Baumaßnahmen der Fürstäbte ausgeschmückt (Domdechanei, Schloss, Orangerie, Schlossgarten, Päpstliches Seminar, Heilig-Geist-Spital u.a.). 1752 wird die Abtei durch Papst Benedikt XIV zum Bistum erhoben, das benediktinische Kapitel zum Domkapitel ernannt. (siehe Fulda, Domkapitel). Damit ist der Abt Klostervorsteher, Landesherr, Gerichtsherr und Bischof.

Die Grenzen des Bistums entsprechen denen des Klosters. Die Fürstbischöfe setzen klassisch merkantilistische Maßnahmen ein, um die Wirtschaft zu fördern (Aufbau einer Porzellanmanufaktur, Neuordnung des Zunftwesens, Förderung der Tuch- und Wollproduktion); sie regieren ihr Land absolutistisch, orientieren sich an aufklärerischen Ideen. Das Land wird vermessen, eine zentrale Gesundheits- und Sozialfürsorge eingeführt, das Verkehrsnetz wird ausgebaut. Straßen- und Brücken werden angelegt, das Land an die Thurn- und Taxi Reichspost angeschlossen, das Schulsystem verbessert. Repräsentationsgebäude, wie Schloss Fasanerie und Schloss Bieberstein, werden errichtet und erweitert. Das 1000jährige Jubiläum der Reichsabtei wird 1744 prachtvoll gefeiert. Im Siebenjährigen Krieg wird das Gebiet verwüstet.

1803 wird das Kloster aufgehoben und säkularisiert.

Gründungsjahr:

744

Gründer:

Sturmius auf Veranlassung des Bonifatius

Aufhebungsjahr:

1752

Organization:

Im 8. Jahrhundert leben 400, in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts mehr als 600, ab dem 10. Jahrhundert rund 100 Personen im Konvent, was aus den geführten Mönchslisten zu entnehmen ist.

Guardianships:

St. Salvator; Petrus und Paulus; Maria; St. Bonifatius

Archivgeschichte:

Der Stand von 1940 bei Dersch, Klosterbuch, S. 40

Bibliotheksgeschichte:

Stand 2004 bei Aris/Burkhardt/Jäger/Kathrein/Klüßendorf/Pütz/Stasch/Vahl, Artikel Fulda, St. Salvator, S. 341-349

Der Stand von 1940 bei Dersch, Klosterbuch, S. 40-41

Property

Property:

Die Abtei erhält zahlreiche Schenkungen von den Königen und deutschen Kaisern, ebenso wie den Adligen und dem Bürgertum. Seit dem 11. Jahrhundert gehören der Abtei der Wildbann in der Grafschaft Stockstadt und Mark Umstadt.

Im 8. Jahrhundert werden die Schenkungsurkunden abgeschrieben und in acht geographisch geordneten Bändern zusammengestellt. Der große Streubesitz liegt im Elsass, Worms-, Rhein- und Nahegau. Der Grundbesitz erstreckt sich von Friesland bis zu den Alpen, von Elsaß bis nach Thüringen mit Konzentrierung in Thüringen, dem Grabfeld, in Ostfranken und der Wetterau. S. hierzu die Karte aus dem Geschichtlichen Atlas Hessen Nr. 9. Zum Territorium der Fürstabtei im 16. Jahrhundert vgl. Geschichtlichen Atlas Hessen Nr. 18.

Niederlassungen:

Stifte:

Großburschla (später S. Bonifatii in Fulda, siehe Fulda, Kollegiatstift zum hl. Bonifatius), S. Bonifatii in Hameln, Provinz Hannover (bis zum 13. Jahrhundert), Hünfeld, Rasdorf, Salmünster

Männerklöster:

Andreas- (Neuen-)berg (siehe Neuenberg), Banz (Oberfranken, bei Staffelstein), Baugolfsmünster (jetzt [1940] Wolfsmünster, Bezirksamt Gemünden),

Brachau (Klein-Brach bei Kissingen), Holzkirchen (Unterfranken, Bezirksamt Marktheidenfeld), Johannesberg (siehe Johannesberg bei Fulda), Frauen- (Bischofs-)berg (siehe Frauenberg, Kollegiatstift), Mattenzell, Michaelsberg (siehe Fulda, Propstei Michaelsberg), Petersberg (siehe Petersberg bei Fulda), Sala (Saal an der Saale), Solnhofen (Mittelfranken, Bezirksamt Weißenburg), Abterode, Johannisberg (1716 erworben, aber damals kein Kloster mehr) im Rheingau, Sannerz (siehe Salmünster, Kollegiatstift)

Frauenklöster:

Kapellendorf (Thüringen, Landkreis Weimar), Zella unter Fischberg (Fischbach, Thüringen, Landkreis Eisenach), S. Mariae in Fulda (siehe Fulda, Benediktinerinnenabtei), Höchst im Odenwald, Karsbach (Unterfranken, Bezirksamt Gemünden), Milz (Kreis Hildburghausen), Mühlhausen in Thüringen (Brückenkloster S. Magdalenae), Rodenbach (siehe Rodenbach), Rohr (Provinz Sachsen, Kreis Schleusingen), Teutleben (Thüringen, Landkreis Gotha), Thulba (Unterfranken), Wenkheim (Unterfranken siehe UB Fulda 1, S. 67), Blankenau (siehe Blankenau, Zisterzienserinnen), Tauber-Bischofsheim (Baden, Kreis Mosbach), Allendorf (Thüringen, Landkreis Meiningen, bei Salzungen), Zellingen (Unterfranken, Bezirksamt Karlstadt).

Ausstattung

Miscellaneous:

Im 18. Jahrhundert wird durch die Fürstäbte die katholische Universität Fulda begründet. Zum Grab des „Apostels der Deutschen“ im großen Barockdom pilgern durch alle Jahrhunderte die Gläubigen aus ganz Europa. Hier spielt auch die Legende von der Päpstin Johanna, die angeblich im 9. Jahrhundert als verkleidete Frau in Mönchskleidern in Fulda lebte und deren Leben die Vorlage für ein erfolgreiches Musical bietet, das auf dem Domplatz zur Aufführung kommt.

References

Arcinsys Hessen:

Sources:

Printed Sources:

Bibliography:

Germania Sacra-ID:

30121

GND-ID:

4074038-9

Citation
„Benediktinerkloster Fulda, Gemeinde Fulda“, in: Klöster <https://www.lagis-hessen.de/en/subjects/idrec/sn/kl/id/7714> (Stand: 7.3.2024)
Indices

Persons:

Bonifatius

Sturmius

Lullus

Ratger, von Fulda (802-817)

Hrabanus, Maurus

Schenk zu Schweinsberg, Johann Bernhard

Keywords: