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Britische Zeitungen veröffentlichen falsche Berichte über einen nach London geflohenen jüdischen Ideengeber für „Operation Chastise“, 18. Mai 1943

Die britischen Tageszeitungen „Daily Mail“ und „Daily Herald“ veröffentlichen zusammen mit der Berichterstattung über die erfolgreiche Bombardierung der deutschen Möhne-Talsperre und der Edertalsperre in der Nacht vom 16. auf den 17. Mai 1943 eine Schilderung, nach der ein aus Berlin nach London geflüchteter Jude der britischen Luftwaffe die Zerstörung der Talsperren vorgeschlagen habe. Diese Falschmeldung der britischen Presse wird in Deutschland vom Deutschen Nachrichtenbüro (DNB; zentrale Presseagentur des NS-Staats) übernommen, woraufhin sich Tags darauf entsprechende Meldungen in deutschen Blättern finden.1. So berichtet beispielsweise die Waldeckische Landes-Zeitung in ihrer Ausgabe vom 19. Mai 1943 auf der Titelseite unter der Überschrift „Anschlag auf die Talsperren – von Juden inspiriert: Ein jüdischer ‚Spezialist‘ aus Berlin gab die Anregung“:
In der Nacht zum 17. Mai wurden bekanntlich, wie im OKW-Bericht gemeldet, durch britischen Bombenabwurf zwei Talsperren beschädigt, wobei durch den eintretenden Wassersturz schwere Verluste unter der Zivilbevölkerung hervorgerufen wurden. Auf diesen verbrecherischen Terroranschlag fällt ein außerordentlich bezeichnendes Licht durch eine Meldung des britischen Reuterdienstes, dessen früherer Berliner Korrespondent Bettany darüber zu melden weiß: ‚Ein bekannter jüdischer Spezialist aus Berlin, der jetzt in London seine Praxis ausübt, stellte vor einiger zeit an mich die Frage, warum die RAF die Talsperren in Deutschland noch nicht bombardiert habe. Sein Bericht veranlaßte mich, einen Brief an das Luftfahrtministerium zu richten, in dem ich seine Information weitergab. Ich erhielt später eine Antwort, in der man mir für diesen Vorschlag des jüdischen Spezialisten, dessen Name nicht bekanntgegeben werden könne, dankte und mir versicherte, man würde ihn auf das sorgfältigste überprüfen.‘ Diese Meldung läßt keinen Zweifel darüber, daß es sich bei diesem Anschlag auf die Talsperren um ein von Juden inspiriertes Verbrechen handelt. das Schuldkonto des Judentums in diesem von ihm heraufbeschworenen Kriege wächst immer höher an. Wie alle anderen, wird auch dieses neueste jüdische Verbrechen seine gerechte Sühne finden und auf seine Urheber zurückfallen.
(KU)


  1. Dabei wird vereinzelt der Verdacht geäußert, es könne sich bei dem fraglichen Juden deutscher Abstammung um Kurt Katzenstein (1895–1984), ehemaliger Werkpilot der Dietrich-Gobiet Flugzeugwerk AG und Mitbegründer der am 16. November 1925 in Kassel-Bettenhausen ins Leben gerufenen Raab-Katzenstein-Flugzeugwerke GmbH handeln, vgl. Roland Gööck, Als die Sperrmauer brach... Ein Bericht über die Zerstörung der Edertalsperre am 17.5.1943 und den Wiederaufbau im Edertal, Korbach [u.a.] 1974 [Sonderdr. aus d. Waldeckischen Landeszeitung], S. 20-22, S. 20-22. Nach einer Notiz des SPIEGELS wird Kurt Katzenstein 1948 „zum Chefpiloten der in Haifa neugegründeten zivilen Luftfahrtgesellschaft [= El Al, KU] ernannt. Während des Ersten Weltkrieges war Katzenstein Pilot in der Richthofenstaffel, Hermann Göring war sein Flugschüler. Später wanderte Katzenstein nach Palästina aus und diente im Zweiten Weltkrieg als Versuchsflieger in Südafrika.“ DER SPIEGEL 37/1948, 11.9.1948, S. 18: Personalien: Kurt Katzenstein (Stand: 18.5.2017).
Records
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„Britische Zeitungen veröffentlichen falsche Berichte über einen nach London geflohenen jüdischen Ideengeber für „Operation Chastise“, 18. Mai 1943“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/en/subjects/idrec/sn/edb/id/4588> (Stand: 18.5.2023)
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