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Contemporary History in Hessen - Data · Facts · Backgrounds

Schwere Zerstörungen in den Darmstädter Bibliotheken durch Luftangriff der Royal Air Force, 11.-12. September 1944

Große Bestandsverluste im ausgebrannten Residenzschloss

Bei dem bislang größten Luftangriff auf Darmstadt1 verbrennt mehr als die Hälfte des Bücherbestandes der seit Ende des 16. Jahrhunderts (anfangs als reine Hofbibliothek) aufgebauten Hessischen Landesbibliothek. Schätzungsweise 400.000 der insgesamt 720.000 Bände werden vernichtet.2 Das Darmstädter Residenzschloss, das die Landesbibliothek im Westflügel und einem Teil des Hauptbaus beherbergt, brennt fast vollständig aus. Allein die Unterkellerung der die Bibliothek aufnehmenden Gebäudetrakte bleibt vom Feuer unberührt. Gleichfalls übersteht die Überdachung an diesen Teilen des Residenzschlosses (ausgebrannt) die als „Brandnacht“ in die Annalen der Stadt eingehende Bombardierung. Im Anschluss an die Zerstörung wird eine Ausweichdienststelle der Landesbibliothek in Reichelsheim im Odenwald eingerichtet. Mit dem eigentlichen Wiederaufbau der Bestände ist man allerdings bis 1946 bei künstlichem Licht in einem großen Kellerraum der Bibliothek befasst. Ab Ende 1946 werden im Erdgeschoss der rechten Hälfte des Westflügels des Schlosses drei Arbeitsräume hergerichtet, im Hauptteil des Baus entsteht ein modernes Magazin für etwa 40.000 Bände.

Auch die Bibliothek der Technischen Hochschule wird schwer getroffen

Die 1872 gegründete Bibliothek der Technischen Hochschule erleidet ein ähnliches Schicksal wie die Landesbibliothek. Zwei Drittel ihrer Bücher (ca. 80.000 von 120.000 Bänden3) werden in der „Brandnacht“ vernichtet. Ein Teil der Bestände war 1942 allerdings nach Bad Wimpfen am Neckar (1803 bis 1945 hessische Exklave) und in das Salzbergwerk Kochendorf (Bad Friedrichshall im Landkreis Heilbronn in Baden-Württemberg) ausgelagert worden, darunter unter anderem der alphabetische Katalog, die Handbibliothek und ein Teil der Inventare. Mit Beginn des Wintersemesters 1945/46 kann der Betrieb der Bibliothek der Technischen Hochschule unvollständig und behelfsmäßig wieder aufgenommen werden; aus Platzmangel erfolgt die Rückführung der ausgelagerten Bestände bis Mitte 1947 allerdings nur schrittweise.
Am 16. Juli 1948 werden die Hessischen Landesbibliothek und die Bibliothek der Technischen Hochschule per Erlass des Hessischen Ministers für Kultur und Unterricht zur „Hessischen Landes- und Hochschulbibliothek“ zusammengelegt.
(KU)


  1. Der Angriff der britischen Luftwaffe auf die dichtbesiedelte Darmstädter Innenstadt in der Nacht vom 11. auf den 12. September 1944 kostet rund 11.500 Menschen das Leben, 66.000 der etwa 110.000 Einwohner werden obdachlos.
  2. Vgl. Technische Universität Darmstadt: Die Geschichte der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt (Stand: 6.9.2012). Etwas andere Angaben über die Höhe der Verluste bei Georg Leyh, Die deutschen wissenschaftlichen Bibliotheken nach dem Krieg, Tübingen 1947, S. 59 f.: dort werden 65 Prozent Verluste eines Gesamtbestandes von 760.000 Bänden genannt.
  3. Technische Universität Darmstadt, Die Geschichte der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt (wie Anm. 2). Angaben bei Leyh (wie Anm. 2), S. 62: Gesamtbestand 134.000 Bände in 1942, zwei Drittel Verlust.
Records
Recommended Citation
„Schwere Zerstörungen in den Darmstädter Bibliotheken durch Luftangriff der Royal Air Force, 11.-12. September 1944“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/en/subjects/idrec/sn/edb/id/4821> (Stand: 3.7.2020)
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