Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Contemporary History in Hessen - Data · Facts · Backgrounds

Maßnahmen gegen Geschäfte mit dem Hunger in Frankfurt, 18. Oktober 1915

Die Stadt Frankfurt am Main ergreift Maßnahmen gegen Geschäfte mit der Hungersituation.

Vor Kriegsausbruch war das Deutsche Reich bei der Versorgung seiner Bevölkerung mit Nahrungsmitteln zu etwa einem Drittel auf Importe angewiesen. Entsprechend schnell haben die alliierten Blockademaßnahmen (insbesondere die britische Seeblockade in der Nordsee) zu einer drastischen Verknappung geführt, die in Verbindung mit einer wenig Rücksicht auf die Bedürfnisse der Bevölkerung nehmenden Heeresversorgungspolitik einen starken Anstieg der Lebensmittelpreise zur Folge hat. Bereits im November des Vorjahres hatte die SPD daher die Festsetzung von Höchstpreisen und die staatliche Kontrolle der Nahrungsmittelhersteller gefordert. Im Frühsommer 1915 verstaatlichte die deutsche Führung die Weizenernte und deren Verteilung; im ganzen Land wurde der Brotkonsum rationiert. Darüber hinaus ist mit der Einrichtung einer „Reichskartoffelstelle“ den Landwirten die Verfütterung der erzeugten Kartoffelernte untersagt worden. Hauptleidtragende dieser und zahlreicher anderer Maßnahmen zur Steuerung der Nahrungsmittelerzeugung und -verteilung, und des Umstands, dass diese Vorschriften von der erzeugenden Landbevölkerung zu großen Teilen nicht eingehalten werden, sind die städtischen und industriell beschäftigten Bevölkerungskreise, die auf den Konsum am Markt und die rationierten Zuteilungen angewiesen sind. Ein bedeutender Teil des Lebensmittelangebotes ist für die städtischen Verbraucher ausschließlich zu überhöhten Preisen auf dem Schwarzmarkt erhältlich. Die Maßnahmen, mit denen die militärische Führung relativ willkürlich Preisgrenzen und Produktionsnormen festsetzt, führen zu einem ausgeprägten Interessengegensatz zwischen der Landbevölkerung und den konsumierenden Stadtbewohnern, der im Herbst 1915 in zahlreichen Städten des Deutschen Reiches verstärkt in Krawalle, Streiks und Demonstrationen vor Lebensmittelgeschäften einmündet.
(KU)

Records
Additional Information
Hebis-Klassifikation
263450 ,Erster Weltkrieg
Hebis-Schlagwort
Weltkrieg, 1914-1918 ; Lebensmittelversorgung ; Frankfurt
Recommended Citation
„Maßnahmen gegen Geschäfte mit dem Hunger in Frankfurt, 18. Oktober 1915“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/en/subjects/idrec/sn/edb/id/472> (Stand: 18.10.2022)
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