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Hessian Biography

Portrait

Wilhelm Neuhaus
(1873–1956)

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Neuhaus, Wilhelm [ID = 4442]

* 25.12.1873 Minden, † 10.12.1956 Bad Hersfeld, evangelisch
Lehrer, Rektor, Kreisschulrat, Heimatforscher
Other Names | Activity | Family Members | References | Life | Citation
Activity

Career:

  • um 1880 Besuch der Bürgerschule in Minden, Wechsel auf das dortige Gymnasium
  • Präparandenanstalt (Lehrerseminar) in Petershagen (Westfalen), danach erste Lehrerstelle in Vlotho (Weser)
  • 1903 Versetzung nach Enger (Westfalen), wo auch seine ersten schriftstellerischen Arbeiten der Lyrik und Geschichte publiziert wurden (siehe Werk)
  • 1906 Wechsel an die Evangelische Bürgerschule (Nordschule) in Hersfeld, wo er die Technik der Kohlezeichnung einführte und ein großes Wirken zur Geschichte und Kultur der Stadt begann
  • 8.1914 mit dem Hersfelder Landsturmbataillon Ausrücken nach Aalst in Belgien, wo er weiter als Lehrer wirkte und eine Feldpostzeitung herausgab
  • 11.1918 vom Zusammenbruch des Kaiserreichs im Zuge der Kriegsniederlage tief betroffen
  • 1918/19 in und um Hersfeld häufig als Redner für die neue linksliberale Deutsche Demokratische Partei (DDP) auftretend
  • 1928 Neuhaus wechselte von der Hersfelder Nordschule als Konrektor an die Südschule
  • nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten als Lehrer und Heimatforscher wegen seiner liberalen Grundhaltung in Ungnade der Regimes, zunehmenden Schikanen ausgesetzt
  • 1933 Verdrängung von Neuhaus und anderen Lokalhistorikern durch Gründung eines NS-Geschichtsrings, dem die meisten Heimatforscher als zu wenig linientreu galten
  • 1933 oder wenig später: Nach Auskunft eines Fotos noch Fremdenführer für den Vizekanzler (?) Franz von Papen vor der Stiftsruine
  • 1934 als Lehrer und Konrektor mit 60 Jahren in den Ruhestand versetzt, wohl weil er Vorsitzender der Hersfelder Freimaurerloge „Lingg zur Brudertreue“ war
  • Frühjahr 1945 nach dem Einmarsch der Amerikaner der inzwischen 71-jährige Neuhaus als unbelasteter Pädagoge Rektor der ehemaligen Südschule, wenig später kommissarischer Schulrat, als welcher er sich um den Neuaufbau des Schulsystems im Kreis Hersfeld verdient machte
  • 1946 als Kreisschulrat endgültig pensioniert
  • 1947 Mitglied der „Historischen Kommission für Hessen und Waldeck“, Ehrenmitglied des „Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde“, dessen Hersfelder Zweigverein er lange geführt hatte
  • 10.1948 Nach einem Beschluss vom 12.10.1948 am 14.10.1948 in einer Festsitzung Verleihung des Ehrenbürgerbriefs der Stadt Hersfeld wegen seiner hervorragenden Verdienste um die Erforschung der geschichtlichen Entwicklung von Stift und Stadt
  • 1951 einer der Initiatoren der Bad Hersfelder Festspiele in der Stiftsruine, Mitglied des Ehrenausschusses und Kuratoriums sowie Gründungsmitglied des Fördervereins „Gesellschaft der Freunde der Stiftsruine e. V.“
  • 1953 Bundesverdienstkreuz am Bande in Anerkennung seiner Verdienste für Schule und Heimat
  • Ehrungen:
  • 1947 Mitglied der „Historischen Kommission für Hessen und Waldeck“.
  • Ehrenmitglied des „Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde“
  • 14.10.1948 Ehrenbürgerbrief der Stadt Bad Hersfeld
  • 1953 Bundesverdienstkreuz am Bande

(Art-) Works:

  • 1903-1906: Erste publizierte schriftstellerische Arbeiten in Enger, wobei zunächst die Lyrik im Zentrum stand (Gedichtband „Aus einem Lenz und Sommer“).
  • 1906: Neuhaus schuf auch bereits die knappe historische Abhandlung „Enger, die Wittekindstadt“ mit einer Beschreibung der Stadtkirche.
  • Ab 1906: Nach der Übersiedlung nach Hersfeld widmete er sich der Erforschung und Darstellung der Geschichte seiner endgültigen Heimat, ohne aber die Lyrik aufzugeben.
  • 1909: Neuhaus gründete auf Wunsch des Verlegers Wilhelm Bächstädt unter dem Titel „Mein Heimatland“ eine „Zeitschrift für Geschichte, Volks- und Heimatkunde“, die von ihm als monatliche Beilage der „Hersfelder Zeitung“ redaktionell betreut wurde. Damit fand er auch eine Plattform für seine eigenen kleineren Aufsätze (213 gekennzeichnet), wodurch er schrittweise eine umfassende Monographie zur Stadtgeschichte vorbereitete.
  • 1909: Als Vorstudie dieser Darstellung erschien das 41-seitige Werk „Die Gründung der Abtei Hersfeld und ihre Vorgeschichte“ (Verlag von Max Westphal, Hersfeld).
  • 1914: Neuhaus schrieb im „Hersfelder Jahrbuch“ einen Beitrag über den vor drei Jahren verstorbenen Hersfelder Maschinenbauer Benno Schilde (1849-1911) und seine Firma unter dem Titel „Benno Schilde, Maschinenfabrik und Apparatebau, Hersfeld“.
  • 1914: Neben verstreuten Einzelgedichten in „Mein Heimatland“ gab Neuhaus nun auch einen weiteren Lyrikband „Aus hellen Quellen“ heraus (Max Westphal, Hersfeld).
  • Ab August 1914: Wegen seiner Abwesenheit im Ersten Weltkrieg wurde „Mein Heimatland“ eingestellt und Neuhaus gab stattdessen vom belgischen Aalst aus dreimal monatlich eine Feldpostzeitung „Landsturm“ heraus, die aber in Hersfeld gedruckt wurde.
  • 1921: „Mein Heimatland“ erschien wieder neu unter ihm als Schriftleiter.
  • 1920: Neuhaus legte den Lyrikband „Rosen am Schulhaus“ vor (Max Westphal, Hersfeld).
  • 1922: Als belletristische Verarbeitung eines Lokalgeschehens von 1411 veröffentlichte er „Fritz Stuppler. Eine Erzählung aus der Zeit des Faustrechts“ (2. Auflage 1987).
  • 1924: Im gleichen Genre folgte „Der Jakobinerprinz und andere Geschichten“ (2. Auflage 1986) mit den vier Erzählungen „Das Begräbnis der schönen Eva von Trott“, „Der Jakobinerprinz“, „Ein fürstliches Sommertheater“ und „Ein wildernder Pfarrer“.
  • Nach 1923: Neuhaus publizierte die volkskundliche Sammlung „Sagen und Schwänke aus dem Kreise Hersfeld und den angrenzenden Gebieten“ (6. Auflage 1992).
  • 1924: Neuhaus schuf eine Schrift zu Ehren des blinden Hersfelder Seilerwarenfabrikanten August Gottlieb (1844-1903): „Dem Gedächtnis des Gründers unseres Werkes Hersfeld, anlässlich der Wiederkehr seines 80. Geburtstages gewidmet, Vereinigte Jute-Spinnereien und Webereien Aktien-Ges., Hamburg, Zweigniederlassung Hersfeld, vormals August Gottlieb, Spinnerei, Weberei und Seilerwarenfabrik Aktiengesellschaft von Wilhelm Neuhaus: August Gottlieb, Ein Bild seines Lebens und Wirkens, Gedruckt in der Hoehlschen Buchdruckerei in Hersfeld, 1924“.
  • 1925: Dieser Beitrag erschien auch in Band 7 von „Mein Heimatland“ (S. 3 ff. u. 13 ff.).
  • 1926: Neuhaus gab dem traditionsreichen Hersfelder Lullusfest eine neue Form, die in der Stadt allgemein guten Anklang fand. Damals wurden alte, vergessene Bräuche und neue Ideen miteinander vermischt, so dass das Fest den Weg in die Moderne fand – bis heute.
  • 1927: Neuhaus veröffentlichte sein Hauptwerk „Geschichte von Hersfeld. Von den Anfängen bis zum Weltkrieg“, das die Stadtentwicklung in einer allgemeinverständlichen Sprache sowie mit zahlreichen Abbildungen und Zeichnungen darstellte.
  • Flankiert wurde dieses Hauptwerk aber weiterhin von kleineren Büchern zu historischen Spezialthemen, wie „Die Stiftsruine“ (später überarbeitet von Waldemar Zillinger).
  • Anfang 1933: Obwohl Neuhaus nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten als liberaler Geist immer mehr zur „persona non grata“ wurde, machte er schon bald detaillierte „Vorschläge zu einem Programm für die 1200-Jahrfeier“ von Hersfeld 1936.
  • 1934-1936: Nach seiner Zwangspensionierung bereitete er auf Bitten der Stadtverwaltung erst recht mit ganzer Kraft eine große historische Ausstellung zur 1200-Jahrfeier vor.
  • 1935: Ein Foto zeigt Neuhaus mit dem befreundeten Heimatschriftsteller Heinrich Ruppel (1886-1974), von dem er auch Gedichte in „Mein Heimatland“ aufnahm. Beide verband ihre Distanz zum NS-Regime, die aber bei Neuhaus stärker ausgeprägt war.
  • 1936: Mit großem Aufwand und viel politischer Prominenz wurde die 1200-Jahrfeier von Hersfeld zelebriert, wobei Neuhaus’ Ausstellung ein großer Erfolg wurde. Doch würdigte man seine Arbeit mit keinem Dank, sondern entband ihn nach der Feier sofort von seiner Aufgabe, ohne dass er sich noch um die Auflösung der Ausstellung kümmern konnte. So war im Gegenzug das Echo der Feierlichkeiten in „Mein Heimatland“ relativ verhalten.
  • 1937/38: Zum Jahreswechsel untersagte sein Gegenspieler Manns als Vorsitzender des „Geschichtsrings“ Neuhaus dessen Tätigkeit als Schriftleiter seiner Geschichtsbeilage „Mein Heimatland“, die zukünftig unter dem Titel „Die Stiftsruine“ erscheinen sollte.
  • 1938-1943: In der nationalsozialistisch ausgerichteten „Stiftsruine“ veröffentlichte Neuhaus keinen Beitrag, da er sich bei dem herrschenden Regime unbeliebt gemacht hatte und sich nach dem Undank von 1936 auch nicht mehr daran beteiligen wollte.
  • 1939: Als Neuhaus in seinen späteren Gedichten auch häufig lokalhistorische Themen aufgriff, entstand mit „In der Stiftsruine zu Hersfeld“ eines seiner besten. Viele dieser späten Gedichte erschienen nicht mehr gesammelt, sondern als Abdruck in den beiden Beilagen „Mein Heimatland“ und „Schöne Literatur“ der „Hersfelder Zeitung“.
  • 1941: Quasi als Nebenprodukt der Ausstellung von 1936 erschien das Neuhaus-Werk „Auf den Spuren der Abtei Hersfeld in deutschen Gauen“, wo er akribisch alle Orte mit Bezug zum alten Reichskloster aufführte. Neben seiner „Geschichte von Hersfeld“ von 1927 trug dieses Buch am meisten zu seiner wissenschaftlichen Anerkennung bei.
  • 1949: Neuhaus gab wieder die Beilage „Mein Heimatland“ in gewohnter Weise heraus.
  • 1949: Neuhaus dichtete in „Mein Heimatland“ für das Lullusfest ein Lullus-Lied (Band 13, S. 9), wozu Hans Petsch die dreistimmige Musik schuf.
  • 1950: Neuhaus veröffentlichte das Buch „Hersfelder Tuch. Beiträge zur Geschichte des Hersfelder Wollgewerbes“ über den für seine Heimatstadt wichtigsten Gewerbezweig.
  • Ab 1950: Außerdem schuf er „Bad Hersfeld. Ein Führer durch die Stadt und ihre Umgebung. Mit einem Stadtplan und einer Umgebungskarte“ (5. Auflage, nach 1949).
  • 1954: Sein 1927 erschienenes Hauptwerk „Geschichte von Hersfeld“ kam noch einmal in einer erweiterten Zweitauflage heraus („Von den Anfängen bis zur Gegenwart“).
  • 1956: Kurz vor seinem Tode brachte Neuhaus schließlich sein kleines Überblicksbuch „Aus zwölf Jahrhunderten. Geschichten und Bilder aus Hersfelds Vergangenheit“ noch auf den damals neuesten Stand (4. Auflage 1984, überarbeitet von B. Rauche).

Places of Residence:

  • Minden; Petershagen (Westfalen); Vlotho; Enger; Bad Hersfeld; Aalst (Belgien)
Family Members

Father:

Neuhaus, N.N., Betreiber einer Bäckerei und Getreidehandlung in Minden

Partner(s):

  • Weitenauer, Marie, * 3.4.1880, † 17.10.1950, Heirat 1901 in Vlotho

Relatives:

  • Neuhaus, N.N. <Tochter>, * frühestens 1901
  • Neuhaus, Ernst <Sohn>, * frühestens 1901, † sehr früh
  • Neuhaus, Günther <Sohn>, * 17.8.1909, † 1980, Geburt und Jugend in Hersfeld, nach 1945 Familienvater im Rheinland, Tod in Bad Reichenhall, Grab in Bad Hersfeld
  • Neuhaus, Linde <Enkelin>, Tochter von Günther Neuhaus-Rheinland
  • Neuhaus, Heinz Rainer Wolfgang <Enkel>, Sohn von Günther Neuhaus-Rheinland, geb. 1944
  • Neuhaus, Wilhelm Bodo Günter <Enkel>, Sohn von Günther Neuhaus in Bad Honnef
  • Schenk, Udo <Enkel>, Sohn der Neuhaus’ Tochter in Bayreuth
  • N.N., Heidi <Enkelin>, Tochter der Neuhaus’ Tochter, verheiratet mit dem Bad Hersfelder Schuldirektor und Neuhaus-Biografen Walter Mitze
References

Sources:

  • Wilhelm Bodo Günter Neuhaus: Familiäre Ergänzungen der Großvater-Biographie zum 140. Geburtstag von Wilhelm Neuhaus (E-Mail an das Hessische Landesamt für geschichtliche Landeskunde in Marburg vom 25.12.2013)

Bibliography:

  • Lasse Deppe, Auszeichnung für freundliches Benehmen. Bürgermeister, Lehrer, Eisenbahner – 14 Hersfelder haben die Ehrenbürgerschaft – Nazi-Größen verloren Status 2007; Hersfelder Zeitung; Nr. 85/2013; Bad Hersfeld 12.4.2013; Lokalseite 3
  • Hans Jürgen Dietz, 60 Jahre Gesellschaft der Freunde der Stiftsruine e. V. – Gründungs-Verein der Bad Hersfelder Festspiele – eine Chronik. Festspiele in der Stiftsruine, Gründerjahre der Festspiele, Aufgaben der „Gesellschaft“ für Festspiele und Stiftsruine; hrsg. von der Gesellschaft der Freunde der Stiftsruine e. V. Bad Hersfeld, Bad Hersfeld 2010; S. 36, 43 f.
  • Hartmut H. Boehmer, Grußwort, in: Wilhelm Neuhaus, Geschichten von Hersfeld. Gesammelte Aufsätze aus „Mein Heimatland“; Ausgewählt, bearb. und mit Anmerkungen versehen von Michael Fleck, Bad Hersfeld 2007, S. V f.
  • Walter Mitze, Wilhelm Neuhaus. Ein Lebensbild. Veröffentlicht 1973 anlässlich des 100. Geburtstags von Neuhaus in „Mein Heimatland“. Mithilfe von Walter Mitze neu bearb. von Michael Fleck; in: Wilhelm Neuhaus, Geschichten von Hersfeld, S. XI-XV
  • Holger Th. Gräf, Hessischer Städteatlas – Bad Hersfeld; Lieferung I,2; Textheft; hrsg. von Ursula Braasch-Schwersmann, Hessisches Landesamt für geschichtliche Landeskunde; Marburg 2007, hier S. 29 f.
  • Harald Neuber, Heinrich Ruppel – ein hessischer Heimatschriftsteller aus Neukirchen, in: Ders., Haunetaler Geschichte, hrsg. von der Gemeinde Haunetal, Haunetal 1992

Image Source:

Posthumes Neuhaus-Gemälde von Wilhelm Kneisel aus dem Jahr 1965; Foto von Hans-Otto Kurz, in: NEUHAUS, Geschichten, Einbandbild

Citation
„Neuhaus, Wilhelm“, in: Hessische Biografie <https://www.lagis-hessen.de/pnd/133787273> (Stand: 28.11.2023)