Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Castles, Palaces, Manor Houses

Schloss Hungen

154 m über NN
Gemarkung Hungen, Gemeinde Hungen, Landkreis Gießen
Basic Data | History | Bau und Baugeschichte | Burgtyp | References | Citation | Indices

Das Hungener Schloss geht in seiner heutigen Anlage auf den von den Solmser Grafen im 15. Jahrhundert errichteten Bau zurück. Überreste der Vorgängerburg, die die Herren von Falkenstein im 14. Jahrhundert bauen ließen, haben sich nicht erhalten. Im Laufe seiner Geschichte diente das Schloss mehrfach als Witwensitz, als Residenz der Linie Solms-Hungen, als Lagerort für NS-Raubgut, als Altersheim und zur Unterbringung türkischer Gastarbeiter. Heute befindet sich das Schloss im Besitz einer Eigentümergemeinschaft, die hier seit 1974 gut 20 Wohnungen eingerichtet hat.

Basic Data

Settlement Type:

Schloss, vormals Burg

Location:

Die Burg lag an der Straße „Durch die Kurzen Hessen“, die von Mainz über Frankfurt, Alsfeld und Hersfeld nach Leipzig führte. Bei Hungen kreuzte sie eine alte Straße, die von Lich und Münzenberg Richtung Ulrichstein und Nidda führte.

Hungen Schlossgasse 7-11

History

Burggeschichte:

Die Hungener Burg war im 14. Jahrhundert zur Sicherung und Kontrolle von Handelsstraßen errichtet worden. 1464 wurde sie Witwensitz der Gemahlin von Otto Graf von Solms-Braunfels. Von 1602 bis 1678 war das Schloss Residenz der Linie Solms-Hungen, einer Nebenlinie der Solms-Braunfelser, die 1678 ausstarb. Im 18. und 19. Jahrhundert diente das Schloss wieder als Witwensitz der Grafen Solms-Braunfels, seit 1742 Fürsten. Während des Zweiten Weltkriegs lagerte hier Raubgut aus jüdischen Bibliotheken und Synagogen. Von 1947 bis 1960 wurde das Schloss als Altersheim genutzt, danach bis 1974 als Unterkunft für türkische Gastarbeiter. 1974 gründete sich eine Eigentümergemeinschaft und begann mit der Wiederherstellung des Schlosses, in dem nun gut 20 Eigentumswohnungen eingerichtet wurden.

Earliest Reference:

1383

Besitzgeschichte:

Nach dem Aussterben der Herren von Falkenstein kam die Burg Hungen im 15. Jahrhundert an die Solmser Grafen. 1974 verkaufte Hans Georg Graf von Oppersdorff das baufällige Schloss für eine Deutsche Mark an den Gießener Professor Adolf Hampel. Kurz darauf gründete sich eine Eigentümergemeinschaft zur Sanierung des Schlosses.

Bau und Baugeschichte

Building History:

Bei der 1383 erstmals erwähnten Burg handelte es sich um eine Wasserburg mit Schildmauer und rundem Bergfried. 1454 bis 1456 erfuhr die Burg eine Umgestaltung, weitere Baumaßnahmen lassen sich zwischen 1487 und 1497 belegen. Ungefähr 1535 wurde die Vorburg errichtet. Nach weiteren Umbauten 1572 bis 1574 erfuhr die Anlage in den Jahren 1604 bis 1608 und 1610 bis 1621 einen schlossartigen Ausbau. Im frühen 18. Jahrhundert wurden Schildmauer und Bergfried abgetragen. Beim Bau der Bahnstrecke Gießen-Gelnhausen wurde 1869 die Wallanlage durchschnitten. In den Jahren 1974 bis 2014 sanierte die Eigentümergmeinschaft das Schloss und richtete gut 20 Wohnungen ein.

Erhaltungszustand:

Von der Falkensteiner Burg aus dem 14. Jahrhundert ist nichts mehr erhalten. Die Gebäude der Burg erfuhren vielfältige Umbauten, gehen jedoch, abgesehen vom Neuen Saalbau, in ihrer grundsätzlichen Anlage auf das 15. Jahrhundert zurück.

Denkmaltopographie:

Das durch Mauern bzw. Gebäude begrenzte unregelmäßige Schlossareal, das durch ein Tor im Norden (Zugang von der Schlossgasse) und durch ein zweites Tor im Nordosten (Zugang vom Liebfrauenberg) erschlossen wird, besteht aus der sogenannten Vorburg mit großem Hof im Norden und der Kernburg im Südwesten.

Die entlang der Großen Saalgasse aufgereihte Gebäudefolge der Vorburg setzt sich aus einem in der Achse der Schlossgasse gelegenen Torbau, dem östlich angebauten so genannten Kanzleibau und einem separaten Fachwerknebengebäude zusammen.

Während das Torgebäude im unteren Teil mit seinen spitzbogigen Toren noch gotische Merkmale aufweist, entstammen seine Volutengiebel sowie das später eingefügte Doppelwappen des Grafen Otto zu Solms und seiner Gemahlin Ursula von Gleichen der 1604 beginnenden Ausbauphase. Auch das sich östlich anschließende Kanzleigebäude, das später als Pfarrhaus und Försterwohnung genutzt wurde, und der westlich angesetzte Trakt gehören in diese Zeit.

Die weiter südlich gelegene Kemburg, das eigentliche Schloss, bildet einen nach Südwesten geöffneten hufeisenförmigen Gebäudekomplex, dessen Innenhof früher durch eine geknickte Schildmauer mit einem mächtigen Rundturm abgeschlossen war.

Die Gebäude dieser dreiflügeligen, nach Nordwesten erweiterten Anlage entstammen im Kern sämtlich dem 15. Jahrhundert, also dem späten Mittelalter.

Der für die Gesamtansicht wichtigste Gebäudeteil ist der nach Nordosten gerichtete Querbau. Sein in der Gebäudemitte liegender Torturm ist mit seinem spitzbogigen Tor und dem Kreuzgewölbe der Torhalle noch deutlich mittelalterlich geprägt.

Die fünfspitzige Bekrönung, die aus einem mittleren achteckigen Helm und vier sechseckigen Eckhelmen gebildet wird, verleiht ihm eine charakteristische Silhouette, die sich im Zusammenspiel mit den im Jahre 1700 ausgeführten barocken Veränderungen zu einer Schaufront, die zum äußeren Hof orientiert ist, zusammenschließt.

Die wichtigsten Elemente dieser symmetrisch aufgebauten Fassade zur Vorburg sind die vier, in Paaren rechts und links vom Turm angeordneten, spitzbogig zusammenlaufenden Fachwerkgiebel und die schmalen, zu beiden Seiten des Tores Vorgesetzten, dreigeschossigen Erkervorbauten mit architravierten Fenstern, die in den Obergeschossen durch einen Brückenbau miteinander verbunden sind. Dieses Obergeschoss ist durch ionische Pilaster, durch Festons und durch zwei hier angebrachte Inschrifttafeln, in denen die Erbauer, Graf Wilhelm Moritz von Solms-Braunfels und seine Ehefrau Magdalena Sophia, sowie das Erbauungsdatum 1700 genannt werden, optisch hervorgehoben.

Ein links an das Querhaus angereihter, im Winkel vor dem Frauenzimmerbau errichteter Turm mit dreifach gestaffelter, stark bauchiger Haube, der ebenfalls 1700 entstand, durchbricht ebenso die Symmetrie, wie der in der äußersten Südostecke des Frauenzimmerbaus angesetzte Anbau von 1790. Dieser ist mit einem eigenen Portal mit flacher Archivolte und reich geschmückten seitlichen Fachwerkobergeschossen versehen.

Der dreigeschossige, mit einem hohen Krüppelwalm ausgestattete Südostflügel, der so genannte Frauenzimmerbau, ist im Kem ebenfalls mittelalterlich. Er wurde in den Jahren 1608 bis 1612 grundlegend verändert. Auf diesen Umbau gehen die reich geschmückten Volutengiebel an der Hofseite sowie der Innenausbau mit geometrisch unterteilten Stuckdecken zurück. Während der im östlichen Hofwinkel stehende quadratische Treppenturm, der eine vierläufige Stiege um einen starken quadratischen Mittelpfeiler enthält, schon 1572 bis 1574 erbaut worden war, entstanden die hofseitigen, zweigeschossigen Arkadengänge erst 1700.

An den zweigeschossigen nordwestlichen Flügel, den so genannten Alten Bau, der an der zum Außenhof gerichteten Giebelseite noch gotische Fensteröffnungen aus der Erbauungszeit aufweist und auch sonst in seinen spätmittelalterlichen Außenmauern am wenigsten verändert erscheint, ist im spitzen Winkel der sogenannte Neue Saalbau angebaut. Von 1608 bis 1612 auf älteren Grundmauern errichtet, schließt sich das zweigeschossige, mit einem hohen, von Gauben besetzten Krüppelwalmdach und durch gekoppelte, schmale Fenster charakterisierte Gebäude nach Nordwesten dem Verlauf der Stadtmauer an.

Burgtyp

Bautyp:

Niederungsburg; Wasserburg; Schloss

References

Bibliography:

Citation
„Schloss Hungen, Gemeinde Hungen“, in: Burgen, Schlösser, Herrenhäuser <https://www.lagis-hessen.de/en/subjects/idrec/sn/bg/id/15067> (Stand: 18.9.2018)