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Contemporary History in Hessen - Data · Facts · Backgrounds

Uraufführung eines Handke-Stücks in Frankfurt, 31. Januar 1969

Im Theater am Turm (TAT) in Frankfurt am Main wird das Pantomime-Stück „Das Mündel will Vormund sein“ des österreichisches Autors Peter Handke (geb. 1942) uraufgeführt. Es ist bereits die dritte Uraufführung eines Werkes aus der Feder Handkes, die von dem 1953 als „Landesbühne Rhein-Main“ durch den Frankfurter Bund für Volksbildung gegründeten städtischen Theater im ehemaligen Volksbildungsheim am Eschenheimer Tor durchgeführt wird. Regie führt bei der heutigen Premiere der Oberspielleiter des TAT, Claus Peymann (geb. 1937), für das Bühnenbild des wortlosen Stückes zeichnet die Kostümbildnerin Moidele Bickel (geb. 1937–2016) verantwortlich. Es spielen Claus Berlinghof und Hans-Joachim Diehl (geb. 1940).

Ein „Kampf“ zwischen Mündel und Vormund als wortlose Interaktion

Handke formuliert mit dem Stück die Absicht, unter völligem Verzicht des Symbolisches, das dem Gezeigtem eine tiefere Bedeutung geben könnte, den Zuschauer nur sehen zu lassen, was ist. Die wortlose Interaktion zwischen Vormund und Mündel legt das zwischen beiden bestehende Abhängigkeitsverhältnis (dessen Umkehrung suggeriert wird) allein durch Blicke und Gestik offen. Das von Moidele Bickel entworfene und auch selbst gemalte Bühnenbild zeigt ein Bauernhaus zwischen einem Mais- und einem Rübenfeld das Mündel und sein Vormund stecken in Arbeitshosen, für die sich die Künstlerin von Arbeitskleidung der Baustellenarbeiter inspirieren ließ.1 Im Mai 1969 wird das „Schweigestück“ in der Inszenierung von Claus Peymann auf dem Berliner Theatertreffen gezeigt, das als Forum für die besten und interessantesten Theaterinszenierungen der laufenden Spielzeit im deutschen Sprachraum gilt.

„Das Mündel will Vormund sein“ gilt zusammen mit zwei anderen frühen Stücken Peter Handkes, den ebenfalls in Frankfurt am Main im Theater am Turm unter der Regie von Claus Peymann uraufgeführten „Sprechstücken“ „Publikumsbeschimpfung“ (8. Juni 1966) und „Kaspar“ (11. Mai 1968) als Grundlage für den literarischen Ruf des Autors, der zu den bedeutendsten Vertretern der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur gezählt wird.
(KU)


  1. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.1.1978, S. BuZ 6: Kleider machen Leute, Kostüme machen Geschichten: Moidele Bickel, Kostümbildnerin der Schaubühne am Halleschen Ufer / von Georg Hensel.
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„Uraufführung eines Handke-Stücks in Frankfurt, 31. Januar 1969“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/en/subjects/idrec/sn/edb/id/1258> (Stand: 31.1.2023)
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