Contemporary History in Hessen - Data · Facts · Backgrounds

Bericht des Regierungspräsidenten über die Lage der Arbeiter im Regierungbezirk Kassel, 9. Oktober 1900

Der Regierungspräsident in Kassel August von Trott zu Solz (1855–1938) berichtet dem Kaiser in seinem vierteljährlichen Zeitungsbericht zur Lage der Arbeiter:

Von den Hanauer Diamantschleifern seien nur noch wenige arbeitslos. Andere seien von der Stadtverwaltung als Tagelöhner beschäftigt oder hätte eine andere Arbeit gefunden. Es gebe wenig Aussichten, dass sie ihre frühere Beschäftigung wiederfinden könnten.

In Kassel hätten die Maurer am 30. Juni den Ausstand beschlossen und seien in den Streik getreten. Sie forderten die Erhöhung ihres Stundenlohns von 42 auf 45 %, was die Minister ablehnten. Nur wenige der 474 in den Streik getretenen Mauergesellen seien bis Ende August zur Arbeit zurückgekehrt. Da in Kassel hinreichend Wohnungen vorhanden seien hätten sich aus dem ruhig verlaufenen Streik keine besonderen Folgen entstanden. Inzwischen sei der Streit mit einer Niederlage der Maurergesellen zu Ende gegangen.

Auf dem Braunkohlebergwerk am Habichtswald und auf der Zeche Freudenthal-Mittelthal habe es kleinere Ausstände von kurzer Dauer gegeben. Im Bergrevier Kassel sei auf fast allen Zechen eine ziemlich bedeutende Lohnerhöhung bewilligt worden. Auf der Zeche Möncheberg bei Ihringshausen seine für die bisher zehnstündige Schicht der Grubenarbeiter die achtstündige Schicht eingeführt worden.

Der Regierungspräsident kommt insgesamt zu dem Ergebnis: Bei den gegenwärtig hohen Löhnen haben die Arbeiter im allgemeinen ihr gutes Auskommen und stehen sich besser als die kleinen Landwirte und kleinen Gewerbetreibenden. An Arbeitsgelegenheit fehlt es nicht.
(OV)