Contemporary History in Hessen - Data · Facts · Backgrounds

Erster Tagangriff der US-Luftwaffe auf Kassel, 28. Juli 1943

Erstmals findet ein Tagangriff von Kampfflugzeugen der US Army Air Forces (USAAF¹) auf die Stadt Kassel statt. Ein Hauptziel des Angriffs der 8th US Air Force (Hauptquartier in High Wycombe, Buckinghamshire, England) mit 58 beteiligten Maschinen (von ursprünglich 182 gestarteten²) sind die Fieselerwerke in Bettenhausen (Werk I) und Waldau (Werk III) sowie die Gebäude der Spinnfaser AG und der Motorenbau Werk Kassel (MWK, Zweigwerk der Junkers Flugzeug- und Motorenwerke AG Dessau). Getroffen werden größtenteils jedoch zahlreiche Wohnhäuser im Stadtteil Bettenhausen (Eichwaldsiedlung) und in der Fieseler-Siedlung im Stadtteil Forstfeld südlich von Bettenhausen. Insgesamt sterben bei dem Angriff 45 Menschen aus Kassel. Betroffen durch das Bombardement sind auch ausländische Zwangsarbeiter, die unter anderem in unterhalb des Eichwaldes errichteten Baracken untergebracht sind.

Obwohl ein Großteil der von den US-Bombern über Kassel abgeworfenen Sprengkörper sein eigentliches Ziel verfehlt, sind vor allem die bei MWK (Junkers) angerichteten Schäden beträchtlich. Aufgrund der beiden Tagangriffe der amerikanischen Verbände verringert sich der Leistungsgrad des Werkes nach Angaben der Unternehmensleitung im August 1943 um 75 % und im darauffolgenden September immerhin noch um 50 %. Immerhin mehr als 250 Bombeneinschläge zerstören etwa 30 % der Gebäude. Als Reaktion auf die Angriffe verlagert MWK, als Kasseler Zweigwerk der Junkers Flugzeug- und Motorenwerke AG Dessau hauptsächlich mit der Serienfertigung von Baugruppen und Teilen für Flugzeugmotoren beschäftigt, einen Teil der kaufmännischen Büros und der Konstruktion auf verschiedene andere Standorte innerhalb Kassels.

Ein weiterer Tagangriff der USAAF am übernächsten Tag, den 30. Juli (186 gestartete Flugzeuge, davon 134 am Angriff beteiligt³), hat wiederum die genannten Industriebetriebe im Ostteil der Stadt Kassel zum Ziel.

Die amerikanischen Luststreitkräfte werfen an beiden Tagen zusammengenommen 1.280 500-lb-, 790 250-lb- und 100 100-lb-Sprengbomben ab. Insgesamt gehen den Amerikanern am 28. und 30. Juli 19 Maschinen durch Feindeinwirkung verloren, 113 Flugzeuge werden beschädigt.⁴
(KU)

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1. Die Bezeichnung United States Army Air Forces ist von 1941 bis 1947 der offizielle Name der Luftstreitkräfte der Vereinigten Staaten. Eine eigene Teilstreitkraft („US Air Force“ – USAF) wird die US-Luftwaffe erst mit Inkrafttreten des National Security Act zur Reorganisation der amerikanischen Streitkräfte am 18. September 1947. Bis zu diesem Zeitpunkt sind die fliegenden Verbände des US-Militärs der Army bzw. der Navy unterstellt. ↑
2. Vgl. Rolf-Dieter Müller, Der Bombenkrieg 1939–1945, Berlin 2004, S. 263 [Britische und amerikanische Luftangriffe auf Kassel 1943 bis 1945; Tabellarischer Überblick]. ↑
3. Vgl. ebd. ↑
4. Vgl. Christopher Koch, Flächenbombardierung als Kriegsmittel. Die Luftangriffe auf Kassel im Zweiten Weltkrieg, München u.a. 2003, S. 75 f. ↑