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Uraufführung eines Hasenclever-Lustspiels in Frankfurt, 12. Januar 1927

Am Schauspielhaus in Frankfurt am Main wird das 1926 veröffentlichte zweiteilige Lustspiel „Ein besserer Herr“ des expressionistischen deutschen Schriftstellers Walter Hasenclever (1890–1940) uraufgeführt. Die Regie führt der Oberspielkleiter des Schauspielhauses, Richard Weichert (1880–1961), für das Bühnenbild zeichnet Ludwig Sievert (1887–1966) verantwortlich. Hasenclevers Gaunerkomödie wird von der Kritik als Einzug der „Neuen Sachlichkeit“ auf die Bühne bezeichnet1 und entwickelt sich zu einem großen Erfolg, das den Autor zeitweise zu einem der bekanntesten Bühnenautoren Deutschlands macht. In kurzer Zeit spielen etwa 100 deutschsprachige Theaterbühnen das Werk; allein in Berlin wird das Stück zwischen März 1927 und März 1932 122 Mal aufgeführt.2

Von der Inszenierung Weicherts, dem die Komödie „Ein besserer Herr“ „in Freundschaft“ zugeeignet ist, zeigt sich Hasenclever nach der Premiere allerdings entsetzt und reist umgehend aus Frankfurt ab.

Der Autor, der seine eigenen Regievorstellungen bei Weichert nicht hatte durchsetzen können, schreibt am 18. Januar 1927 an seinen Bruder Paul:
Ein völlig verrückter und grössenwahnsinniger Regisseur, der einst von mir geliebte und verehrte Richard Weichert, hat trotz meines Protestes, den er nicht hören wollte, aus diesem leichten Komödienspiel durch sinnlose Regieeinfälle, willkürlich ausgedehnte Pausen zwischen den Szenen, durch Verwandlung bei offenem Vorhang, Musik, Filmüberschriften und Lautsprecher eine revuehafte Wirkung gemacht, die das Stück in Grund und Boden hinein schädigte. Ausserdem eine falsche Besetzung mit ganz mittelmäßigen Schauspielern, die durch den nicht klappenden technischen Apparat der Premiere völlig aus dem Häuschen geraten waren. [...]“3
(KU)


  1. Vgl. Bengt Algot Sørensen (Hrsg.), Geschichte der deutschen Literatur 2: Vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart (Beck'sche Reihe 1217). Original-Ausgabe, 2., aktualisierte Aufl., München 2002, S. 231.
  2. Michael Lentz, „Auf einmal wird es menschenleer“. Dankrede anlässlich der Verleihung des Walter-Hasenclever-Literaturpreises der Stadt Aachen am 4. November 2012, in: Jürgen Egyptien (Hrsg.), Literatur in der Moderne. Jahrbuch der Walter-Hasenclever-Gesellschaft Band 8 (2012/2013), S. 9-23, hier: S. 10.
  3. Zitiert nach Walter Hasenclever, Ich hänge, leider, noch am Leben: Briefwechsel mit dem Bruder. Herausgegeben und mit einem Nachwort von Bert Kasties, Göttingen 1997, S. 46.
Belege
Weiterführende Informationen
Empfohlene Zitierweise
„Uraufführung eines Hasenclever-Lustspiels in Frankfurt, 12. Januar 1927“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/1972> (Stand: 12.1.2022)
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