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Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe

Regierungsbildung durch Sozialdemokraten in Darmstadt, 11. November 1918

Der Hessische Arbeiter- und Soldatenrat gibt in Darmstadt bekannt, dass er den SPD-Reichstagsabgeordneten Carl Ulrich (1853–1933) zum Ministerpräsidenten und Minister des Äußeren der provisorischen Regierung Hessens ernannt hat. Die bisherige hessische Regierung erklärt daraufhin ihren offiziellen Rücktritt.1 Es folgt eine Proklamation Ulrichs, in der er kommende konstituierende Volkskammerwahlen ankündigt. Die Bevölkerung ruft er zur Bewahrung von Ruhe und Ordnung, um die Erzeugung und Überführung von Lebensmitteln sicherzustellen und einer Hungersnot vorzubeugen, auf. Beamte und Behörden werden angewiesen, trotz Regierungswechsel in ihrem Posten zu bleiben. An bürgerlich-konservativ eingestellte Bürger richtet er die Bitte, zum Zwecke des Gemeinwohls die neue Regierung trotz politischer Differenzen zu unterstützen. Zur Art der neu gebildeten Regierung äußert er sich folgendermaßen: „Die Fraktion geht dabei von dem Gedanken aus, dass die neue (provisorische) Regierung auch das Vertrauen der nicht sozialdemokratischen Bevölkerungskreise besitzen sollte. Darum ist sie bereit, bei der Bildung der neuen Regierungsgewalt auch Vertreter anderer Parteien, falls diese zur aufrichtigen Mitarbeit gewillt sind, in die Regierung mit aufzunehmen. Die Regierung soll ein Kollegialministerium sein und aus verantwortlichen Ministern, sowie Direktoren der einzelnen Ministerialabteilungen bestehen.2 Das Angebot des Regierungseintritts wird von Nationalliberalen und Bauernbund abgelehnt, während Zentrumspartei und Demokraten sich an der Neubildung beteiligen.3 Der neuen, aus sieben Mitgliedern bestehenden Regierung gehören an:

Die Regierungsbildung in Darmstadt zeigt den regulierenden Charakter der Sozialdemokraten auf die Umsturzbewegung des Novembers 1918 auf, denn durch das Mitspracherecht bürgerlicher Parteien in der neuen Regierung von Beginn an wird der weitere Einfluss des Arbeiter- und Soldatenrates schnell und bedeutend vermindert.4
(NT)


  1. Gießener Anzeiger, General-Anzeiger für Oberhessen, 12.11.1918: Der Umsturz in Hessen: Abschiedsworte der bisherigen Regierung in Hessen.
  2. Gießener Anzeiger, General-Anzeiger für Oberhessen, 12.11.1918: Eine Proklamation Ulrichs.
  3. Haren, Tobias, Der Volksstaat Hessen 1918/1919. Hessens Weg zur Demokratie (Zeitgeschichtliche Forschungen 19), Berlin 2003, S. 143 f.
  4. Haren, Der Volksstaat Hessen 1918/1919, S. 146 f.
Belege
Weiterführende Informationen
Empfohlene Zitierweise
„Regierungsbildung durch Sozialdemokraten in Darmstadt, 11. November 1918“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/238> (Stand: 6.1.2022)
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