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Erklärung des Bundes deutscher Jugend zu Aussagen Zinns, 8. Oktober 1952

Die Bundesführung des Bundes deutscher Jugend erklärt, dass es in ihrer Organisation keinen Technischen Dienst gebe, wie dies von Ministerpräsident Georg August Zinn (1901–1976; SPD) geäußert worden ist. Dieser hatte von einem „Partisanenverband“ gesprochen. Zudem sei Erhart Peters, der als Angehöriger des Dienstes genannt wurde, bereits im Juni 1951 aus dem Vorsitz des Bundes ausgeschieden. Ministerpräsident Zinn hätte zudem die beiden Vorsitzenden des Bundes zu einer Stellungnahme erreichen können, da sich einer von ihnen, entgegen der Aussage Zinns, täglich im Vorstandsbüro befunden habe.

Der Bund Deutscher Jugend (BDJ) ist ein politischer Jugendverband mit rechtsextremer und antikommunistischer Ausrichtung. Er wurde 1950 in Frankfurt am Main gegründet. Im April 1951 entstand seine geheime Unterorganisation „Technischer Dienst“. Mit dem Ziel, eine bewaffnete Partisanengruppe aufzubauen, die im Falle eines sowjetischen Angriffs eine amerikanische Machtübernahme in Osteuropa unterstützen soll, wird der BDJ bei seinen konspirativen Aktivitäten von amerikanischen Geheimdiensten unterstützt und dient den US-Behörden zur Durchführung von verdeckten Guerrilla-Trainings. Bei einer Durchsuchung der Räume des BDJ in Frankfurt am Main war den Sicherheitsbehörden am 18. September 1952 neben Abrechnungen und Haushaltsplänen, die belegen, dass der Organisation erhebliche Geldmittel zur Verfügung stehen, auch ein Karteiverzeichnis in die Hände gefallen. Darin sind Dutzende von deutschen Führungspersönlichkeiten aufgeführt, die nach Ansicht des BDJ (und seiner Unterstützer) „im Falle einer militärischen Auseinandersetzung mit der Sowjetunion als politisch unzuverlässig anzusehen wären“, und nach Ansicht der Aktivisten im „Technischen Dienst“ des BDJ als „Gegner eines deutschen Verteidigungsbeitrages oder aber Gegner des Generalvertrages und des Vertrages über die Verteidigungsgemeinschaft“ zu betrachten seien.1 Diese Personen – neben einigen KPD-Anhängern hauptsächlich Mitglieder der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) – sollten im Fall eines Kriegsausbruchs mit der Sowjetunion „kaltgestellt“ werden.

Der hessische Innenminister Heinrich Zinnkann (1885–1973; SPD) verbietet am 8. Januar 1953 den „Bund Deutscher Jugend“ als verfassungswidrige Organisation im Sinne des Artikels 9 des Grundgesetzes für das Gebiet des Landes Hessen. Tags darauf räumen Kriminalbeamte des zwölften Frankfurter Kommissariats auf Anordnung Zinnkanns die Geschäftsstelle der Bundesführung und der hessischen Landesleitung des BDJ in Frankfurt. Sämtliche Akten sowie das Mobiliar werden sichergestellt.2
(MB/KU)


  1. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 9.10.1952, S. 1: Eine Geheimorganisation ausgehoben.
  2. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.1.1953, S. 3: Der BDJ in Hessen aufgelöst.
Belege
Empfohlene Zitierweise
„Erklärung des Bundes deutscher Jugend zu Aussagen Zinns, 8. Oktober 1952“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/4120> (Stand: 8.10.2021)
Ereignisse im September 1952 | Oktober 1952 | November 1952
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