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Sowjetunion stimmt Wiedervereinigung Deutschlands zu, 10. Februar 1990

Bei einem Besuch von Bundeskanzler Helmut Kohl (1930–2017; CDU) und Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher (1927–2016; FDP) in Moskau stimmt Michail Gorbatschow (1931–2022) der deutschen Einheit grundsätzlich zu.

Die Position der sowjetischen Führung hatte sich damit in nur rund zehn Wochen – damals hatte sie das Zehn-Punkte-Programm des Bundeskanzlers nachdrücklich zurückgewiesen – grundlegend geändert. Diesen Eindruck übermittelte auch US-Außenminister James Baker (geb. 1930), der einen Tag zuvor mit Gorbatschow und Außenminister Schewardnadse (1928–2014) zusammengetroffen war. US-Präsident Bush. sen. (1924–2018) hatte die amerikanische Unterstützung der deutschen Einigung kurz zuvor in einem amtlichen und einem privaten Schreiben an den Bundeskanzler bekräftigt. Hintergrund der neuen sowjetischen Position war offenbar die Einsicht, dass sich die Lage in der DDR zusehends verschlechterte – auch der Ausreisestrom hielt an – und die von ihr erhoffte Stabilisierung durch die Regierung Modrow nicht gelang.

Unverändert blieb der Dissens in der Bündnisfrage. Gorbatschow forderte weiterhin die Bündnisfreiheit eines vereinten Deutschland; Kohl warnte vor einer Isolierung Deutschlands nach dem Muster von 1918/19. Aber in der Grundsatzfrage bestand nun Einvernehmen. Am Nachmittag des 10. Februar konnte der Bundeskanzler vor der Presse folgende Erklärung abgeben:

Generalsekretär Gorbatschow und ich stimmten darin überein, dass es das alleinige Recht des deutschen Volkes ist, die Entscheidung zu treffen, ob es in einem Staat zusammenleben will. Generalsekretär Gorbatschow hat mir unmissverständlich zugesagt, dass die Sowjetunion die Entscheidung der Deutschen, in einem Staat zu leben, respektieren wird, und dass es Sache der Deutschen ist, den Zeitpunkt und den Weg der Einigung selbst zu bestimmen.

Die mitgereisten deutschen Pressevertreter nahmen die Ergebnisse des Gesprächs zunächst sehr nüchtern auf, wie der außenpolitische Berater des Bundeskanzlers, Horst Teltschik (geb. 1940) berichtet. „Im Flugzeug gebe ich diese TASS-Erklärung dem Bundeskanzler und den Journalisten zu lesen. Viele reagieren völlig überrascht – sie erkennen erst jetzt die volle Bedeutung dessen, was in Moskau geschehen ist.“ (329 Tage, Berlin 1991, S. 143).

Am Folgetag titelt eine große deutsche Tageszeitung „Der sowjetische Staats- und Parteichef hat am Samstag in Moskau seinem Gast Helmut Kohl den Schlüssel zur deutschen Einheit überreicht.“
(OV)

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„Sowjetunion stimmt Wiedervereinigung Deutschlands zu, 10. Februar 1990“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/2516> (Stand: 10.2.2023)
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