Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Regesten der Landgrafen von Hessen

1421 Oktober 22

Wilhelm II. beschuldigt Nürnberger Bürger, den Hussiten Pulver verkauft zu haben

Regest-Nr. 8849

Überlieferung | Regest | Originaltext | Nachweise | Textgrundlage | Zitierweise
Überlieferung
Abschriften: Staatsarchiv Nürnberg, Briefbuch V, Bl. 167 (gleichzeitig).
Drucke: Palacky, Beiträge zur Geschichte Böhmens 1, S. 163.
Regesten: Urkunden der Markgrafen von Meissen Abt. B 4, S. 98 f. Nr. 160.
Literatur: Küch, Hussitenkriege, S. 283 ff.; Binder, Prager im Husitenkriege 2;
Regest
Der Rat zu Nürnberg teilt Markgraf Wilhelm II. [von Meißen] mit, der Ratsgesell Peter Volkmer habe berichtet, daß der Markgraf ihn kürzlich im her von Sacz besandt und sein Marschall Günther von Bünau ihm gesagt habe, dem Vernehmen nach habe der Nürnberger Bürger Jakob Granetel den Hussiten zu Saaz Pulver verkauft. Obwohl Granetel ein so^elicher erberer gesessner man sei, daß ihm solches nicht zuzutrauen wäre, habe ihn der Rat doch heftiklich darumb zu rede gesaczt; doch habe er durch einen starken Eid seine Unschuld erwiesen.
Datum feria IIII post XI M virginum.
In Zusammenhang damit steht vielleicht ein Verwendungsschreiben des Rates zu Nürnberg an Markgraf Wilhelm II. für die Nürnberger Bürger Jakob Granetel, Hans Lyebing und ihre Gesellschaft, denen bei Reichenbach Geld abgenommen und zu Kolmecz gepeutet worden sei. Dat. 1421 Oktober 10. [...] Nach einem weiteren Schreiben des Rates an denselben betrug nach eidlicher Aussage die Barschaft Granetels 63 ß 36 gr. Böhm., die Leyebings 100 ß Böhm. gr. Dat. 1421 Oktober 25 [...] Für die Beteiligung der meißnischen Fürsten am 2. Kreuzzug gegen die Hussiten ist die von Küch, ZHG 45, S. 283 ff. veröffentlichte Rechnung des hessischen Kammerschreibers Siegfried Schrunter eine wichtige Quelle. Während die rheinischen Kurfürsten mit den Truppen der west- und süddeutschen Fürsten und Städte sich August 23 zu Eger sammeln sollten, rückten die Meißner von Norden her über das Erzgebirge in Böhmen ein. Ihrem Heere waren die niederdeutschen und die Truppen Landgraf Ludwigs von Hessen angeschlossen. Landgraf Ludwig brach August 16 von Kassel auf, marschierte durch Thüringen in das Meißnische und traf August 27 in Freiberg ein, wo er mit Markgraf Friedrich IV. zusammentraf. Ohne Zweifel gemeinsam mit diesem zog er August 29 vor Bilin (Küch 288). Die Stadt war Juli 12, die Burg Juli 13 von den Hussiten erstürmt worden (Binder II 21). Auch den Markgrafen Wilhelm II. finden wir vor Bilin. Ferner befanden sich hier Erzbischof Günther von Magdeburg mit seinem Bruder Grafen Heinrich von Schwarzburg, de sin hovetman was (Bekenntnis des Grafen von Schwarzenburg, daß ihn Erzbischof Günther zu seinem und des Stiftes Hauptmann gegen die Hussiten gesetzt und ihn für Schaden das Schloß Egeln verpfändet habe, StA Sondershausen II Cop. Saalbuch 1 Bl. 311); er hatte an die 250 Gewappnete und 4 Schock Speisewagen bei sich, wozu die Stadt Magdeburg 40 Gewappnete, 30 Schützen und 40 Wagen stellte; auch wurde von ihr für den Herzog eine Bede erhoben, 2 Böhm. Gr. Von jedem über 12 Jahre und 1 gr. Unter 12 Jahre (Magdeburger Schöppenchronik 357). Auch Landgraf Friedrich d.J., Herzog Albrecht von Sachsen, Markgraf Hans von Brandenburg befanden sich wohl vor Bilin; - Unter denen, die ihnen Truppen zuführen, finden wir ferner den B. von Naumburg, dem die Stadt Naumburg August 25 6 Mann mit Gleven und 3 gewappnete Schützen für Markgraf Wilhelm und September 9 6 Lanzen für Markgraf Friedrich sowie 3 Speisewagen zur Verfügung stellte (K R Naumb. Bl. 276). Vermutlich lagen auch hier die Truppen, die Mühlhausen gegen die Ketzer geschickt hatte. Die Truppen, die der Vogt von Colditz September 11 dem Markgrafen Friedrich zuführte (vgl. AR Colditz Bl. 49, 80, 92, 117), erreichten das Hauptheer wohl nicht mehr vor Bilin; denn dieses, das sich bei Eger versammelt hatte, von da ostwärts gezogen war und Luditz (September 1), Maschau (September 2-4) und Kaaden (um September 5) eingenommen hatte, hob auf die Nachricht vom Anrücken eines von Prag ausziehenden Heeres (Laurenzius v. B. 511) September 12 die Belagerung von Bilin auf und zog über Brüz nach Komotau (Küch 290). Komotau, das im März in die Hände der Hussiten gefallen war (Binder II 128), war von hussitischen Hauptmann nach Zerstörung der Befestigungen verlassen worden (Laurenzius v.B. 511); das meißische Heer fand also hier keine Gelegenheit zu Kampf (ungenau die Nachricht des Chron. Thur. Bl. 212) und rückte September 12 südwärts nach der Eger (Küch 290) vor, vereinigt sich wohl bei Kaldern mit dem Hauptheere (Küch 281) und kam mit diesem Donnerstag September 18 vor Saaz an (ebd. 290) [...] Nach dem ausführlichen Bericht eines Ungenannten von September 22 war das meißnische Heer bei Kaaden mit den übrigen zusammengetroffen und mit ihnen vor Saaz gerückt, wo man vor allem beim Kampf um die Vorstädte große Verluste erlitten hatte. Die Fürsten entzweiten sich wegen der Fortsetzung des Feldzuges: die Kurfürsten von Trier, Köln und Mainz, die beiden Markgrafen von Meißen und die meisten anderen Fürsten wollten, das man von dem schloß in das lande ziechen, abbrennen und alles derschlahen solle, was man vindet, sunder sid das sloß nach siner werlicheit und besunder ihres gezuges und lute halp nit zu^e no^etende si, und ouch das man sich einen tag oder zwene bi Proge slahe, zu^e besehende, ob man mit inen zu^e stritende komen mo^ehte. Dagegen war Kurfürst Ludwig von der Pfalz der Meinung, daß der Abzug von Saaz der Christenheit schaden und die Ungläubigen stärken würde RTA VIII 101 u. 102. - Über die weiteren Ereignisse sind wir nur sehr ungenau unterrichtet. Nach Küch 291 zcugin dy herren von Sacza Oktober 2 ab, kamen Oktober 5 vor den Beheymerwald, Oktober 6 uff den wald, waren Oktober 7 zu Schönfeld s. Seyda. Wiederholt schickten die Markgrafen Friedrich IV. und Wilhelm dem Landgrafen Ludwig in dieser Zeit Fische, Wildpret, einen Hengst. Dann trennten sich die Truppen Ludwigs von dem meißnischen Heere und kehrten über Chemnitz nach Hessen zurück (Küch 281) [...].
Nachweise

Weitere Personen

Meißen, Markgrafen, Wilhelm II. der Reiche · Volkmer, Peter, Ratsgesell in Nürnberg · Bünau, Günther von · Granetel, Jakob, Bürger in Nürnberg · Lyebing, Hans, Bürger in Nürnberg · Schrunter, Siegfried · Hessen, Landgrafen, Ludwig I. · Sachsen, Kurfürsten, Friedrich I. der Streitbare · Magdeburg, Erzbischöfe, Günther II. Graf von Schwarzburg · Schwarzburg, Grafen, Heinrich · Thüringen, Landgrafen, Friedrich IV. der Friedfertige · Sachsen-Wittenberg, Herzöge, Albrecht III. · Kulmbach-Bayreuth, Markgrafen, Johann der Alchemist · Pfalz, Kurfürsten, Ludwig III., der Bärtige

Weitere Orte

Nürnberg, Rat · Meißen, Markgrafen · Thüringen, Landgrafen · Saaz · Nürnberg, Bürger · Reichenbach · Eger · Böhmen · Erzgebirge · Kassel · Freiberg · Magdeburg, Erzbischöfe · Egeln, Burg · Magdeburg, Stadt · Sachsen, Herzöge · Brandenburg, Markgrafen · Bilin · Naumburg, Bischöfe · Naumburg, Stadt · Mühlhausen · Colditz, Vögte · Luditz · Maschau · Kaaden · Prag · Brüx · Komotau · Trier, Erzbischöfe · Köln, Erzbischöfe · Mainz, Erzbischöfe · Pfalz, Kurfürsten · Böhmerwald

Sachbegriffe

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Textgrundlage

Stückangaben, Regest

UB Markgrafen von Meißen 4

Zitierweise
Landgrafen-Regesten online Nr. 8849 <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/lgr/id/8849> (Stand: 28.03.2024)