Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg

↑ Briefwechsel des Roßdorfer Musketiers Joseph Preis mit seiner Mutter, 1914-1915

Abschnitt 11: 30.3.1915: Brief des Joseph Preis an seine Mutter

Liebe Mutter !

Will Euch wieder kurz par Zeilen schreiben. Liebes Mütterchen, ich habe kaum Zeit mal einen Brief zu schreiben. Der Dienst geht morgens früh an bis zum Abend. Morgen kommen wir wahrscheinlich wieder in Schützengraben, dann schreibe ich wieder mehr, denn da haben wir mehr mäßige Zeit.

Liebe Mutter ich habe heute Abend gebeichtet und gehe morgen früh zur Hl. Kommunion. Also braucht Euch keine Gedanken zu machen. Ich war fast jeden Tag mal in der Kirche. Liebes Mütterchen, ich denke daß ich jetzt Euere Pakete und Briefe erhalten habe und auch ferner erhalten werde. Ich habe auch gestern die großen Pakete erhalten (,) die Fleischwurst und Fuldaer war noch gut, ich esse sie noch. Besonders gut schmeckte der Bienenhonig, so gut kann man doch keinen kaufen, ich schrieb Euch neulich, ihr braucht mir keinen mehr zu schicken, so könnt Ihr mir doch dann und wann ein Gläschen schicken. Liebe Mutter die 20 Mark habe ich noch nicht erhalten, ich habe mich neulich mal auf der Schreibstufe befragt, der Schreiber meinte, das dauerte so lange, ich sollte warten bis wir wieder in Ruhe kämen, wenns dann noch nicht da war, könnte man mal nachforschen. Heute habe ich die Paketchen vom 25. gekriegt(,)eins mit Butter und eins mit Leberwurst. Gestern in den Fußlappen hattet Ihr mir ja auch 2 Mark rein gelegt.

Liebes Mütterchen (,) ich glaube Ihr beschäftigt Euch ja mit nichts anders mehr, als wie mit mir. Da habt Ihr auch recht, denn was habt Ihr denn sonst noch auf der Welt. Mir geht es eben so. Ihr seid auch meine einzige Gedanken. Wenn Ihr ja nicht mehr da wäret, wollte ich gern mein Leben opfern fürs Vaterland. Aber wenn ich denke, daß Ihr noch ganz allein seit, dann kann ich mich nicht in die Lage versetzen. Ich meine gerade, liebes Mütterchen, das Herz müsste mir zerspringen, wenn ich mirs so überlege. Der liebe Gott wird uns ja wohl das eine Glück noch genießen lassen und uns wieder zusammenführen, aber dann sollt Ihr noch ein glückliches Alter geniesen.

Liebes Mütterchen, schreibt mir auch mal, wie Ihr mit der Arbeit seid und ob Ihr schon Leute habtfürn Sommer, wie die Frucht (,)Klee und überhaupt alles ist, wie Holz und was Ihr verkauft habt, und ob Ihr gut rumkommt; habt Ihr was übrig das gebt zu guten Zwecken. Schreibt auch mal, ob Ihr den Schwestern (Vincentinerinnen) schon gesagt habt, daß sie die Acker bekommen in der Amöneburger Grenze.

Mit vielen Grüßen Euer immer geliebter unvergesslicher Sohn Joseph.


Personen: Preis, Joseph · Preis, Anna
Sachbegriffe: Feldpost · Feldpostbriefe
Empfohlene Zitierweise: „Briefwechsel des Roßdorfer Musketiers Joseph Preis mit seiner Mutter, 1914-1915, Abschnitt 17: 30.3.1915: Brief des Joseph Preis an seine Mutter“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/qhg/id/74-11> (aufgerufen am 29.03.2024)