Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Regesten der Landgrafen von Hessen

1324 Dezember 19

Bestätigung der Bäckerinnung in Kassel

Regest-Nr. 809

Überlieferung | Regest | Originaltext | Nachweise | Textgrundlage | Zitierweise
Überlieferung
Ausfertigung: Staatsarchiv Marburg, Zünfte. Pergament. Siegel verloren. Abschrift (18. Jahrhundert): Staatsarchiv Marburg, Urkunden-Abschriften.
Regesten: Regesten der Landgrafen von Hessen 1 Nachdr., S. 265/266 Nr. 727.
Literatur: Brunner, Residenzstadt Cassel, S. 31.
Regest
Der Rat von Kassel (Cassele) - Gottfried von Krumbach (Crumbach), Bürgermeister, Dietrich von Homberg, Johannes Winnemari, Werner von S(tein)bul, Johannes von Munden, Hermann Huch, Heinrich von Nordshausen (Nordershusen), Hermann Conradi, Gottfried Bockeshorn, Johannes S(ceybe) der Ältere, Konrad von Hertingshausen (Hertingeshusen) und Reynhard Ancillarum, Ratmänner - und die gesamte Bürgerschaft daselbst bestätigen mit Zustimmung des dortigen Schultheißen Heinemann Siffridi, die dieser im Namen des Landgrafen Otto gegeben hat, die Innung (collegium, quod dicitur innunge) der Bäcker zu Kassel und folgende Bestimmungen: Zur Aufnahme in die Innung hat ein Fremder 2 Mark gewöhnlichen Silbers und 2 Faß Bier, ein Kasseler Bürgerssohn 1 Mark Silbers und 1 Faß Bier, der Sohn eines einheimischen Bäckers 1/2 Mark und 1/2 Faß Bier zu entrichten. Das Geld wird von den Zunftmeistern (magistri pistorum) den Schöffen übergeben, während diese das Bier für sich und die Innung behalten. Will ein fremder Knecht (servus advena) das Bäckerhandwerk erlernen (addiscere opus pistorum), so muß er 10 Schilling Kasseler Pfennige und 2 Pfund Wachs entrichten; für einen Kasseler Bürgerssohn beläuft sich das Lehrgeld auf 5 Schilling Kasseler Pfennige und 1 Pfund Wachs, dafür, daß es ihnen erlaubt ist, an den Brotbänken (ad macella panis) zu stehen. Auch von dieser Abgabe erhalten die Schöffen von den Zunftmeistern das Geld, während diese das Wachs für sich und die Innung behalten, um es für ihre Lichter zu verwenden. Nur ehelich Geborene dürfen in die Innung eintreten. Keiner darf für einen anderen den Teig kneten (pastam eruere, quod tentonice dicitur "werken") und in den Ofen schieben (infornacare, quod dicitur "steychen"), es sei denn der Vater für den Sohn (puero) oder der Bruder für den Bruder. Wer diese Vorschrift übertritt, gibt 1 Pfund (talentum) Kasseler Pfennige. Dieses Pfund wird in 3 Teile geteilt, von denen der erste dem Schultheißen, der zweite den Schöffen und der dritte den Bäckern zur Verwendung für ihre Licher zukommt. Nur wer würdig ist und das Handwerk kennt, darf in die Innung eintreten; die Zunftmeister haben in Gegenwart der Schöffen wahrheitsgemäß zu bezeugen, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind. Geringfügige Übertretungen der Backvorschriften werden mit 20 Kasseler Pfennigen geahndet. Will sich jemand ad villas Garthusenniederlassen oder wohnt er in der Umgebung der Stadt, so daß er täglich den Markt besuchen kann, so muß er unter den für die Aufnahme eines Fremden geltenden Bedingungen in die Innung eintreten, falls er auf dem Markte oder in der Stadt sein Gewerbe ausüben will. Jeder Angehörige der Innung, auch wenn er nur einmal im Jahre für den Verkauf backt, hat voll und ganz (penitus) die sogenannte Bäckersteuer (pecuniam suam, que dicitur exactio pistorum) zu entrichten. Als Entgelt für die Zahlung dieser Steuer bestätigt der derzeitige Schultheiß die Rechte und alten Gewohnheiten der Bäcker, denen zufolge sie jeden, der Brot stiehlt oder gestohlenes Brot annimmt, ein wenig verprügeln, die Haare ausraufen und schlagen (manibus aliquantulum corrigere, depilare et cedere) dürfen. Kein Müller darf innerhalb der Stadt oder in ihrer Umgebung einen Knecht Tag und Nacht beherbergen, außer wenn er etwas zum Arbeiten hat. Ist der Knecht auf der Wanderschaft (ambulans), so darf er ihn nur einen Tag und eine Nacht lang beherbergen. Übertritt ein Müller diese Bestimmung, so muß er 10 Schilling Kasseler Pfennige zahlen, die zu gleichen Teilen zwischen Schultheiß und Schöffen geteilt werden. Die Bäcker haben das Recht, zur Aufrechterhaltung der Zucht (ad cogendum se ipsos) Vorschriften zu erlassen und die Übertretung dieser Vorschriften nach eigenem Ermessen, aber mit Vorbehalt der Genehmigung von Schultheiß und Schöffen, zu bestrafen.
Siegler: die Stadt Kassel.
Datum: d. 1324 XIIII kal. Januarii.
Nachweise

Weitere Personen

Krumbach, Gottfried von · Homberg, Dietrich von · Winnemari, Johannes · Steinbul, Werner von · Munden, Johannes von, Ratsmann zu Kassel · Huch, Hermann, Ratsmann zu Kassel · Nordhausen, Heinrich von · Conradi, Hermann · Bockeshorn, Gottfried, Ratsmann zu Kassel · Scheybe, Johannes [I.] · Hertingshausen, Konrad von · Ancillarum, Reinhard, Ratsmann zu Kassel · Siegfried, Heinemann · Hessen, Landgrafen, Otto I.

Weitere Orte

Kassel, Stadt · Kassel, Rat · Kassel, Bürgermeister · Kassel, Ratsleute · Kassel, Bürger · Kassel, Schultheiße · Kassel, Bäcker, Innung · Kassel, Innungen · Kassel, Pfennige · Kassel, Garthusen · Kassel, Markt · Kassel, Bäckersteuer

Sachbegriffe

Zünfte · Bürgermeister · Ratsleute · Bäcker · Silber · Fässer · Bier · Zunftmeister · Pfennige, Kasseler · Wachs · Lehrgelder · Handwerker · Brotbänke · Lichter · Beleuchtung · Geburten, eheliche · Teige, Kneten von · Backöfen · Backvorschriften · Backen · Bäckersteuer · Brotdiebstahl · Brot, gestohlenes · Prügelstrafe · Haareausraufen, als Strafe · Müller · Müllerknechte, wandernde · Wanderschaft von Handwerkern · Märkte · Währungen, Kasseler Pfennige

Textgrundlage

Stückangaben, Regest

Grotefend-Rosenfeld, Landgrafenregesten 1

Zitierweise
Landgrafen-Regesten online Nr. 809 <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/lgr/id/809> (Stand: 17.04.2024)