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Aufforderung zu bargeldlosem Zahlungsverkehr, 28. Juni 1916

Schon zu Kriegsbeginn war an die deutsche Bevölkerung der Aufruf ergangen, alles Gold zur Reichsbank zu bringen.

In dem Artikel „Der Scheck- und Abrechnungsverkehr im Dienste der Kriegsführung“, der am heutigen Tag im „Gießener Anzeiger“ erschien, erläutert der Autor zunächst noch einmal die Notwendigkeit dieser Maßnahme. Nur durch die Ausweitung der Goldrücklagen sei es möglich gewesen, die Reichsbank in den Stand zu versetzen, den durch den Krieg außerordentlich gesteigerten Bedarf an Zahlungsmitteln zu befriedigen, ohne gegen das Bankgesetz (der sogenannte Goldanker, das heißt eine gesetzliche Dritteldeckung der Reichsbanknoten durch Gold) verstoßen zu müssen. Es folgt der Hinweis, dass es überaus wünschenswert sei, die derart erreichte Stärkung der finanziellen Kriegsbereitschaft der Reichsbank auch fürderhin durch geeignete Mittel zu erhalten bzw. zu fördern. Als geeignete Maßnahme hierfür wird die Einschränkung im Gebrauch des Zahlungsmittels selbst angesehen. Die Verbreitung von Papiergeld habe dazu geführt, dass die Deutschen ständig höhere Beträge bei sich tragen, als für die Befriedigung des täglichen Bedarfs notwendig sei, bzw. sogar größere Beträge zu Hause horte. Insofern ergeht der Appell, dass es die patriotische Pflicht eines jeden Einzelnen sei, dies zu unterlassen und sich, wann immer möglich, bargeldloser Zahlungsmöglichkeiten zu bedienen.

Die Folgen der Erscheinung werden im Anschluss eindrücklich geschildert: Der hohe Banknotenumlauf wirke sich schlecht auf das Währungsverhältnis aus, würde nicht die gesunde wirtschaftliche Lage des Deutschen Reichs widerspiegeln, ein Umstand, der dem Feind die Gelegenheit biete, dem Land in verleumderischer Weise eine finanzielle Schwäche zu unterstellen. Dem sei entgegenzutreten. Zur Pflicht eines jeden Deutschen wird deshalb erklärt, sich bei einer Bank, Sparkasse, Postanstalt o. ä. ein Scheck- und Überweisungskonto einzurichten, um auf dieses sein Bargeld einzuzahlen. Dies gewähre nicht nur eine sichere Aufbewahrung, sondern weise sogar den Vorteil einer Verzinsung auf und biete darüber hinaus die Möglichkeit, alle Zahlungen auf bargeldlosem Wege zu erledigen. Eine besondere Verantwortung bei der Förderung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs wird der Geschäftswelt beigemessen. Sie soll dafür Sorge tragen, dass auch im Kleinen größere Zahlungen, was im Großverkehr schon Usus ist, per Überweisung von Konto zu Konto bzw. per Scheck erfolgen. Jede Hundertmarknote, die als Umlaufmittel eingespart werden könne, stärke die Lage der Reichsbank.

Der Artikel schließt mit der Forderung, dem Aufruf „Alles Gold in die Reichsbank“ einen analogen Appell für Banknoten an die Seite zu stellen.
(MG)

Belege
Weiterführende Informationen
Empfohlene Zitierweise
„Aufforderung zu bargeldlosem Zahlungsverkehr, 28. Juni 1916“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/5436> (Stand: 29.6.2020)
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