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Erste Sitzung des Kuratoriums für die Verleihung des Goethepreises der Stadt Frankfurt, 28. Juli 1927

Erstmals tritt das Goethepreis-Kuratorium der Stadt Frankfurt am Main unter Vorsitz des Frankfurter Oberbürgermeisters Ludwig Landmann (1868–1945; Deutsche Demokratische Partei) zusammen. Gemäß der im Juni durch die Stadtverordnetenversammlung und den Magistrat verabschiedeten Verleihungsordnung sind außer Landmann Repräsentanten aller an der Stiftung beteiligten oder interessierten Institutionen und Gremien anwesend, darunter der SPD-Politiker Leonhard Heißwolf (1880–1957) als Vorstand der Stadtverordnetenversammlung, der Preußische Kultusminister und DDP-Politiker Carl Heinrich Becker (1876–1933), Professor Julius Petersen (1878–1941) als Präsident der Goethe-Gesellschaft, Eduard Stucken als als Vertreter der Sektion für Dichtkunst der Preußischen Akademie der Künste, die Literaturwissenschaftler Prof. Franz Schultz und Prof. Hans Naumann (1886–1951) als Vertreter der Philosophischen Fakultät der Universität Frankfurt, der Goetheforscher Alfred Biese (1856–1930) als Vertreter des Verwaltungsrates des Freien Deutschen Hochstifts, Bernhard Diebold als Vertreter der Frankfurter Presse und Guido Herzfeld als Vertreter des Frankfurter Bundes für Volksbildung. Zum ständigen Sekretär des Kuratoriums wird der aus Wiesbaden stammende Journalist und Theaterautor Alfons Paquet (1881–1944) berufen. Die selbstgesteckte Maßgabe des Kuratoriums besteht darin, „in Distanzierung von anderen Dichterpreisen und von mäzenatischen Aspekten“ eine „im goethischen Geist“ „universale Persönlichkeit“ zu finden.1

Laut Stiftungssatzung ist der mit einer Summe von 10.000 Reichsmark dotiert Preis, der ab 1927 alljährlich am 28. August in Goethes Frankfurter Geburtshaus am Großen Hirschgraben überreicht wird, solchen Persönlichkeiten zugedacht, „die mit ihrem Schaffen bereits zur Geltung gelangt sind und deren schöpferisches Wirken einer dem Andenken Goethes gewidmeten Ehrung würdig ist“. Oberbürgermeister Landmann betont, dass es sich bei der Ehrung nicht im eigentlichen Sinne um einen Dichterpreis handelt, sondern um eine Auszeichnung, die einer universalen Persönlichkeit auf dem Gebiet der Dichtkunst, der Wissenschaft oder eines Zweiges der Wirtschaftswissenschaft zuteil werden solle.

Bei der Entscheidung über die Nominierung des ersten Preisträgers kann sich der neben Stefan George vorgeschlagene Adolf von Harnack (1851–1930), einer der bedeutendsten protestantischen Theologen und Kirchenhistoriker der Jahrhundertwende, nicht durchsetzen. Der Preis, der aus einer auf Pergament geschriebenen Urkunde und dem Preisgeld besteht, wird genau einen Monat später dem Schriftsteller Stefan George verliehen, der seine Nominierung aber ablehnt und zunächst die Annahme des Goethepreises verweigert.
(KU)


  1. Hanna Leitgeb, Der ausgezeichnete Autor. Städtische Literaturpreise und Kulturpolitik in Deutschland 1926–1971, Berlin u. a. 1994, S. 66.
Belege
Empfohlene Zitierweise
„Erste Sitzung des Kuratoriums für die Verleihung des Goethepreises der Stadt Frankfurt, 28. Juli 1927“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/4770> (Stand: 21.2.2022)
Ereignisse im Juni 1927 | Juli 1927 | August 1927
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