Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg

↑ Jakob Ebersmann, Berichte aus der Heimat in den Dieburger Feldbriefen, 1915-1917

Abschnitt 17: Zweitägiges Großes Gebet, Prozession durch Dieburg

[Nr. 17] Feldbrief vom 21. Oktober 1915

Am letzten Mittwoch und Donnerstag halten wir hier das große Gebet. An anderen Orten der Diözese findet diese eucharistische Feier nur einen Tag lang statt. In Dieburg sind 2 Tage vorgesehen, weil die katholische Gemeinde groß ist und allen Gelegenheit geboten werden soll, sich an den Betstunden zu beteiligen. Die Beteiligung war recht gut. Ich brauche Euch wohl nicht zu schreiben, wofür so viele ihre Pater noster und Ave Maria zum Himmel emporsandten. Sie beteten für ihre Lieben, die fern von der Heimat auf fremder Erde den Existenzkampf für unser Vaterland ausfechten, für unser ganzes deutsches Heer und seinen obersten Krieg-Herrn, um Frieden. Wir haben es übrigens doch gemerkt, daß viele Männer nicht zu Hause sind. Die Männerwelt war lange nicht so gut vertreten wie in früheren Jahren. Besonders bei der Prozession sah man dies. Wir konnten die Prozession auch nicht, wie es in der letzten Zeit üblich war, um 6 Uhr halten, sondern mußten sie schon auf 4 Uhr verlegen. Wie schön war es sonst, wenn wir bei eingetretener Dunkelheit mit dem Allerheiligsten durch die Straßen der Stadt zogen, wo Tausende von Lichtern zu Ehren des sakramentalen Heilandes angezündet wurden und den Prozessionsweg erhellten. Diesmal waren die Häuser wohl mit Fahnen und Bildern und Devotionsgegenständen recht schön geschmückt, aber die herrliche Beleuchtung fehlte. Der Mangel an Beleuchtungsgegenständen und die hohen Preise dafür waren die Ursache davon. Hoffen wir, daß nach Wiederherstellung des Friedens unsere Prozession im nächsten Jahre um so großartiger wird. Und dann sollt ihr alle dabei sein, um dem Allerhöchsten für Euere und des Vaterlandes Rettung zu danken.

Zur Unterstützung der deutschen Kriegsgefangenen in Rußland wurde kürzlich eine besondere Sammlung veranstaltet. In Dieburg ergab die Sammlung, die vom Alice-Frauenverein besorgt wurde, den Betrag von 575 Mk.

Durch Verleihung des eisernen Kreuzes wurden ausgezeichnet Gefreiter Friedrich Kreß und Musketier Georg Lang; dem Gefreiten Franz Wohlfarth wurde die hessische Tapferkeitsmedaille verliehen. Dieselbe Ehrung erfuhr auch Ersatz-Reservist Franz Braun, der leider inzwischen seiner Verwundung erlegen ist.

Auf dem Felde der Ehre fielen Lehrer Johannes Sattig 349, 2. Franz Jakob Dähler 144, 7. Ernst Joseph Enders 118, 2 und Kaspar Joseph Wick 87, 3. R. i. p.


Personen: Ebersmann, Jakob · Kreß, Frfiedrich · Lang, Georg · Wohlfahrt, Franz · Braun, Franz · Sattig, Johannes · Dähler, Franz Jakob · Enders, Ernst Joseph · Wick, Kaspar Joseph
Orte: Dieburg · Russland
Sachbegriffe: Gebet, großes · Prozessionen · Kriegsgefangene · Sammlungen · Alice-Frauenverein · Eisernes kreuz · Gefreite · Musketiere · Tapferkeitsmedaillen · Lehrer · Verwundete · Gefallene
Empfohlene Zitierweise: „Jakob Ebersmann, Berichte aus der Heimat in den Dieburger Feldbriefen, 1915-1917, Abschnitt 5: Zweitägiges Großes Gebet, Prozession durch Dieburg“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/qhg/id/19-17> (aufgerufen am 29.03.2024)