Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Regesten der Landgrafen von Hessen

1294 Mai 7

Heinrich I. kauft Teile der Burg Schartenburg

Regest-Nr. 362

Überlieferung | Regest | Originaltext | Nachweise | Textgrundlage | Zitierweise
Überlieferung
Ausfertigung: Staatsarchiv Marburg, Generalrepertorium Schartenberg. Zweiseitig beschriebenes Pergament. Siegel ab.
Regesten: Wenck, Hessische Landesgeschichte 2, UB, S. 237 Anm. zu Nr. 233 (der statt Schreckenberg irrtümlich Schartenberg sagt); Regesten der Landgrafen von Hessen 1 Nachdr., S. 122-124 Nr. 340; Riedesel zu Eisenbach 2 S. 9, Nr. 27.
Literatur: Rommel, Geschichte von Hessen 2, Anm. S. 55 Nr. 34; Landau, Ritterburgen 1, S. 360.
Regest
Kassel. - Die Brüder Steben (Stebeno), Johann und Dietrich von Schartenberg (Szartenberg) verkaufen dem Landgrafen Heinrich für 660 Mark schwerer Pfennige der in Warburg (Warberg) gültigen Währung drei Teile des Schlosses Schartenberg und der umliegenden Gerichte (jurisdictiones), mit Ausnahme allein des Gerichtes in Ehrsten (Erste), sowie die Hälfte ihres Hofes (curia) auf dem kleinen Schreckenberg (Szrekenberg) mit der Hälfte der von der genannten Burg Schartenberg bis zu dem gewöhnlich Gusencrince genannten Ort liegenden Äcker. Von der Kaufsumme sind 150 Mark binnen acht Tagen nach Übergabe (presentatio) der Burg zu zahlen, in demselben Monat weitere 150 Mark, die übrigen 360 Mark Juni 24 (am Tage Johannis des Täufers) in Gegenwart von Zeugen im Hause Johann von Helfenbergs, Heinrich von Rodersens (Rudersen) oder Werner von Gudenburgs, denen die Brüder ihre Anteile an der Burg übergeben. Spätestens aber bis kommenden Pfingsttag müssen die Brüder wegen dieses Verkaufes mit dem Propst Luipold (von Nörten) einen Gerichtstag abhalten (diem placiti servare); wenn auf diesem Tage die Ritter und gerichtsfähigen (idonei) Männer urteilen, daß die Brüder den früher mit dem Propste Luipold wegen Schartenberg abgeschlossenen Verkaufsvertrag ohne Beeinträchtigung ihrer Ehre nicht widerrufen können, so sind sie verpflichtet, dem Propste das Schloß zu überlassen. In diesem Falle haben sie dem Landgrafen, der ihnen bis dahin Burghude (burchude) leisten muß, binnen acht Tagen das gezahlte Geld zurückzuerstatten. Lehnt dagegen der Propst diesen Gerichtstag ab oder werden die Brüder durch Urteilsspruch von der Pflicht der Innehaltung des mit dem Propste seinerzeit abgeschlossenen Kaufvertrages entbunden, so versprechen sie, den mit dem Landgrafen eingegangenen Vertrag innezuhalten. Nach Empfang des Schlosses wird der Landgraf den Brüdern als Burglehen jährlich 15 Mark schwerer Pfennige in seinen Häusern, die jetzt Steben und Johann bewohnen, zahlen. Diese Häuser verbleiben dem Landgrafen und müssen von den Brüdern geräumt werden, sobald er selbst dort wohnen will. Nach seinem Fortgang dürfen die Brüder wieder diese Häuser beziehen oder der Landgraf erbaut ihnen an dem "forburg mitelste" genannten Orte Wohnhäuser; auch wird dem Dietrich auf Verlangen ein Haus angewiesen werden. Die Brüder sind dem Landgrafen gegenüber zu den landesüblichen Diensten verpflichtet; hingegen muß der Landgraf zwei Töchter des Steben in irgendeinem Kloster mit Pfründen versorgen. Die Ausstattungsgüter der Pfarrkirchen, über die jene Brüder das Patronat haben, die abgaben- und lehenfreien Güter sowie die in dem jetzt verkauften Gebiete verbleibenden eigenen Leute sind von allen Diensten, Steuern (exactio) und Beden (angaria) befreit. Der Landgraf verteidigt die Brüder gegen alle Angreifer, besonders gegen den Erzbischof von Mainz und den Grafen von Waldeck (Waldecke). Ferner bekennen die Brüder, die genannten Gerichte (judicia) von dem zu Johannis fälligen Gelde für den Landgrafen zurückkaufen zu müssen, mit dem Zusatz, daß, falls die derzeitigen Pfandinhaber dieser Gerichte die Herausgabe verweigern, die Brüder zusammen mit Freunden des Landgrafen am Gerichtstag jenen entgegentreten und beweisen werden, daß die Gerichte nicht für eine höhere Summe, als sie zahlen wollen, verpfändet sind; oder die Brüder werden es auch durch einen Eid beweisen und nachher dem Landgrafen nach Maßgabe des durch die Ritter und gerichtsfähigen Leute gefundenen Urteils Bürgschaft leisten. Der Landgraf muß den Brüdern bei ungerechtfertigten Angriffen dieser Gegner auf ihre Besitzungen Beistand leisten; jene aber haben das Schloß dem von dem Landgrafen noch zu bestimmenden Manne zu Lehen zu geben. Landgraf Heinrich und Junker Heinrich, sein Erstgeborener, geloben Innehaltung aller dieser Bestimmungen und versprechen den Brüdern, ihnen eine Urkunde hierüber auszustellen. Bürgen: Heinrich von Romrod (Romerode), des Landgrafen Marschall, die Ritter Ludwig genannt Kalb (Calp) und Thammo, der Vogt Johann Riedesel (Rithesel), Gumpert genannt Minkel, Schultheiß in Gudensberg; ferner die Ritter Dietrich von Elben (Elbene), Hermann von Wolfershausen (Wolfershusen), Konrad von Uschlach (Uslach), Wigand von Röhrenfurth (Ronefort), Willikin genannt Hasse, Hermann ante Valvam, Gerlach von Grifte (Grifede), Herr Otto von Falkenberg (Valkenberg) und Eckhard von Felsberg (Velsberg). Diese Bürgen werden die Innehaltung des Vertrages durch eigene Urkunden geloben, ebenso noch zwei Mitglieder der Familie von Bischoffshausen (Biscofeshusen), die ihre Urkunden überschicken werden. Ist den Verkäufern nicht bis Juni 24 die fällige Summe bezahlt, so sind Johann von Helfenberg, Heinrich von Rodersen und Werner von Gudenburg verpflichtet, den Brüdern die Burg wieder zuzustellen gegen Rückgabe (reservatis) der von dem Landgrafen am ersten Termin gezahlten 150 Mark; hierzu soll Landgraf Heinrich seine Einwilligung erklären; auch müssen die genannten drei Freunde des Landgrafen den Brüdern burchhude leisten. Die ersten fünf Bürgen werden ohne Leistung des Einlagers (obstagia non jacendo) ihren Verpflichtungen nachkommen, andernfalls müssen die übrigen Bürgen in Kassel zum Einlager einreiten.
Siegler: die Stadt Kassel (Casle). Datum: d. et a. in Casle 1294 feria sexta post festum b. Walpurgis.
Von einem zwischen den Brüdern von Schartenberg und dem Propst von Nörten abgeschlossenen Kaufvertrag über die Burg Schartenberg ist urkundlich nichts weiter bekannt.
Nachweise

Weitere Personen

Schartenberg, Stephan [I.] von · Schartenberg, Johann von · Schartenberg, Dietrich von · Hessen, Landgrafen, Heinrich I. · Helfenberg, Johann [I.] von · Rodersen, Heinrich von · Gudenberg, Werner [I.] von · Nörten, Luipold von, Propst · Felsberg, Eckhard [I.] von · Falkenberg, Otto [I.] von · Grifte, Gerlach [II.] von · Valvam, Hermann von · Röhrenfurth, Wigand von · Hase, Willikin [I.] · Wolfershausen, Hermann von · Uschlag, Konrad von · Hessen, Landgrafen, Heinrich d.J. · Romrod, Heinrich von · Kalb, Ludwig · Thammo, Ritter · Riedesel, Johann [I.] · Minkel, Gumpert · Elben, Dietrich [I.] von

Weitere Orte

Kassel · Warburg, Währung · Schartenberg, Burg · Ehrsten, Gerichte · Schreckenberg, Hof · Gusencrince · Mainz, Erzbischöfe · Waldeck, Grafen · Gudensberg, Schultheiße

Sachbegriffe

Brüder · Verwandte · Verkäufe · Burgen · Währungen, schwere Pfennige · Währungen, Warburger · Pfennige, schwere · Gerichte · Höfe · Äcker · Zahltermine · Zeugen · Pröpste · Gerichtstage · Ritter · Männer, gerichtsfähige · Burghut · Burglehen · Häuser, räumen von · Dienste, landesübliche · Töchter, Versorgung von · Klöster · Pfründe · Pfarrkirchen, Ausstattung von · Erzbischöfe · Grafen · Pfandinhaber · Pfänder, Auslösen von · Eide · Bürgen · Marschälle · Vögte · Schultheiße

Textgrundlage

Regest

Grotefend-Rosenfeld, Landgrafenregesten 1

Stückangaben

Grotefend-Rosenfeld, Landgrafenregesten 1; Becker, UB Riedesel

Zitierweise
Landgrafen-Regesten online Nr. 362 <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/lgr/id/362> (Stand: 28.03.2024)