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Regesten der Landgrafen von Hessen

1414 Juni 16

Marburg erhält eine neue Verfassung

Regest-Nr. 2906

Überlieferung | Regest | Originaltext | Nachweise | Textgrundlage | Zitierweise
Überlieferung
Abschriften: Staatsarchiv Marburg, Kopiar 4, Nr. 367, Bl. 97v-98.
Drucke: Küch, Rechtsgeschichte Marburg 1, S. 133-136, Nr. 80
Regesten: Demandt, Regesten Kopiare 1, S. 278 Nr. 741.
Regest
Landgraf Ludwig [I.] gibt der Stadt Marburg eine neue Verfassung, die er nach einem längeren Eingangs- und vor einem entsprechenden Schlußprotokoll in 11 Punkten spezifiziert in Anwesenheit zahlreicher Heimlicher, Amtleute und Getreuer des Landgrafen.
Siegel des Ausstellers.
D. sabbato post festum beatorum Viti et Modesti martirum sub a. d. 1414.
Küch, Rechtsgeschichte Marburg 1 Nr. 80 nach dem großen Stadtbuch mit dem Tagesdatum ipso die beati Albani martiris (= Juni 21).
Originaltext
Wir Ludewig von gots gnaden lantgrave zcu Hessen bekennen vor uns unde unser erben uffintlich in dissem briefe, als wir deme rate unde den gemeynen burgern zu Marpurg, unsern lieben getruwen, bestediget unde confirmert han ire alden briffe, gnade, friiheid, gute gewonheid unde herkommen, als sie bii unsern voraldern unde furstenthum zu Hessen herbracht han, also han wir mit biiwesen des hochgebornen fursten hern Heinrichs herezogen zcu Brunßwig unde Lüneburg, unsers lieben swagers, der unser rechtir Vormunde ist, unde anders unser rete unde frunde von Hessen unde bii der Loyne ire alden briefe unde gesetze unde auch nuwe brieffe unde satzunge, die unser vater lantgraffe Hermann seliger gedechtnisse en gegeben had, gehort. Unde nachdem als es itzund in allen unsern steden hie diessied des Spyßes in mancherhande gebreche gelegen ist, so han wir en zcu besserunge unde durch gemeynes notzes willen unsir lande unde lute soliche genade getan unde tun in disseme brieffe, als hernach geschreben steed.
1. Czum irsten das in der vorgenanten unser staid zcu Marpurg eyn gancz folkommen rait vorbasser sin unde bliben sal, als das von alder gewest, gehalten unde herkommen ist. Unde der rait sal es auch damidde vorbasser also halten. Unde die viere, die die gemeynde bii den rait gegeben unde gesatzt hat, das sal vorbasser me abe sin, die wir auch also abetün in unde mit craft diessis briefs.
2. Auch sal der rait in unser vorgenanten stad Marpurg alle ire bede, geschoß, sture unde hulffe, als dicke des noid ist, setzen uff ire eyde, als glich unde redelich ist, deme armen alse deme riehen.
3. Was auch guts unde erbes zu Marpurg bie unsers vatters lantgraven Hermans seligen getziiten uffgegeben unde mit den zcinsen gemynnert sin, unde auch was Sache der egenante unser vatter seliger zcuschen unsern burgern daselbis zu Marpurg gescheiden unde gerichtet hat, dabii sal es bliben, doch ußgenommen soliche briefe, die den rait unde gantze gemeynde vorgerürt anetreffen, dy unser herre vatter seliger besundern zcuschen en gegeben hat, unde die satzunge von den vieren uß der gemeynde vorgerurt antreffende, die man uns widdergeben sal ane widderrede.
4. Auch woln wir, das der rat zcu Marpurg vorgenant keyne scholt vorbasser uff sich unde die egenante unser staid machen, verbrieffen, verkouffen oder versetzen soln zuliben oder anders hinder uns bii iren eyden, die sie uns getan han, ane unsern wissen unde volbort.
5. Es sal auch der egenante rat allezciid, wann sie rechen woln zu meye unde zfi herbiste, uns das lassen wissen in iren brieffen. Dabii woln wir, als digke des noid ist, eynen oder zcwene uß unserm raide senden, dii dabii sin soln. Unde wen dieselben uß der gemeynde datzu nemen, die sie dungket datzu gud sin, vor den soln sie rechen, das ydermann glich geschee, unde das tun yn allen Sachen, die die staid von rechenunge wegen anetreffen.
6. Auch soln scheffen unde rait, die an gerichte plegen zu sitzen, urteil sprechen unde an gerichte geen deme armen als deme riehen unde das nymande verhalten, ane alle geverde.
7. Auch were da Sache zu schigken had vor unserm gerichte oder anders, datzu man bewiisunge bedarff, soliche bewisunge sal unde mag man wol unde mit rechte tun mit zeweien frommen, unbesprochen, unverlumundten, bydderben mannen. Unde was man mit den also bewiset, das folget billich unde dorch recht.
8. Der vorgenante rat, gemeyne burgere unde stad soln auch, obe wir lantgrave Ludewig unde unser erben sture und hulffe bedorfften, uns zuleigen nach irer vermogede, als getruwe burgere irem rechten herren pliechtig sin, nachdeme ire alden brieffe, von unsern aldern gegeben, das auch also inhalten, ane alle geverde.
9. Man sal auch halten alle nuwe zeunfftbrieffe, die wir ytzund geben, nachdeme das yn unsers landes gemeynen nötz erkant ist.
10. Es sal auch die vorgenante unser staid bii deme ungelde, das itzund ist, bliben, ire schuld zu betzalnde, biis das wir sie eyn anders heißen.
11. Auch sal der vorgenante raid alle jar setzen unde obirkommen umbe das bruwen, was eyn iglich burger uff daz jar bruwen sulle, unde nicht me, als sie das uff ire eyde erkennen unserm slosse zeum besten, eyme als glich als deme andern, das man auch bii der buße also halten sal.
Unde wir lantgrave Ludewig vorgenant woln, das hiemitde der egenante rad unde gemeynde derselben staid umbe alle zeweyunge, missehelle unde spenne, abe der was umbe diesser vorgeschrieben Sache willen zcuschen en gewest weren, genczlich unde gruntlich gerichtet unde gancz abe sin, unde disse vorgeschrieben artikel vorbasser von en stede unde veste gehalten werden bii iren eyden, die sie uns getan han. Hiebii ober unde an sin gewest die edeln Johann grave zeu Solmße unde Heinrich herre von Schonenberg, her Dieterich von Wyterßhusen, comthur des Dutzschen huses daselbs bii Marpurg, her Gerlach unde her Johann von Breidenbach gebrudere, her Hermann Trotte, her Dieterich Roide, her Wigand von Hatzfeld, her Reynhart von Swalbach, rittere, Tiele von Elben, Hartmud unde Philips Milchelinge gebrudere, Wolff von Wolffirshusen, Eghard von Rorenfurte, Hans von Eysenbach, Ebirhard Schengke der junger, Gotdefrid von Hatzfeld genant der Ruwe, unser lieben heymelichen, amptlude unde getruwen, unde anders vil erbar lute, unser manne unde borgmanne. Diesses zu urkunde han wir unser ingesigel an diessen brieff tun hengken. Datum ipso die beati Albani martiris sub anno domini millesimo quadringentesimo quarto decimo.
Nachweise

Weitere Personen

Hessen, Landgrafen, Ludwig I.

Weitere Orte

Marburg

Sachbegriffe

Verfassungen · Schlußprotokolle · Eingangsprotokolle · Heimliche · Amtmänner · Getreue

Textgrundlage

Stückangaben, Regest

Demandt, Regesten 2.1

Zitierweise
Landgrafen-Regesten online Nr. 2906 <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/lgr/id/2906> (Stand: 25.04.2024)