Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg

↑ Der erste Kriegsmonat im Offenbacher Abendblatt, August 1914

Abschnitt 6: 1.8.1914: Veröffentlichungsverbot über Truppen


Im Laufe des gestrigen Nachmittags ist vom Reichskanzler noch folgendes

Verbot der Veröffentlichung von Truppenbewegungen

erlassen worden:

"Auf Grund des § 10 des Gesetzes gegen den Verrat militärischer Geheimnisse vom 3. Juni 1914 (Reichsgesetzblatt Seite 195)1 verbiete ich bis auf weiteres die Veröffentlichung von Nachrichten über Truppen- oder Schiffsbewegungen oder über Verteidigungsmittel, es sei denn, daß die Veröffentlichung einer Nachricht durch die zuständige Militärbehörde ausdrücklich genehmigt ist.
Zu den Nachrichten, deren Veröffentlichung verboten ist, gleichviel ob sie sich auf Deutschland oder einen fremden Staat beziehen, sind besonders zu rechnen:
1. Aufstellung von Truppen als Grenz-, Küsten- und Inselschutz. Überwachung der Hafeneinfahrten und Flußmünden.
2. Maßnahmen zum Eisenbahnschutz und zum Schutze des Kaiser Wilhelm-Kanals und Aufstellung der dazu bestimmten Truppen.
3. Angaben über den Gang der Mobilmachung. Einberufung von Reserven und Landwehr und Klarmachen (Ausrüstung) von Schiffen.
4. Aufstellung einer Formationen und ihre Bezeichnung.
5. Eintreffen von Kommandos in den Grenzgebieten zur Vorbereitung der Einquartierung.
6. Bau von Rampen auf den Bahnhöfen im Grenzgebiete durch Eisenbahntruppen und Zivilarbeiter.
7. Einrichtung von Magazinen in den Grenzgebieten und Aufkäufe von Vorräten durch die Militär- und Marineverwaltung.
8. Abtransport von Truppen und Militärbehörden, von Geschützen, Munition, Minen und Torpedos aus den Garnisonen und Richtung ihrer Eisenbahnfahrt.
9. Durchfahrt oder Durchmarsch von Truppen anderer Garnisonen und Richtung der Fahrt und des Marsches.
10. Eintreffen von Truppenabteilungen aus dem Inland und der Grenzen und Angabe über Ausladestationen und Quartiere.
11. Stärke und Bezeichnung der in den Grenzgebieten aufmarschierenden Truppen.
12. Angabe der Grenzgebiete, wo sich keine Truppen befinden oder wo die Truppen weggezogen werden.
13. Namen der höheren Führer und ihre Verwendung und etwaiger Kommandowechsel.
14. Angaben über den Abtransport und das Eintreffen der höheren Kommandobehörden und des großen Hauptquartiers.
15. Störungen der Eisenbahntransporte durch Unfälle und Unbrauchbarwerden von Eisenbahnen und Brücken.
16 Arbeiten an Festungen, Küsten und Feldbefestigungen.
17. Bereitstellen von Wagenparks und Arbeitern für Zwecke des Heeres oder der Marine.
18. In- und Außerdienststellen von Kriegsschiffen.Aufenthalt und Bewegungen von Kriegsschiffen.
20. Fertigstellung und Auslegung von Sperren und Ausrüstung von Schiffen mit Minen.
21. Veränderungen von Seezeichen und Löschen der Leuchtfeuer.
22. Beschädigung von Schiffen und ihre Ausbesserung.
23. Besetzung der Marine-Nachrichtenstellen.
24. Bereitstellung, Herrichtung und Beschlagnahme von Schiffen der Kauffahrtei-Marine für Zwecke der Marine; Aenderung der Ordres.
25. Bereitstellung von Docks.
26. Veröffentlichung von Briefen von Angehörigen des Heeres oder der Marine ohne Einverständnis der in der Heimat verbliebenen Militärbehörden.
Die vorsätzliche Zuwiderhandlung gegen das Verbot wird mit Gefängnis oder Festungshaft bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bis zu 5000 Mark bestraft.

Berlin, den 31. Juli 1914.

Der Reichskanzler

[Offenbacher Abendblatt vom 1. August 1914]


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Orte: Berlin
Sachbegriffe: Zeitungen · Offenbacher Abendblatt · Reichskanzler
Empfohlene Zitierweise: „Der erste Kriegsmonat im Offenbacher Abendblatt, August 1914, Abschnitt 18: 1.8.1914: Veröffentlichungsverbot über Truppen“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/qhg/id/161-6> (aufgerufen am 23.04.2024)