Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg

↑ Jakob Ebersmann, Berichte aus der Heimat in den Dieburger Feldbriefen, 1915-1917

Abschnitt 7: Kriegsopfer und Neugeborene, Erstkommunionfeiern

[Nr. 7] Feldbrief vom 4. April 1915

Bis jetzt hat der Krieg schon ziemlich viele Opfer von Dieburg gefordert. Es fielen auf dem Felde der Ehre 33 Katholiken, 4 Protestanten und 1 Jude. Ich rechne dabei alle mit, die in Dieburg geboren wurden, wenn sie zuletzt hier auch nicht mehr ihren Wohnsitz halten. Außerdem werden noch einige vermißt. Es ist gewiß ein hoher Prozentsatz von Familien, die zu den Blutopfern für das Vaterland herangezogen wurden. Es fand aber auch bereits ein gewisser Ausgleich statt. In dem ersten Vierteljahr 1916 wurden schon 40 Kinder getauft, und merkwürdiger Weise ist das männliche Geschlecht dabei besonders stark vertreten. Man meint gerade, unser lieber Herrgott wolle rechtzeitig für Ersatz der Gefallenen sorgen. Von einer größeren Anzahl der Neugeborenen steht der Vater im Feld. Die jungen Mütter freuen sich schon darauf, ihren Ehegatten bei der siegreichen Rückkehr die Kleinen in die Arme legen und zum Kusse darreichen zu können.

Eine Dieburger Ersatz-Kompagnie stellen auch die 80 Jungen dar, die am Palmsonntag aus der Volksschule entlassen wurden, lauter stramme Bürschchen, die ihren Vätern und Onkels und Brüdern, welche sich jetzt auf verschiedenen Kriegsschauplätzen auszeichnen, einmal Ehre machen werden. Sicher haben sie den besten Willen dazu.

Auch am Weißen Sonntag wird ein kleines Reserve-Bataillon sich der katholischen Gemeinde in der Kirche vorstellen. Es gehen 76 Knaben und 63 Mädchen zur ersten HI. Kommunion. Unter ihnen befinden sich manche, deren Väter gegenwärtig für das Wohl des Vaterlandes kämpfen und der Familienfeier nicht beiwohnen können. Mögen sie wenigstens eifrig für ihre Kinder beten, damit diese mit reinem Herzen zum Tisch des Herrn hinzutreten.

Ein großartiges häusliches Fest wird übrigens in diesem Jahre am Weißen Sonntag nicht stattfinden. Mehl zum Kuchenbacken wird nicht verabfolgt. Der Ernst der Zeit verlangt, daß von einem Hochzeitsschmaus und anderen Vergnügungen abgesehen wird. Auch kostbare Geschenke und unnötiger Aufwand in der Kleidung sollen vermieden werden. Ich habe diesen Wunsch bereits vor einiger Zeit in der Kirche ausgesprochen und hoffe, daß man auch nach dem Kriege an der schlichten Einfachheit der häuslichen Feier festhalten wird.


Personen: Ebersmann, Jakob
Orte: Dieburg
Sachbegriffe: Juden · Gefallene · Neugeborene · Schulentlassung · Ersatkommunion · Kuchen
Empfohlene Zitierweise: „Jakob Ebersmann, Berichte aus der Heimat in den Dieburger Feldbriefen, 1915-1917, Abschnitt 7: Kriegsopfer und Neugeborene, Erstkommunionfeiern“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/qhg/id/19-7> (aufgerufen am 26.04.2024)