Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg

↑ Feldpostbriefe und Feldpostkarten an den Bürgermeister in Buchenau, 1914

Abschnitt 10: Feldpostbrief des Soldaten Heinrich Müller vom 14.10.1914


Feldpostbrief des Soldaten H. Müller an Bürgermeister Muth in Buchenau vom 14. Oktober 1914 aus Frankreich.

Brief (Umschlag nicht erhalten)

Text:
Sanatorium Waldesruh1, den 14.10.14
Meine Lieben!
Mit dankbarem Herzen ergreife ich das Blei (weil die Franzmänner in der Tinte sitzen) um Euch ihr Lieben einmal wissen zu lassen wies bei uns geht und für das liebe Paketchen welches ich gestern Abend erhalten habe meinen besten Dank zu sagen. Will Euch … einmal kurz einige Momente von unserm Feldzug schildern:
Am 29. August bekamen wir unverhofft von einem Forts von den 21 [?] von starker Feldartillerie heftiges Feuer. Wir konnten den Kampf wegen der weiten Entfernung nicht damit aufnehmen und gingen infolgedessen schleunigst in Deckung. Am 26. August hatten wir den schlimmsten Tag, den wir bis jetzt hatten. Wir fuhren Morgens um 10 Uhr in Stellung und bekamen außer Infanterie- und Feldartilleriefeuer auch noch solches von schwerer Festungsartillerie. Wir hatten unsere Batterie innnerhalb 2 Stunden 21 Mann Verluste (Tot und verw.). Von da ab waren wir 4 Wochen Tag und Nacht ununterbrochen in [S. 2] heftigem Feuer. Wir sind nicht aus den Kleidern und die Pferde nicht aus dem Geschirr gekommen. Bei Brie2.sind wir 8 Tage in so starkem Feuer gewesen, daß unsere Kanoniere wegen zu starkem Feuer von Festungsartillerie die Geschütze mußten stehen lassen. Dann haben wir dieselben nachts aus Feuerstellung geholt und sind in eine andere Stellung gefahren. Wir hatten so starkes Feuer, daß ohne Gottes Hand keiner davongekommen wäre. Dieselbe war auch greifbar nahe. Eines Abends trug ich mit einem Kanonir Essen in die Feuerstellung, da kamen 2 Granaten 2 cm und schlugen 20 m neben uns ein.Wir bekamen den Rücken voll Erde, schüttelten denselben etwas und gingen davon. Bis jetzt haben wir 31 Mann Verlust.
Lebt herzlich [?] wohl.
Viele herzliche Grüße sendet Euer Nachtbar
H. Müller


  1. Scherzhafte Bezeichnung der Soldaten für den Schützengraben, siehe Nr. 22
  2. Wahrscheinlich gemeint ist der französische Ort Briey (Département Meurthe-et-Moselle), nordwestlich von Metz

Personen: Müller, Heinrich · Muth, Bürgermeister
Orte: Buchenau · Frankreich · Briey · Metz
Sachbegriffe: Feldpost · Feldpostbriefe · Feldpostpakete · Forts · Feldartillerie · Infanterie · Festungsartillerie · Gefallene · Verwundete · Pferde · Artilleriekämpfe · Kanoniere · Granaten
Empfohlene Zitierweise: „Feldpostbriefe und Feldpostkarten an den Bürgermeister in Buchenau, 1914, Abschnitt 11: Feldpostbrief des Soldaten Heinrich Müller vom 14.10.1914“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/qhg/id/146-10> (aufgerufen am 24.04.2024)