Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg

↑ Karl Bickel, Kriegspredigt in der Marktkirche zu Wiesbaden, 1915

Abschnitt 8: Frauen und Männer im Dienst am Vaterland

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Es stünde auch schlimm um unser Volk und Vaterland, wenn nur die Männer Helden wären und nicht auch die Frauen, die von Gott berufenen Priesterinnen des Hauses, von denen die Söhne deutschen Heldensinn und Opfermut empfangen sollen. Aber, Gottlob, auch unsere Frauenwelt ist sich ihrer großen vaterländischen Pflichten und Aufgaben wohl bewußt. Es ist eine der erfreulichsten Erscheinungen dieser Zeit und darf uns mit stolzer Freude erfüllen, daß Tausende und Abertausende deutscher [S. 16] Frauen und Jungfrauen in dieser großen Zeit die schönsten und tiefsten Seiten ihres Wesens entfalten und Frauenhand und Frauengeist dem Staate und Vaterland die großzügigsten Hilfskriegsdienste leisten. Und wenn Frauentreue und Mannenopfer im Kampfe fürs Vaterland sich heldenmütig die Hände reichen, dann hat's keine Not, dann dürfen auch wir uns des Wortes getrösten: „Werfet euer Vertrauen nicht weg, welches eine große Belohnung hat." (Ebr. 10, 35.)

Die Kriegsberichterstatter erzählen, daß unser Kaiser sich jüngst am Schluß seiner Geburtstagsfeier im Hauptquartier noch besonders an die Journalisten gewandt und ihnen für ihre patriotische Kundgebungen gedankt habe, indem er hinzufügte: „Noch eins merken Sie sich, daß mein Grundsatz auch für diesen Krieg das Wort des Reformators von Schottland, John Knox, ist: „Ein Mann mit Gott ist immer in der Majorität." Ich denke, liebe Freunde, das wollen auch wir uns merken. Ein starkes, männliches Gottvertrauen hilft durch die schwersten Zeiten, auch durch diese furchtbare Kriegszeit hindurch. Und wenn, wie erzählt wird, der Befreier Ostpreußens, Feldmarschall Hindenburg neulich den Ausspruch getan hat, dieser Krieg werde durch die Nerven gewonnen werden, so hat er selbst durch sein „demütiges Gottvertrauen", das seine Schwester als den „Grundzug seines Wesens und die Wurzel seiner Kraft" bezeichnet, uns gezeigt, wo wir die rechte Nerven- und Seelenstärke zu suchen haben. Gott und Vaterland gehören zusammen. Wo dieser Gedanke alle Herzen verbindet, hilft er ihnen tragen die gemeinsame Not. aber läßt sie auch hoffen auf die Durchhilfe zum endlichen Sieg. Das „mit Gott" gibt unserer Vaterlandsliebe die rechte Ruhe, die höchste Weihe und die beste Kraft. Darum: Mit Gott für Kaiser und Reich, für König und Vaterland! Das Reich muß uns doch bleiben!

Amen.


Personen: Bickel, Karl · Wilhelm II., Deutsches Reich, Kaiser · Knox, John · Hindenburg, Paul von
Orte: Wiesbaden
Sachbegriffe: Kriegspredigten · Patriotismus · Nationalismus · Vaterlandsliebe
Empfohlene Zitierweise: „Karl Bickel, Kriegspredigt in der Marktkirche zu Wiesbaden, 1915, Abschnitt 8: Frauen und Männer im Dienst am Vaterland“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/qhg/id/133-8> (aufgerufen am 20.04.2024)