Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Regesten der Landgrafen von Hessen

1575 September 14

Bierordnung für Kassel

Regest-Nr. 16639

Überlieferung | Regest | Originaltext | Nachweise | Textgrundlage | Zitierweise
Überlieferung
Abschriften: Staatsarchiv Marburg, 17f, Nr. 1790, 18. Jahrhundert, Papier. Überschrift: Ordnung wie eß hinfuro alhier in dieser festenung und stadt Cassel des bierbrauens und schanks halben angefangen, ins werk gerichtet und darob gehalten werden solle.
Regest
Landgraf Wilhelm IV. von Hessen und die Stadt Kassel geben eine Bierordnung für Kassel.

Wortlaut der Datierung

auf dem tag Crucis dieses siebentzig funften jahrs

Originaltext
Erstlich nachdem bis dahero viel unordnung mit dem bierbrauen an diesem ort dermaßen eingerißen, daß nicht allein daraus entlich ein gemein geschrei ervolgt, besondern auch gesagt, das allenthalben in den umbliegenden stetlein beßer bier dan alhier gebrauet werde, derhalben dan der durchleuchtige hochgeborne unser g. furst und herr landgrave Wilhelm zu Heßen etc. hiebevor selbst dem rat alhier in gnaden bevohlen, uf mittel und wege zu denken, damit man an diesem ort in s. f. g. festunge und statt Caßel auch hinfuro gut bier wie an andern orten brauen möchte. So haben demnach zuvolge furstlichen bevelich in namen und von wegen s. f. g. deroselben obristen bevehlichaber der edel und ehrnvest Georg von Scholley, schultheiß Johan Metzger, rentmeister Henrich Andres sampt burgermeister und einem erbarn rat dieser festunge und stadt Cassel und anstadt dero breuer Cunrad Wallenstein, Jost Crafft, Görge Holtz und Hanß Kleinschmidt ratsfreunde, Merten Cramhart und Clauß Wagener burger zu Cassel uf nachvolgende wege gedacht, damit und wie der breuer vor seine muhe, der gemeine man etwas vor sein gelt haben und diese statt auß dem zugelegten bösen gerucht kommen mochte. Nemblich eß soll hinfuro ein mas gut bier vor vier pfennige gekauft und bezahlet, aber darjegen auch diese ordenung in allen puncten observiret und gehalten werden.
Anfenglich soll ein jeder breuer zu einem gantzen gebräu bier sechs und zwantzig virtel winterbraufrucht alß gersten, weitzen, dinkel, wie dan auch sommergersten und andacht nehmen also: Dieweil in der möhlen ein fas zugericht und geeichet, darinnen die 26 virtel
gersten oder maltz uf viermal gefullet und gestrichen, darvon zuvorderst unserm g. f. und hern zu Heßen etc. das multer gegeben. Da aber die mehlwoge ufgerichtet, so soll das maltz auch gewiegen und durch ein gewiße proba also gemahlen. Wo aber ein brauer zu einem bier mehr dan die 26 virtel nemen wolte [!], solches soll ihme freystehen, doch das nicht mehr dan nachvolgende pfannen meisch gegoßen werden sollen. Uf solche obbeschriebene vier maß maltzes sollen zehen pfannen meisch und eine halbe pfanne waßers, damit der hopfen gesotten, und zum letzten zwo pfannen waßers uf die meischbudden zur lankwel und eine halbe pfannen waßers zum letzten hopfen und mehr nicht gegoßen werden. Eß sol [!] auch kein breuer gemeltzte oder ungemeltzte hafern unter das maltz vermengen oder mahlen oder auch allein mahlen laßen und welcher daßelbe ubertreten wird, sol [!] zehen taler unnachleßig zur straf erlegen. Wo auch befunden, daß der muller hieruber einem oder mehr brauern hafern mahlen, der oder die sollen so oft es geschicht ungenedig mit dem torn und darzu einer geltbuß gestraft werden.
Damit nun diese vor- und nachbeschriebene ordnung vleißig gehalten und ins werk gerichtet werden moge, so sollen zwen erbare ufrichtige menner alß dieser dinge ufseher geordnet, welche an eids statt sich obligiren und angeloben sollen, ein vleißiges und treuliches ufsehens zu haben, daß gemelt maltz volnkomlich in die möhlen geliefert, gemeßen und in dem brauhause aller in die meisch genommen, darmit nichts untergeschlagen noch einige gefehrde gepraucht werden moge.
Wie die bier gebrauen, also sollen sie auch auf der reige aufgetan und geschenkt werden, doch soll keiner seinem selbst gefallen nach sein bier aufzutun macht haben, eß sey oder were ihme dan zuvor durch die geschworene erlaubt, auch das bier gesetzt und geschatzt worden, also das gut biers wert erachtet umb vier pfennige, darnach die lankwel nach gelegenheit umb zwen oder drey heller. Wan nun einem durch die geordenten setzer sein bier aufzutun erlaubt und bevohlen wurde, so soll derselbige breuer einen wisch stecken, darbeneben ein schwartzbret vor sein hauß gehenkt, an welchem der wert des biers und lankwels soll geschrieben werden, darmit menniglich daßelbe zu sehen haben und sich darnach richten mogen. Eß soll auch keinem breuer, er sey auch gleich wer er wolle, hinfurter geschroden werden, das schenken und der wisch sei dan zuvor an ihme, bey straf funf gulden. Darzu soll auch keiner mehr dan sechs fas biers verschroden bey itztbenanter bues, jedoch hierin jeder zeit die gelegenheit der zeit und menge des biers angesehen und vorbehalten.
Nachdem auch etzliche umb eines geringen genießes willen daß bier zu fastenszeit in brauhausungen fullen, darnach daßelbige vor alt bier und eines pfeniges [!] teurer verkaufen, solches soll hinfurter keinem mehr verstattet, er sey gleich ein breuer oder ander inwohner, sondern kein maß bier, es sey alt oder jung, teurer und höer nicht dan wie es gesetzt, nemblich umb 4 pfennige gegeben und verkauft werden, bey buß und poen funf gulden.
Und dieweil die geordenten zwen ufseher des bierbrauens und schetzens halber sich nicht geringer arbeit und muehe undernemen mußen, damit ihnen dan jegen ihren vleis ein pilliches widerfahren und darjegen etwas zu belohnung haben mögen, so soll ein jeder breuer, so oft und wan er ein pfanzeichen lösen wird, den pfannenmeistern zwen albus uber das vorige deputatum geben, darvon gemelten ufsehern gelohnet werden sol [!].
Eß sollen auch die braumeister einen leiblichen eyd zu Gott und seinem heiligen wort schweren, das ein jedes maltz, so durch die obersten verordenten ufseher besichtiget, aller in die zehen pfannen meisch kommen, uf das mit solchem treulich umbgangen und deswegen kein geferde gepraucht werde.
Item wan einer sein bier verschenkt hat, so soll er darauf verdacht sein, daß die lankwell noch bey ihme im keller zu finden, nemblich zwölf zöeber. Dieselbige langwel soll ihme von den geordenten geschworenen geschetzt und gesatzt werden zu drey oder 4 hellern nach gelegenheit, alß sie gut oder gering ist, bey peen zehen gulden und in einem jahr nicht zu brauen. Es soll auch kein breuer keßelbier brauen und ober die langwell mit dem guten bier verschlißen hette, dieselbige darmit zu erstatten und das sie unterm schein der langwell zur besichtigunge bey ihme funden wurde sich darmit zu beschonen. Welcher nun hierinnen verdechtig betreten, derselbige sol [!] gemelter zehen gulden buß gewertig und deß brauens ein jahr beraubt sein.
Und damit solchem in brauen durch die breuer vorkommen und verhindert, so soll dem muller bey seinem eyde eingebunden werden, das er keinem breuer uber vier metzen maltz in einem monat mahlen soll. Wurde aber einer oder mehr befunden, das er auch außwendig maltz liese mahlen und daßelbige zum einbrauen, der oder die sollen, so oft man dieses befinden oder darhinder kommen konte, mit funf gulden gestraft, es were dan sache, das einer zu seiner selbst haußhaltunge bedurftig were, so soll ihme auch daßelbige gleich andern burgern gegönnet werden.
Darjegen soll auch verboten sein, das niemands der nicht ein breuer ist bier in keßeln zugericht und gebrauen in oder außwendig der statt verkaufen soll, bey buß 10 f., so oft einer damit wißentlich kan [!] besagt werden. Item eß soll auch kein braumeister einem unterschuiren [!], er habe dan zuvor die zeichen in der acciß ufm rathause und bey den pfannenmeistern gelost, darzu sich bey den ufsehern befragt, ob sich auch der bräuer welchem sie wollen ubersetzen dieser ordenung so viel hierzu von nöten und den articuln hab gemes verhalten.
Item es soll auch keiner mehr dan dreymal jahrs zu brauen vergönnet. Da aber das brauen der dreyer bier herumher und es an bier mangeln wurde, da dan einer oder mehr, die noch alt maltz hetten und daßelbige brauen wolten [!], solches solte [!] ihnen zugelaßen, doch mit dem bescheid, daß sie ins ander jahr und ins neue loth gebrauen werden.
Diese ordnung, wie dieselbige aufs pappier bracht, sol [!] auf dem tag Crucis dieses siebentzig funften jahrs angefangen, die breuer und menniglich deren verstendigt, auch darob mit allem vleiß gehalten werden.
Daß zu urkund haben wir obgenanten wegen hochgedachtes unsers g. f. und herrn landgraven Wilhelm zu Hessen und gemeiner statt Cassel uns mit eigen handen unterschrieben. Geben und geschehen im jahr und tag alß obstehet.
George von Scholley
Johan Metziger Henrich Andreß
Wilhelm Spede etc.

Sprache des Originaltextes

deutsch

Nachweise

Aussteller

Hessen, Landgrafen, Wilhelm IV. · Kassel, Stadt

Weitere Personen

Scholley, Georg von · Metzger, Johann · Andres, Heinrich · Wallenstein, Konrad · Craft, Jost · Holtz, Georg · Kleinschmidt, Hans · Cramhart, Merten · Wagener, Klaus

Weitere Orte

Kassel (Stadt Kassel)

Sachbegriffe

Landesordnungen · Bierordnung · Bier, Brauen von · Schultheiße · Rentmeister · Bürgermeister · Festungen · Bürger · Brauer · Gerste · Braufrüchte · Weizen · Dinkel · Mühlen · Malz · Maische · Hopfen · Hafer · Brauhäuser · Bier, Festpreis für · Brauaufseher · Braumeister · Handwerker, Müller · Braurechte · Rathaus · Pfannenmeister

Textgrundlage

Stückangaben, Regest

Eckhardt, Stadtrechtsquellen Kassel

Original

Eckhardt, Stadtrechtsquellen Kassel

Zitierweise
Landgrafen-Regesten online Nr. 16639 <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/lgr/id/16639> (Stand: 29.03.2024)