Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg

↑ von Holly, Kämpfe des Infanterie-Regiments Nr. 116 aus Gießen an der Maas, 1914

Abschnitt 1: Vormarsch auf die Maas bei Mouzon

[65-67]
Tagebuch des Oberleutnants von Holly des hessischen Infanterie-Regiments Nr. 116 (XVIII. Armeekorps)

Am Morgen des 26. August überschritten wir auf einer Pontonbrücke westlich Linay1 den Chier2 und gingen gegen die bereits vom Feinde verlassenen Höhen vor. [S. 66] Alsbald traten wir den weiteren Vormarsch auf Vaux3 an. Als wir kurz vor Vaux aus dem Walde heraustraten, gerieten wir in eigenes Artilleriefeuer, das einem über uns kreisenden französischen Flieger galt. Kurz vor Vaux auf der rechten Seite der Marschstraße lag ein heruntergeschossenes feindliches Flugzeug, dem ich einen Besuch abstattete; ich fand aber nichts und hatte mich schon so auf eine gute französische Karte gespitzt. Unter dem zerschmetterten Apparat waren Blutspuren. In Vaux wurde aus Feldküchen gegessen, feindliche Flieger kreuzten dauernd über uns. Sie wurden von den Maschinengewehrkompagnien und einzelnen Kompagnien befeuert, wobei einer unserer Leute totgeschossen wurde, wir biwakierten am 26. nordöstlich von Vaux, scheußliche Regennacht. Am 26. und 27. kämpfte unsere Artillerie gegen feindliche Artillerie auf den jenseitigen Maashöhen. Am Abend des 27. traten wir den Vormarsch über Mouzon4 an. Die Maasbrücke war von den Franzosen gesprengt. Am jenseitigen Ufer befand sich noch feindliche Artillerie. Als wir auf einem Brückensteg über die Trümmer der gesprengten Maasbrücke die jenseitige Vorstadt erreichten, krepierten dicht über unseren Köpfen eigene Schrapnellschüsse, die den feindlichen Schützengräben galten, so daß wir zunächst nicht weiter vorkonnten. Gleich nach Überschreiten der Maas fanden wir verschiedene tote Franzosen, darunter in einem Scheuneneingang einen großen dicken Kerl, von dem wir alle nicht recht wußten, was er eigentlich war. Er lag auf dem Gesicht, ich drehte ihn um und erkannte, daß es ein französischer Offizier war, der über seinen Waffenrock einen blauen Leinenkittel trug, auf dessen Ärmel ganz klein die Gradabzeichen waren. Wir biwakierten diese Nacht auf den Straßen von Mouzon. Ich schlief mit dem Major in einem von mir für diese Nacht requirierten Zimmer. Am nächsten Morgen, am 28., wurde um etwa 4 Uhr der Vormarsch über eine Pontonbrücke hart nördlich Mouzon auf Beaumont5 angetreten. Die Straße führte durch das ziemlich stark zerschossene Faubourg6, dann zunächst über offenes Feld, um nachher rechts und links von bewaldeten Höhen eingesäumt zu werden. Alsbald kam von einer Kavalleriepatrouille die Meldung, daß hinter uns stärkere feindliche Infanterieabteilungen sein sollten. Es wurde deshalb alsbald eine Kompagnie zur Seitendeckung auf die Höhen östlich der Straße vorgeschoben. Als unsere Vorhut soeben den südlichen Waldrand in der Richtung auf Beaumont verlassen hatte, wollte der General den Beobachtungswagen rechts der Straße auf der mit Hafer bestandenen Höhe auffahren lassen. Kaum hatte der Wagen die Straße verlassen, so wurde ein lebhaftes und vernichtendes feindliches Feuer auf nahe und nächste Entfernungen von den im hohen Hafer verborgenen Franzosen fühlbar. Es wurde das III. Bataillon des Regiments eingesetzt, um den anscheinend schwächeren Feind von der Höhe zu vertreiben; bald entwickelte sich rechts daneben das II. Bataillon, während das I. Bataillon zunächst noch auf der Straße zur Verfügung des Regimentskommandeurs stand, von den bereits entwickelten beiden Bataillonen waren jedesmal beim Heraustreten aus dem Walde die Offiziere und sonstigen Zugführer anscheinend von rückwärts ab- bzw. angeschossen worden. Das I. Bataillon erhielt daher den Befehl, mit Teilen den Waldrand nach versteckten Franzosen abzusuchen. Es wurden Franzosen auf den Bäumen und in Anstandslöchern, die mit Strauchwerk zugedeckt worden waren, gefunden und erledigt. Alsbald erhielt auch das I. Bataillon den Befehl, links zu verlängern und die linke Flanke zu schützen. Eine [S. 67] eigene Artilleriestellung war in dem Waldgelände schwer zu finden.


  1. Ort im Département Ardennes, etwa 25 km südöstlich Sedan.
  2. Rechter nebenfluss der Maas südöstlich Sedan.
  3. Vaux lès Mouzon, Ort westlich Linay im Département Ardennes.
  4. Stadt an der Maas im Département Ardennes, etwa 18 km südöstlich Sedan.
  5. Bisher nicht sicher identifiziert.
  6. Bisher nicht sicher identifiziert.

Personen: Holly, von, Oberleutnant
Orte: Sedan · Linay · Chiers · Vaux · Mouzon · Maas · Beaumont · Faubourg
Sachbegriffe: Artillerie · Flugzeuge · Flugzeugabstürze · Feldküchen · Maschinengewehrkompagnien · Franzosen · Brückensprengungen · Schrapnells · Gefallene · Offiziere · Biwaks · Kavallerie · Beobachtungswagen · Generäle
Empfohlene Zitierweise: „von Holly, Kämpfe des Infanterie-Regiments Nr. 116 aus Gießen an der Maas, 1914, Abschnitt 15: Vormarsch auf die Maas bei Mouzon“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/qhg/id/126-1> (aufgerufen am 25.04.2024)