Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Regesten der Landgrafen von Hessen

1552 vor April 27

Kriegsbegründung Kurfürst Moritz von Sachsen und Landgraf Wilhelms von Hessen gegen den Kaiser

Regest-Nr. 16372

Überlieferung | Regest | Originaltext | Nachweise | Textgrundlage | Zitierweise
Überlieferung
Ausfertigung: Staatsarchiv Marburg, Urk. 1, Nr. 4871 ⟨Altsignatur: Staatsarchiv Marburg, Samtarchiv, Schublade 39, Nr. 16⟩.
Stückbeschreibung: Papier, Druck.
Regest
Offenes Schreiben des Kurfürsten Moritz von Sachsen, Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg und Landgraf Wilhelms von Hessen an alle Kurfürsten, Fürsten und Stände des Heiligen Römischen Reiches als Begründung, warum sie sich, obwohl sie Friede für das Reich wünschen, gezwungen sehen, in den Krieg zu ziehen:
1. Der Kaiser verunglimpft die Aussteller gegenüber ausländischen Potentaten und hetzt auch die Verbündeten gegeneinander auf. Unter dem Vorwand, den Religionsfrieden zu wahren, versucht er seine politische Macht auszubauen. Er hat mehrere gegebene Zusagen gebrochen, sobald es ihm opportun erschien. Auch versucht er die im Augsburger Beschluß zugestandene Ausübung der evangelischen Religion einzuschränken, in dem er z.B. Prediger ausweisen und verbannen läßt.
2. 1547 hat der Kaiser dem Kurfürsten Moritz von Sachsen und dem Kurfürsten Joachim von Brandenburg zugesichert, daß er den Landgrafen Philipp von Hessen nach seiner Kapitulation und einem Fußfall vor dem Kaiser nicht mit Gefangenschaft bedrängen würde. Der Landgraf hat dieser Zusicherung getraut, wurde aber nach seinem Fußfall in Halle ohne Wissen der beiden Kurfürsten verhaftet und sitzt seither schmälich in Haft, obwohl sowohl Kurfürst Moritz, als auch der Kurfürst von Brandenburg und die Landgräfin Christine von Hessen sowie Ritterschaft und Landschaft sich für ihn beim Kaiser eingesetzt haben und auch alle Bedingungen der Kapitulation erfüllt wurden: das Strafgeld wurde bezahlt, Geschütze, Pulver und Munition ausgeliefert, Festungen geschliffen, die Herzöge von Braunschweig freigelassen, die Kinder des Landgrafen haben die Kapitulation ratifiziert, Adel und Landschaft ebenfalls den entsprechenden Eid geleistet und als Bürgen die Kurfürsten von Brandenburg und Sachsen und Pfalzgraf Wolfgang gesetzt usw. Der Kaiser möge zudem an die vielen Dienste, die die Vorfahren der Aussteller seinen Vorfahren bzw. die Aussteller selbst ihm und seinem Bruder, dem römischen König, geleistet haben, denken. Trotzdem ist Landgraf Philipp weiterhin in Haft und wird zudem immer von Neuem mit Klagen überzogen, die keinerlei Wahrheitsgehalt besitzen. Dabei sind die Gerichte parteiisch besetzt und so wird dem Land Hessen nach und nach Stücke entzogen, so daß letztendlich die Kinder des Landgrafen keine Grundlage mehr haben werden, ihren fürstlichen Stand aufrecht zu erhalten. Der Kurfürst von Sachsen hat wegen der Erbverbrüderung mit Hessen ein lebhaftes Interesse daran, daß dies nicht geschieht. Die Aussteller äußern die Befürchtung, daß der Kaiser nicht beim Landgrafen von Hessen stehen bleiben wird, sondern danach auch andere Fürsten mit Klagen überziehen will, um schließlich unbeschränkt herrschen zu können.
Kurfürst Moritz sieht sich arglistig getäuscht und weist alle Schuld an der Gefangennahme des Landgrafen Philipp von sich. Landgraf Wilhelm stimmt dem oben geschriebenen zu und hebt auf Grund der gebrochenen Zusagen die Kapitulation mit diesem Brief auf.
3. Der Kaiser läßt schon seit Jahren fremde Truppen im Deutschen Reich lagern, die von den Fürsten und ihren Untertanen versorgt werden müssen. Dabei kommt es immer wieder zu Übergriffen seitens der einquartierten Truppen, dazu noch die immer wieder steigende Steuerlast. Abgehaltene Reichstage sind nicht mehr beschlußfähig, da verschiedene Fürsten gehindert werden, teilzunehmen. Die Aussteller äußern den Verdacht, der Kaiser strebt nach alleiniger Herrschaft, wie es schon in anderen Ländern zu beobachten ist.
Da ihre Vorfahren viel Blut vergossen haben, um die Freiheiten, die sie heute genießen, zu erkämpfen und sie nicht daran Schuld sein wollen, wenn ihre Kinder diese Freiheiten nicht mehr besitzen, sehen sie sich gezwungen, dem Kaiser den Krieg zu erklären. Damit wollen sie sich vom Joch befreien und Landgraf Philipp und Herzog Johann Friedrich von Sachsen befreien. Sie bitten mit diesem offenen Schreiben um Unterstützung bei den Kurfürsten, Fürsten und Ständen und versprechen in diesem Fall, sich freundlich gegenüber ihnen zu verhalten. Alle diejenigen, die aber den Kaiser heimlich oder offen unterstützen, sollen ebenfalls mit Krieg überzogen werden.

Wortlaut der Datierung

1552.

Weitere Informationen

Siehe die Antwort des Kaisers auf diese Beschwerden von 1552 April 27.

Nachweise

Aussteller

Sachsen, Kurfürsten, Moritz · Hessen, Landgrafen, Wilhelm IV. · Mecklenburg, Herzöge, Johann Albrecht I.

Weitere Personen

Karl V., Kaiser · Ferdinand I., Kaiser · Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzöge, Heinrich II. · Sachsen, Kurfürsten, Johann Friedrich · Brandenburg, Kurfürsten, Joachim I. Nestor · Hessen, Landgrafen, Christine, Frau Philipps des Großmütigen, geb. Herzogin von Sachsen · Hessen, Landgrafen, Philipp der Großmütige

Weitere Orte

Halle/Saale (Sachsen-Anhalt)

Sachbegriffe

Kriegserklärungen · Kurfürsten · Religion · Gefangene, Freilassen von · Kapitulationen · Söhne · Herzöge · Kaiser · Könige · Reichstage

Textgrundlage

Stückangaben, Regest

am Original

Zitierweise
Landgrafen-Regesten online Nr. 16372 <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/lgr/id/16372> (Stand: 20.04.2024)