Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg

Inhalt

↑ Otto Frhr. von Brandenstein, Der Ausmarsch des Garde-Dragoner-Regiments Nr. 23 aus Darmstadt, 1914

Abschnitt 5: Einmarsch in Frankreich, Vorgehen gegen Franktireurs

◀ [18-] Einmarsch in Frankreich, Aufklärungsgefechte gegen den Othain- und Chiers-Abschnitt, 7. bis 12. August 1914

Der 7. August brachte uns die erste Berührung mit dem Feind. 5.00 vorm. brach das Rgt. von Holzem auf und marschierte 7.30 vorm. an der Spitze des Gros der 3. Kav. Div. über Leudelingen, Bettenburg, Schifflingen nach Esch. Unter Hurra überschritt das Rgt. 10.30 vorm. bei Villerupt die franz. Grenze. Von Esch aus marschierte das Rgt. über Bréhain-la Cour, Bréhain-la Ville in das Höhengelände nördl. Fillières, wo die Div. eine Bereitschaftsstellung einnahm.

Eine Patrl. unter Lt. Graf von Bredow über Ville au Montois auf Boismont erhielt in letztgenanntem Ort Feuer von franz. Infanterie, durch welche der Drag. Moll (4. Esk.) fiel. So hatte das Rgt. am ersten Tag auf franz. Boden seinen ersten Toten zu beklagen. Er wurde auf dem Friedhof in Boismont beigesetzt.

Gegen Abend wurden dem Rgt. zur Ruhe die Orte Morfontaine (St., 4. und 5. Esk.) und Laix zugewiesen. Quartiermacher wurden vorgeschickt und die „maires“ von ihnen verwarnt, daß die Einwohner sich nicht feindlich verhielten; würde auf uns etwa geschossen, so müsste der Ort durch Erschießen der Männer und In-Brand-Setzen der Häuser leiden. Das Einrücken des Rgts. schildert Lt. v. Storch in seinem Tagebuch wie folgt:

„Nach anstrengendem Marsch bezogen wir bei Dunkelwerden in strömendem Regen das erste Feindesquartier Morfontaine. Alle Häuser fanden wir verschlossen. Erst nach energischem Anklopfen wurden sie von den finster aussehenden Einwohnern geöffnet. Ich hatte meinen Zug gerade untergebracht und revidierte die Quartiere, als aus einer Dachluke plötzlich ein Schuß fiel. Ich drang gleich mit einigen Dragonern in das Haus ein, fand den Täter aber nicht. Schließlich beim Durchsuchen des Gartens entdeckte ich hinter einem Gebüsch einen alten Mann, der bei meinem Anblick mit einer Flinte auf mich anlegte und haarscharf an mir vorbei schoß. Den [S. 19] hinterlistigen Franktireur traf das Los, das er verdient hatte. Auch aus anderen Häusern hatte es geschossen. Die Täter wurden nur zum Teil ermittelt und der Androhung entsprechend bestraft“.

In Laix waren die Verhältnisse ähnlich, dort wurde der Res. Dedio durch Bauchschuß verwundet.

Da sich die Orte zur genügenden Überwachung als zu groß erwiesen, wurden sie unter Festnahme einiger stark verdächtiger Einwohner geräumt. Sie wurden am Abend und am folgenden Morgen auf höheren Befehl in Brand gesteckt. Das Rgt. bezog 8.20 abends etwa 1 km. nordöstl. Baslieux Biwak.

Lt. Prinz Stolberg schrieb über diese Nacht:

„Wir mussten in der Nacht bei strömendem Regen im Freien bleiben, was ohne Zelte wenig angenehm war, und erhielten fortgesetzt Feuer von allen Seiten. Verpflegung bekamen wir nicht, da die große Bagage wegen des langen Marsches von der Div. angehalten war. Unsere Leute waren bewundernswert. Ein Posten, der die ganze nach kein Auge zugetan hatte, sagte mir, als ich vorbeikam; Herr Leutnant, fest steht und treu die Wacht am Rhein!“

In Morfontaine war Gefr. Lochmann (4. Esk.) durch einen Schrotschuß verwundet worden.

Wir waren an diesem Tage 46 km marschiert. ▶