Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Regesten der Landgrafen von Hessen

1427 Mai 20

Märkerding in Groß-Gerau

Regest-Nr. 12822

Überlieferung | Regest | Originaltext | Nachweise | Textgrundlage | Zitierweise
Überlieferung
Ausfertigung: Staatsarchiv Marburg, Urk. 1, Nr. 283 ⟨Altsignatur: Staatsarchiv Marburg, Samtarchiv, Schublade 31, Nr. 4⟩.
Stückbeschreibung: Völlig vermodert.
Abschriften: Staatsarchiv Marburg, K. Kopiar, 377, etwa gleichzeitig; Staatsarchiv Darmstadt, Weistümer, Groß-Gerau, etwa gleichzeitig; Staatsarchiv Marburg, Katzenelnbogen, 16. Jahrhundert; Staatsarchiv Darmstadt, K. Weistumsbuch, fol. 9, 16. Jahrhundert.
Drucke: Grimm, Weisthümer 1, Nr. 493 (unrichtig und verkürzt).
Regesten: Staatsarchiv Marburg, Ziegenhainer Repertorium I, fol 251; Staatsarchiv Marburg, Ziegenhainer Repertorium XIII, fol. 88v; Kasseler Repertorium II, S. 33; Demandt, Regesten Katzenelnbogen 2, S. 943-945 Nr. 3340.
Regest
Am 20. Mai 1427 standen im Dorfe Gerau dort, wo man gewöhnlich das Märkergericht zu halten pflegt, in Gegenwart des unten genannten Schreibers Graf Philipp von Katzenelnbogen, Junker Hermann von Rodenstein, Amtmann Graf Johanns von Katzenelnbogen, Hans Nothaft, Johann von Geroldstein (Gerhart-), Hans von Steinach, Gerhard vom Stein, Hans von Rohrbach, Johann Bach von Waschenbach, Konrad von Grebenroth, Friedrich von Hohenstein, Gilbrecht Rabe von Frankfurt, Johann von Michelfeld, Heinrich von Stromberg gen. von Leyen und die Eigenleute und Märker folgender Dörfer: Groß-Gerau, Dornberg, Berkach, Wallerstädten, Altloch, Hamelsburg, Büttelborn, Klein-Gerau, Worfelden, Schneppenhausen, Braunshardt, Weiterstadt, Gehaborn, Gräfenhausen, Wixhausen und Arheilgen,die von Graf Johann von Katzenelnbogen nach altem Recht zum Märkerding nach Gerau entboten waren.
Diether von Hadamar, Diener Graf Johanns, fragte, ob das Märkerding rechtmäßig und nach altem Herkommen ausgerufen und geboten worden sei. Er stellte diese Frage an Peter Schmied von Arheilgen zur Antwort, der sich mit den Märkern darüber beriet und sie bejahte. Darauf richtete der gen. Diether an Henne Odeln Sohn die Frage, wer das Märkerding zu gebieten und zu hegen habe. Dieser antwortete nach Beratung mit den Märkern, daß der Katzenelnbogener Graf zu zwei Teilen und der von Heusenstamm, der Gräfenhausen innehabe, zum dritten Teil das Ding zu gebieten habe; da jedoch die Grafen das Dorf Gräfenhausen pfandweise besäßen, könnten sie das Ding alleine gebieten und ausrufen lassen wann sie wollten und wann es nötig sei. - Darauf hegte Diether das Gericht im Namen Graf Johanns und stellte an Grawen von Arheilgen zur Entscheidung, ob es rechtmäßig gehegt wäre, was dieser nach Besprechung mit den Märkern bejahte.
Anschließend fragte Diether Arnold Hofmann aus der Braunshadt, was ein Märker, der zum Ding aufgeboten sei und nicht komme, verloren habe. Dieser antwortete nach Besprechung mit den Märkern, daß einer, der trotz Aufgebots nicht erscheine, 20 Pf., die so gut wie 18 alte Heller wären, jedem Märker zu geben habe und außerdem sein Märkerrecht verliere. Diether stellte darauf an Peter Schmied von Arheilgen die Frage, wie sich ein ausbleibender Märker rechtswirksam entschuldigen (vernoitboten) solle. Dieser antwortete nach Beratung mit den Märkern, daß ein solcher dem Schultheißen und Heimbürgen seines Dorfes persönlich vorbringen (verschinboden) solle, daß er wegen Krankheit des Leibes oder eines anderen rechtmäßigen Notstandes wegen nicht zu dem Märkerding kommen könne. Das sollen dann Schultheiß und Heimbürgen dem Märkerding persönlich vorbringen und anzeigen (verschinboten).
Diether fragte, in dem er es an Albrecht von Gräfenhausen zum Entscheid stellte, wieviel Förster man haben sollte, um die Mark zu behüten und zu beforsten, worauf dieser nach Beratung mit den Märkern antwortete: drei Förster, einen zu Dornberg, einen zu Gräfenhausen und den dritten zu Arheilgen. Findet einer der Förster jemanden, der die Mark schädigt, ohne selbst in der Lage zu sein, diesen zu bestrafen oder zu pfänden, so kann er den Übeltäter bis an den Rhein oder Main verfolgen und jeden Märker, den er sieht, anrufen, damit er ihm helfe, den Frevler zu ergreifen und zu bestrafen. Jeder angerufene Märker ist zur Hilfe verpflichtet. Wenn der Graf aber die Förster in anderen Dörfern wohnen haben will und verlangt, daß sie von dort ausreiten, so kann er das anordnen.
Diether fragte Peter, Schultheißen von Wixhausen, wieviel pail-Schäfer in der Mark treiben und wo sie wohnen sollen. Dieser antwortet nach Beratung, daß drei, und zwar einer zu Gräfenhausen, einer zu Wixhausen und einer zu Arheilgen sein soll.
Diether fragt Henne Griebe von Arheilgen, wieviel Wagner in der Mark wohnen, in welcher Weise sie dieselbe benutzen und was sie dem Herrn der Mark dafür jährlich geben sollen. Henne antwortet nach Beratung, daß drei Wagner, einer zu Gräfenhausen, der andere zu Wixhausen und der dritte zu Arheilgen sein und jährlich 4 Pfd. H. geben sollen.
Diether fragte im Namen von Graf Johann von Katzenelnbogen, ob dieser als Herr der Mark - ermächtigt, das Märkerding zu gebieten und auszurufen, wenn es ihm füglich oder nötig erscheine - dazu befugt sei, die Mark nach seiner Meinung und so, wie es ihm zu seinem, der Mark und der Märker Nutzen am richtigsten scheine, zu bestellen. Diese an Peter Schmied von Arheilgen zum Entscheid gestellte Frage beantwortete dieser nach Beratung mit den Märkern wie folgt: der Graf kann die Mark bestellen, es ist aber mit Wissen Graf Johanns und auf Rat seiner Diener und Märker vorzeiten ein Schriftstück darüber aufgesetzt worden, wie man es mit der Bestellung der Mark halten soll. Sie begehren, dieses zu hören und bei den dort genannten Gewohnheiten zu bleiben.
Darauf wurde folgende Aufzeichnung in Gegenwart Graf Philipps, des unten genannten Schreibers und der obigen Zeugen und Märker verlesen: Es ist bei 10 Pfd. Strafe verboten, in den Heergewäldern irgendwelches Holz zu hauen. Wer in der Mark schädlich (Holz) einschlägt, zahlt 5 Pfd. Sengen und fengen ist bei 10 Pfd. verboten, gleich ob der Täter auf der Tat überrascht oder vom Förster ausgemacht wird. Zur Zeit der (Buch)eckern soll niemand Eicheln, Äpfel oder Birnen lesen. Wenn einer ein Bauholz (einen buw) schlagen will, soll er es vorher den Förstern sagen und einen Zimmermann mitbringen, der ihm schlagen hilft. Wer dagegen verstößt, büßt mit 10 Pfd. Das Bauholz soll während eines Monats geschlagen, im zweiten Monat aus dem Wald gebracht, und im dritten Monat soll mit dem Bau begonnen werden, damit man sieht, daß das Holz verbaut wird. Verkauft einer das Bauholz, ohne selber zu bauen, büßt er mit 10 Pfd. Wenn einer das Bauholz schlagen will, soll er das Holz flicken. Läßt er das Holz liegen, ohne den Bau aufzurichten, verliert er 10 Pfd. Wer einen Bau hat und ihn nicht in Stand (in buw) hält, büßt gleichfalls mit 10 Pfd. Wer Stecken oder anderes Holz schlagen will, soll es einem Förster sagen und aus einem Stamm (holcze) nicht weniger als acht Stecken schlagen und ihn bis oben hin (hinden uß) spalten. Es soll auch kein Wagner in den Wald fahren, ohne es dem Förster anzuzeigen und ihm die Zeit und Namen der Fuhrleute mitzuteilen, bei 10 Pfd. Buße. Bei der gleichen Strafe darf keiner Holz liegen lassen, das noch für Speichen, Wagen oder Karren zu gebrauchen ist. 10 Pfd. büßt auch der Wagner, der einen Wagen aus der Mark verkauft. Es ist verboten, die Heegen zu betreten, durchzugehen oder das Vieh durchzutreiben. Im Märkerding müssen alle Waffen abgelegt werden (? die hern hain alle wer abgetan an dem merckerdinge). Wer Priestern oder Edelleuten Holz fährt, soll es auf einmal laden und nichts liegen lassen bei 10 Pfd. Buße; wenn einer für diese Holz fahren soll, darf er kein Holz für sich heimfahren, bei der gleichen Buße. Wer einen geschworenen Förster freventlich Pfänder verweigert oder ihn sonst an seinem Eide straft, büßt mit 10 Pfd.
Als dieser Zettel verlesen war, stimmten die Märker ihm zu und begehrten, dabei zu bleiben.
Diether fragte und stellte es an Peter Schmied von Arheilgen zum Entscheid, ob ein Priester oder ein Edelmann mehr Rechte in der Mark habe als ein anderer Märker, worauf dieser nach Beratung mit den Märkern antwortete, daß zwei Höfe der Katzenelnbogener Grafen, einer zu Gerau, der andere zu Gräfenhausen, gen. der Fronhof, die Mark nach ihrer Notdurft benutzen könnten, sonst aber niemand dieses Recht besitze.
Diether fragte, da die Heinsbergischen und die Hanauischen bei den Fragen nach der Zahl der Förster, der zur Trift berechtigten pailscheffer und der Wagner nicht weisen wollten, ehe man sie ihres alten Herkommens versichert habe, obwohl sie wenige und der kleinere Teil der Märker seien, die im übrigen das oben bezeichnete Recht in den gen. Punkten gewiesen hätten, ob dieser kleinere Teil nicht dem größeren Teil der Märker folgen solle. Diether stellte dies an Peter Merckeln von Wallerstätten zum Entscheid, der nach Beratung mit den Märkern in deren Namen, aber ohne die Heinsbergischen und Hanauischen (Hanaßsen), die nicht mitsprachen, antwortete, daß die wenigen billig und nach Recht den meisten folgen sollten und das, was durch die meisten gewiesen worden wäre, rechtens bleiben solle.
Diether fragte, wieviel Dörfer in die Mark gehörten und Märker darin sein sollten, und begehrte dieses von sämtlichen Märkern zu hören. Diese benannten folgende Dörfer: Groß-Gerau, Dornberg, Berkach, Wallerstädten, Altloch, Hamelsburg, Büttelborn, Klein-Gerau, Worfelden, Schneppenhausen, Braunshardt, Weiterstadt, Gehaborn, Gräfenhausen, Wixhausen und Arheilgen.
Hierüber erbat Diether im Namen Grafen Johanns von Katzenelnbogen ein offenes Instrument.
Signet und Unterschrift des kaiserlichen Notars Konrad Spengler, Klerikers des Mainzer Bistums.
Nachweise

Aussteller

Spengler, Konrad, Notar

Empfänger

Katzenelnbogen, Grafen, Johann IV.

Siegler

Spengler, Konrad, Notar

Zeugen

Rodenstein, Hermann von · Nothaft, Hans · Geroldstein, Johann [I.] von · Steinach, Hans von · Stein, Gerhard vom · Rohrbach, Hans von · Bach von Waschenbach, Johann · Grebenroth, Konrad [II.] von · Hohenstein, Friedrich von · Rabe von Frankfurt, Gilbrecht · Michelfeld, Johann von · Stromberg gen. von Leyen, Heinrich

Weitere Personen

Hadamar, Diether von · Schmied, Peter, aus Arheilgen · Henne, Sohn des Odel · Heusenstamm, der von · Arheilgen, Grawe von · Hofmann, Arnold, aus der Braunshardt · Gräfenhausen, Albrecht von · Peter, Schultheiß in Wixhausen · Griebe, Henne, aus Arheilgen · Merckel, Peter, aus Wallerstädten · Katzenelnbogen, Grafen, Philipp I.

Weitere Orte

Groß-Gerau · Dornberg (Gem. Groß-Gerau) · Berkach (Gem. Groß-Gerau) · Wallerstädten (Gem. Groß-Gerau) · Altloch (Gem. Groß-Gerau) · Hamelsburg (Gem. Groß-Gerau) · Büttelborn · Klein-Gerau (Gem. Büttelborn) · Worfelden (Gem. Büttelborn) · Schneppenhausen (Gem. Weiterstadt) · Braunshardt (Gem. Weiterstadt) · Weiterstadt · Gehaborn (Gem. Weiterstadt) · Gräfenhausen (Gem. Weiterstadt) · Wixhausen (Gem. Darmstadt) · Arheilgen (Gem. Darmstadt) · Rhein, Fluß · Main, Fluß · Heinsberg (Nordrhein-Westfalen), Eigenleute · Hanau, Eigenleute · Mainz, Diözese

Sachbegriffe

Dörfer · Märkerdinge · Dingtage, Einberufen von · Weistümer · Schreiber · Notare · Notariatsinstrumente · Amtmänner · Eigenleute · Rechte, gewiesene · Herkommen, altes · Gerichte · Strafen · Schultheiße · Heimbürgen · Schöffen · Förster · Wälder, Nutzungsrechte an · Schäfer · Handwerker, dörfliche · Wagner · Hölzer · Bauhölzer, Schlagen von · Zimmermänner · Fuhrleute · Adlige · Geistliche · Schweinemast · Bucheckern · Äpfel · Birnen · Eicheln · Wälder, Nutzung von · Priester · Kleriker

Textgrundlage

Stückangaben, Regest

Demandt, Reg. Katzenelnbogen 2

Zitierweise
Landgrafen-Regesten online Nr. 12822 <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/lgr/id/12822> (Stand: 18.04.2024)