Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg

↑ Hugo Birkner, Ausmarsch und erste Kriegswochen des Reserve-Infanterie-Regiments Nr. 88 aus Hanau, 1914

Abschnitt 1: Mobilisierung der Einheit und Fahrt an die Westgrenze

[73-74] Das I. und III. Batl. R.-I-R. 88 wurde in Hanau zusammengestellt. Als Unterkunft diente die Bezirksschule I und II am Johanneskirchplatz. Bereits am dritten Mobilmachungstag waren die Kompagnien in Feldgrau eingekleidet; am späten Abend desselben Tages wurden die Mannschaften der beiden Bataillone im Stadttheater auf ihren Gesundheitszustand untersucht. Ein Stabsarzt erschien auf der Bühne und richtete an die im Zuschauerraum und auf den Gängen gedrängt stehenden Mannschaften die Worte: „Wenn einer von Euch krank ist, soll er sich morgen früh auf dem Revier melden. Ihr seid doch wohl alle gesund ?“ Da sich keiner meldete, erklärte der Stabsarzt: „Na ja, ich hab’s ja gleich gewusst, dass ihr alle gesund seid“! Damit war die Untersuchung beendet. Damals musste eben alles schnell gehen.

Am 4. Tag fuhr eine Gruppe der 1. Komp. nach Mainz, um die Maschinengewehre und die Munition für die beiden Bataillone nach Hanau zu bringen. Es folgte noch ein kurzer Übungsmarsch über Rückingen – Niederrodenbach mit anschließender Gefechtsübung auf dem Großauheimer Exerzierplatz an einem der nächsten Tage. Damit waren die Bataillone marschbereit, und wir sollten auch nicht mehr lange auf den Ausmarsch warten.

Am 11. August, 7.44 vormittags, verließ der Zug mit dem I. Batl. unter den Klängen der Eisenbahnerkapelle und den Zurufen der vor dem Bahnhof sich drängenden Menschenmenge den Westbahnhof. In Bingerbrück erhielt das Bataillon warme Verpflegung; dann ging die Fahrt das Nahetal aufwärts weiter. In den Wagen herrschte drückende Hitze, so dass wir früh waren, als wir endlich gegen 1 Uhr nachts in Nieder-Zerf südlich von Trier, ausgeladen wurden. Ein kurzer Nachtmarsch brachte die 1. Komp. nach Ober-Zerf, wo sie in zwei Scheunen Massenquartier bezog. [S. 74]

12.8.14. Die Kompagnie marschierte um 8.15 Uhr vorm. nach Nieder-Sehr; hier Massenquartier für den 1. Zug und Ober-Sehr für den 2. und 3. Zug. Mehrere Leute erlitten auf dem Marsch einen Hitzschlag und kamen zurück ins Lazarett.

13.8.14. Abmarsch 3.15 vormittags über Irsch nach Saarburg, das um 11 Uhr vormittags erreicht wurde. Auf einer Wiese vor dem Ort fand das erste Biwak statt unter lebhafter Anteilnahme der Saarburger Bevölkerung, die uns bereits beim Durchmarsch mit Liebesgaben aller Art überhäuft hatte. Wegen der großen Hitze wurde der Weitermarsch nach Bilzingen erst um 5 Uhr nachmittags angetreten; hier wurden Massenquartiere bezogen, und wir richteten uns so gut es ging häuslich ein, da der nächste Tag ein Ruhetag war.


Personen: Birkner, Hugo
Orte: Hanau · Mainz · Rückingen · Niederrodenbach · Großauheim · Bingerbrück · Nahe · Niederzerf · Trier · Oberzerf · Niedersehr · Obersehr · Irsch · Saarburg · Bilzingen
Sachbegriffe: Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 83
Empfohlene Zitierweise: „Hugo Birkner, Ausmarsch und erste Kriegswochen des Reserve-Infanterie-Regiments Nr. 88 aus Hanau, 1914, Abschnitt 1: Mobilisierung der Einheit und Fahrt an die Westgrenze“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/qhg/id/12-1> (aufgerufen am 20.04.2024)