Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg

↑ Tagebuch des Soldaten Heinrich Preis aus Moischt (1914-1915)

Abschnitt 1: Mobilmachung und Weg an die Front, 3.–21. Aug. 1914

[1-2] [S.1]

Tagebuch unßeres lieben Heinrichs1

Erlebnisse im Kriege Deutschlands gegen Rußland, England und Frankreich im Jahre 1914 und 15.

Am 3. August den 2. Mobilmachungs Tage wurde ich zur Fahne berufen, nach erfolgter Einkleidung wurde ein Feldwebel und 12 Mann, darunter auch ich, nach Treisa2 zur Bewachung der Transporte [geschickt]. Am 7. August zurück nach Marburg. Quatier Wilhelmstraße Nr. 7 Frl. v. Tilemann, am 11. August Ausmarsch aus Marburg. Bahnfahrt im Viehwagen über Gießen, Bingerbrück3 bis Nonnweiler4, nicht weit von Trier. In Nonnweiler Quatier. 26 Mann zusammen, nächsten Tag Marsch nach Weilskirchen5, 10 Mann zusammen, am 13. August gutes Quatier. Am 14. August Allarm nachts um 2 Uhr eine Stundte geschlafen, dann Marsch bis Abends ½ 6 Uhr Quatier in Dünsdorf6 nahe der Luxenburgischen Grenze. Der ganze 1. Zug unter Leutnant Weber zusammen. Nun liegen wir heute schon 3 Tage [S. 2] hier und ist es so langweilig hier daß ich nur wünsche es ginge weiter, aber regent es unaufhörlich und ist im ganzen Dorfe nichts zu essen, und noch weniger etwas zu trinken zu bekommen, höchstens sauerer Apfelwein. Am 18. August Abmarsch aus Dünsdorf. Abens Quatier in Elbingen7 in Luxenburg, am nächsten Morgen Durchmarsch durch Stadt Luxenburg. Nachmittags Quatier in Rehlen8. Am 20. August 7 Uhr Abmarsch, Abends Quatier in Ufeldingen9 , 90 Mann auf einem Fruchtboden.

Am 21. Abmarsch 4 Uhr Morgens die belgische Grenze überschritten, um 11 Uhr Quatier in Souhtenau10, sehr gute Leute, sind sehr freundlich, vielleicht aus Angst. Heute Abend giebt es Spahnferckel. Heute war die erste kriegerische Aufregung. Wier liegen am Ende des Dorfes, da wurde eine französische Reiterpatrollie angemeldet, sofort wurden wier allarmiert alles schußbereit, Zeune wurden niedergehauen.


  1. Die ungewöhnlich Bezeichnung des Tagebuchschreibers in der dritten Person ist darauf zurückzuführen, dass das erhaltene Exemplar vom Kompaniechef des gefallenen Heinrich Preis abgeschrieben wurde, der jedoch ansonsten, bis auf die beiden letzten Seiten, die "ich-" bzw. "wir"-Form beibehalten hat.
  2. Treysa, heute Stadt Schwalmstadt, Schwalm-Eder-Kreis.
  3. Bingerbrück, Stadt Bingen, Rheinland-Pfalz.
  4. Nonnweiler, Gemeinde im Landkreis St. Wendel, 30 km südöstlich von Trier.
  5. Weiskirchen, Ort westlich Nonnweiler.
  6. Bisher nicht identifiziert.
  7. Elbingen, wohl Elvingen (Elvange), Ort südöstlich Luxemburg.
  8. In der Abschrift verlesen. Richtig: Kehlen, nordwestlich Stadt Luxemburg.
  9. Useldange, luxemburgischer Ort etwa 26 km nordwestlich der Stadt Luxemburg.
  10. Ort bisher nicht identifiziert.

Personen: Preis, Heinrich · Tilemann, Fräulein von · Weber, Leutnant
Orte: Russland · England · Frankreich · Treysa · Marburg · Gießen · Bingerbrück · Nonnweiler · Trier · Weilskirchen · Dünsdorf · Elbingen · Luxemburg · Kehlen · Useldange · Souhtenau
Sachbegriffe: Mobilmachung · Feldwebel · Bahnwachen · Truppentransporte · Leutnante · Apfelwein · Spanferkel · Reiterpatrouillen · Originalfotografien
Empfohlene Zitierweise: „Tagebuch des Soldaten Heinrich Preis aus Moischt (1914-1915), Abschnitt 17: Mobilmachung und Weg an die Front, 3.–21. Aug. 1914“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/qhg/id/3-1> (aufgerufen am 16.04.2024)