Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Regesten der Landgrafen von Hessen

1487 September 29

Erzbischof Hermann von Köln soll Zölle auf dem Rhein beseitigen

Regest-Nr. 11980

Überlieferung | Regest | Originaltext | Nachweise | Textgrundlage | Zitierweise
Überlieferung
Abschriften: Landeshauptarchiv Koblenz, A 30, Nr. 4386.
Regesten: Deutsche Reichstagsakten Mittlere Reihe 2, S. 609-612 Nr. 440.
Regest
Kaub. - Instruktion der Kurfürsten Berthold von Mainz, Johann von Trier und Philipp von der Pfalz für ihren Beauftragten (Graf Gerhard von Sayn) zu einer Werbung bei Erzbischof Hermann von Köln: Der Reynstram sei die treffelichste strasse, daruf die vier Kurfürsten am Reyne ire merglichste nutzunge, auch die anligenden lande ire narung, und der kaufman deutscher nacion den Reynstram uf und abe zum allerfuglichsten zu gebruchen habe, derselbig auch mit zollen von alterher besetzt und doch dermaß ziemlicher weise durch die Kff. zu zeiten gehalten das der kaufman, der hendel, auch die anligenden lande mit irem gute des haben geniesen und erleiden mogen. Aber in etlichen vergangen jaren sein viel merglicher neuwer zolle und beswerung uf den Reine gesetzt, damit der kaufman und das gute so merglich beswert ist, das der kaufman mit siner hantierung des in keinen weg moge geniesen, auch die lande und leute, am Reynstram gelegen, sunder verderben des nit gedulden, dan ire guter gewustet, also das die kaufmanschaft verdrungen, und die Kftt. und ire undertanen die lenge verderplich gemacht werden.
Haben doch die Kff. bisher angesehen ursach des verlaufen kriege, derhalb nit allein das hl. Reiche, sunder auch der stieft von Collen schaden erlieten hat, und die merglichen beswerung der zolle geduldet uber manigfaltige irer undertanen ansuchen, bis solange die gemelten beswerung so ubermessig scheden und verderben geperen, das die lande und undertanen unableßlich die Kff. anrufen, sie solichs verderbens zu entheben und zu betrachten, damit sie nit genot werden, mit weibe und kinden zu raumen und ire guter zu verlassen. Darzu sei vor augen, das die kaufmanschaft und gute durch den kaufman uf ander wege und strasse werde gericht, und der Reinstram gewendet, also das die trefflichsten verechter und schiffleute ire schiffung haben begeben und ganz darvon lassen mussen, und die alten, herkomen strassen, hendel und niederlage zuruckt, in ander lande gedrungen und, wo nit darin gesehen (werde), viel hoer und nyeder stende zu unverwintlichen schaden und verderben bracht und zuletzt dem hl. Reiche und seinem gliedern zu unleidelicher last komen wurde
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Nachdem die vier rheinischen Kufürsten früher immer zusammengehalten und dafür gesorgt hätten, daß der Rhein nicht mit Zöllen überhäuft und die Gewerbe nicht allzu belastet würden, die drei anderen Kurfürsten jetzt auch lange genug Rücksicht auf die schwierige Lage des Kölner Erzbischofs genommen hätten, bäten sie ihn nunmehr, sich nach dem Vorbild seiner Vorgänger mit ihnen zu verständigen und besagte Beschwernis abzustellen. Um ihm entgegenzukommen, wollten sie ihm zugestehen, den Rheinzoll zu seinen Lebzeiten oder eine bestimmte Anzahl von Jahren einzuheben, oder zustimmen, daß er in tragbarer Höhe festgesetzt werde. Der Erzbischof möge ihren Langmut bedenken und die großen Opfer, die sie ihm gebracht hätten, um eine Sanierung seiner Finanzen zu ermöglichen (1).
Darauf sollten die Gesandten seine Antwort hören. Schlage er ihre Bitte ab oder gebe er keine eindeutige Antwort, so solle man betonen, die Kurfürsten hätten ihn zuvor auf den Tagen in Frankfurt, Speyer und Nürnberg mehrmals dringend gebeten, seine neuen Zölle auf ein erträgliches Maß zu beschränken, auch sich von ihnen nicht abzusondern, vielmehr mitzuhelfen, die neuen Zölle und Beschwernisse abzustellen. Sollte er dennoch auf seinem bisherigen Standpunkt beharren und eigene Wege gehen, so solle man ihm zu bedenken geben, daß die anderen Kurfürsten sich unter diesen Umständen genötigt sähen, Überlegungen anzustellen, wie sie ihre Lande und Untertanen vor schwerem Schaden schützen könnten (2).
(1) Die Forderung der Kurfürsten bezieht sich offensichtlich auf den Zoll zu Linz am Rhein, der Erzbischof Hermann 1482 Mai 9 vom Kaiser als Ausgleich für die Schäden des Erzstifts Köln im Krieg gegen Herzog Karl den Kühnen von Burgund verliehen und von König Maximilian 1486 Mai 17 bestätigt worden war. Die Kurfürsten Friedrich von Sachsen und Johann von Brandenburg hatten 1487 Mai 17 bzw. 20 zur Verleihung ihre Willebriefe erteilt, was wohl zurückzuführen ist auf ihre Erbeinung mit dem hessischen Landgrafenhaus, dem ja auch Erzbischof Hermann angehörte. (Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, Kurköln Urkunde Nr. 3198 und 3200, Pergament mit Siegel) [...] Nur kurze Zeit später, Juni 21, hatte Erzbischof Hermann ein weiteres Zollprivileg erlangt: Auf seine Klage hin, daß der Zoll zu Linz von den Kaufleuten häufig umfahren und er dadurch erheblich geschädigt werde, gestattete Friedrich III. ihm aufgrund seiner vielfältigen Verdienste um Kaiser und Reich, von allen durch das Kurkölner Amt Nürburg oder in einem Umkreis von einer Meile transportierten Weinen und Kaufmannsgütern pro Pferdefuhre einen Zoll von sechs Weißpfennigen zu erheben. Zahlungsunwillige dürften gepfändet oder mit den an anderen Kurkölner Zollstätten üblichen Maßnahmen zur Zahlung gezwungen werden. Darüber hinaus erhielt der Erzbischof das Recht, alle Zölle zu Wasser und zu Lande nach Belieben an einen anderen Ort zu verlegen, jedoch ohne sie dabei zu erhöhen. Zölle in den Landen eines anderen Fürsten oder Grafen dürfen nur mit dessen Einwilligung verlegt werden (Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, RRB DD, fol. 2b-3a, Abschrift) [...]. Es war das Bestreben, den Attacken der drei übrigen rheinischen Kurfürsten gegen ihre Rheinzölle vereint zu begegnen, das Erzbischof Herman und die Stadt Köln 1487 eng zusammenführte. Nachdem sie sich Januar 9 gegenseitig Unterstützung versprochen hatten für den Fall, daß sie wegen ihrer Zölle angegriffen würden (Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, Kurköln Urkunde Nr. 3187, Pergament mit Siegel) [...], bat Erzbischof Hermann Januar 10 vor seiner Abreise zum kaiserlichen Tag in Speyer bzw. zum Nürnberger Reichstag Köln darum, während seiner Abwesenheit seinen Statthaltern auf ihr Erfordern Beistand zu leisten (Stadtarchiv Köln, Köln und das Reich Nr. 13/X, Prod 4 und 16, Pergament mit Siegel). [...]
(2) Dies bezieht sich zweifellos auf die zwölfjährige Einung, die die drei Kurfürsten am selben Tag in Kaub zum Schutz der Kaufmannschaft und gegen die Aufrichtung neuer Zölle schlossen. Gegen weitere Belastungen wollten sie gegebenenfalls gemeinsam vorgehen (Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, allg. Urkundenreihe, Pergament mit drei Siegeln) [...] Zum Tag in Kaub hatten die Kurfürsten September 14 auch Herzog Wilhelm von Jülich-Berg eingeladen (Haupstaatsarchiv Düsseldorf, Jülich-Berg I Nr. 191, fol. 8, Pergament mit Siegel), der jedoch nur zwei seiner Räte entsandte. September 29 schickten die Kurfürsten eine dreiköpfige Gesandtschaft zu ihm, wohl um ihm ihre Kauber Beschlüsse mitzuteilen und ihn doch noch in den Widerstand gegen die Rheinzölle einzubinden. In einem Schreiben von November 6 erklärte jedoch Herzog Wilhelm, seine Einung mit Erzbischof Hermann von Köln und der Stadt Köln lasse es nicht zu, daß er sich an Maßnahmen gegen die Zollbeschwerungen auf dem Rhein beteilige. In der besagten Einung von November 9 schlossen sich Erzbischof Hermann, Herzog Wilhelm und die Stadt Köln zur gemeinsamen Abwehr der in ihren Landen entstandenen Umtriebe zusammen und sagten sich gegenseitige bewaffnete Unterstützung beim Angriff auf einen der Einungspartner zu (Stadtarchiv Köln, HUA Urk. Nr. 14153, Pergament mit 13 Siegeln; Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, Kurköln Urk. Nr. 3217, Pergament mit 13 Siegeln) [...].
Nachweise

Weitere Personen

Mainz, Erzbischöfe, Berthold von Henneberg · Trier, Erzbischöfe, Johann II. von Baden · Pfalz, Kurfürsten, Philipp der Aufrichtige · Sayn, Grafen, Gerhard II. · Köln, Erzbischöfe, Hermann IV. von Hessen · Brandenburg, Kurfürsten, Johann Cicero · Sachsen, Kurfürsten, Friedrich III. der Weise · Friedrich III., Kaiser · Maximilian I., Kaiser · Burgund, Herzöge, Karl der Kühne · Jülich-Berg, Herzöge, Wilhelm IV.

Weitere Orte

Kaub · Linz, Rheinzölle · Mainz, Erzbischöfe · Trier, Erzbischöfe · Pfalz, Kurfürsten · Brandenburg, Kurfürsten · Sachsen, Kurfürsten · Burgund, Herzöge · Speyer · Nürburg, Amt · Nürnberg · Frankfurt · Rhein

Sachbegriffe

Zölle, Streit um · Zölle, Verlegen von · Zollrpivilegien · Erzbischöfe · Kurfürsten · Grafen · Herzöge · Kaufleute · Zölle · Pferdefuhren · Wein · Handelswege · Zölle, Umfahren von · Strafen, für Zollverweigerung · Kaiser · Könige

Textgrundlage

Stückangaben, Regest

RTA MR 2

Zitierweise
Landgrafen-Regesten online Nr. 11980 <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/lgr/id/11980> (Stand: 28.03.2024)