Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Historisches Ortslexikon

Bockenheim

Stadtteil · 107 m über NN
Gemarkung Frankfurt-Bockenheim, Gemeinde Frankfurt am Main, Stadt Frankfurt am Main 
Siedlung | Statistik | Verfassung | Besitz | Kirche und Religion | Kultur | Wirtschaft | Nachweise | Zitierweise
Siedlung

Ortstyp:

Dorf

Lagebezug:

3,5 nordwestlich von Frankfurt am Main

Lage und Verkehrslage:

Stadtteil von Frankfurt mit Teilen der Johann Wolfgang Goethe-Universität sowie der Messe Frankfurt im Süden, Gewerbegebiete Industriehof und City West im Nordwesten.

Bahnhof der Eisenbahnlinie Kassel - Frankfurt am Main ("Main-Weser-Bahn") seit 1850.

1912 wurde auf Frankfurter Stadtgebiet in Bockenheim der Flugplatz am Rebstock eröffnet. Bis 1945 wurde der Flughafen als Militärflughafen genutzt.

Ersterwähnung:

767

Siedlungsentwicklung:

Eine Erweiterung des dörflichen Raumes infolge Bevölkerungszunahme fand erst Mitte 18. Jahrhundert hauptsächlich in Richtung Frankfurt a. M. statt. Mit der Erhebung zur Stadt setzte die industrielle Entwicklung ein.

Historische Namensformen:

Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung:

Burgen und Befestigungen:

  • Schönhof in der Nähe der Rödelheimer Straße.

Koordinaten:

Gauß-Krüger: 3474235, 5554261
UTM: 32 U 474170 5552479
WGS84: 50.12399° N, 8.638659° O OpenLayers

Statistik

Ortskennziffer:

412000120

Frühere Ortskennziffer:

412000163

Flächennutzungsstatistik:

  • 1885 (Hektar): 561, davon 320 Acker (= 57.04 %), 96 Wiesen (= 17.11 %), 13 Holzungen (= 2.32 %)

Einwohnerstatistik:

  • 1634: 43 Haushalte
  • 1753: 654 Personen (124 Haushaltungen, 6 Juden)
  • 1812: 140 Feuerstellen, 1038 Seelen
  • 1834: 2755
  • 1840: 3303
  • 1846: 3755
  • 1852: 4458
  • 1858: 4620
  • 1864: 5901
  • 1871: 8483
  • 1875: 13043
  • 1885: 17457, davon 11533 evangelisch (= 66.07 %), 5463 katholisch (= 31.29 %), 93 andere Christen (= 0.53 %), 358 Juden (= 2.05 %), 10 andere (= 0.06 %)

Diagramme:

Bockenheim: Einwohnerzahlen 1834-1967

Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: 1. Die Bevölkerung der Gemeinden 1834-1967.
Wiesbaden : Hessisches Statistisches Landesamt, 1968.

Verfassung

Verwaltungsbezirk:

  • 767-778: Niddagau
  • 821: Niddagau
  • 1303: "Grafschaft" Bornheimer Berg (explizit belegt erst Mitte 15. Jh.)
  • 1338: Dreieicher Wildbann
  • 1434: Grafschaft Hanau (als Reichslehen)
  • 1736: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Grafschaft Hanau-Münzenberg, Amt Bornheimerberg
  • 1787: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Grafschaft Hanau-Münzenberg, Amt Bergen (Bornheimerberg)
  • 1803: Kurfürstentum Hessen, Fürstentum Hanau, Amt Bergen
  • 1810-1813: Großherzogtum Frankfurt, Departement Hanau, Distrikt Bergen
  • 1813: Kurfürstentum Hessen, Fürstentum Hanau, Amt Bergen
  • 1821: Kurfürstentum Hessen, Provinz Hanau, Kreis Hanau
  • 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Hanau
  • 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Hanau, Landkreis Hanau
  • 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Wiesbaden, Landkreis Hanau
  • 1886: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Wiesbaden, Landkreis Frankfurt am Main
  • 1895: Stadtkreis Frankfurt am Main
  • 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Wiesbaden, Kreis Frankfurt am Main
  • 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Wiesbaden, Kreis Frankfurt am Main
  • 1952: Land Hessen, Regierungsbezirk Wiesbaden, Kreisfreie Stadt Frankfurt am Main
  • 1968: Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Kreis Frankfurt am Main

Altkreis:

Frankfurt am Main, Stadt

Gericht:

  • 1303: Reichsgericht Bornheimerberg
  • 1822: Justizamt Bergen
  • 1832: Justizamt Bockenheim
  • 1879: Amtsgericht Bockenheim
  • 1895: Amtsgericht Frankfurt am Main

Herrschaft:

Seit 1320 verpfändet, gelangte das Gericht Bornheimerberg, zu dem Bockenheim gehörte, 1434 als Reichlehen an die Grafen (bis 1429: Herren) von Hanau, die hier die Landesherrschaft aufbauten. Die dem Grafen von Hanau zustehende Landesherrschaft ging 1736 durch Erbschaft an Hessen-Kassel über.

Gemeindeentwicklung:

1819: Erhebung zur Stadt durch Kurfürst Wilhelm I. von Hessen, 1822: Stadtrechtsverleihung durch Kurfürst Wilhelm II. von Hessen.

Am 1.4.1895 Eingemeindung in die Stadt Frankfurt am Main.

Besitz

Grundherrschaft und Grundbesitzer:

  • (767-778) und 821 erhält Kloster Lorsch Privatschenkungen in Bornheim. 1281 erwähnt Winter von Preungesheim ein Gut in Bockenheim, das schon vor 30 Jahren von der Herrschaft Münzenberg lehnsrührig ist. 1295 belehnen Werner und Ulrich von Falkenstein die Brüder von Preungesheim mit Lehen im Gericht Bockenheim.
  • Seit 1320 verpfändet, gelangte das Gericht Bornheimerberg 1434 als Reichlehen an die Grafen (bis 1429: Herren) von Hanau, die hier die Landesherrschaft aufbauten. Die dem Grafen von Hanau zustehende Landesherrschaft ging 1736 durch Erbschaft an Hessen-Kassel über.
  • Das Frankfurter Weisfrauenkloster besaß seit 1350 einen Freihof in Bockenheim.
  • Der sog. Schönhof befand sich bis 1590 in den Händen der Ritter von Praunheim.
Kirche und Religion

Ortskirchen:

  • 1365 Jakobuskirche
  • 1868-72: Katholische St. Elisabethkirche in Ziegelmauerwerk errichtet
  • 1910: Markuskirche
  • 1927-29: Katholische Frauenfriedenskirche

Patrozinien:

  • Jacobus

Pfarrzugehörigkeit:

1321 Filial der Pfarrei des St. Bartholomäusstiftes zu Frankfurt. Seit der Reformationszeit vorübergehend mit Eschersheim verbunden, eigener Pfarrer seit 1567

1562-1597 und 1600-1630 Filiale von Eschersheim.

bis 1684 Nied und Griesheim als Filial

Diakonische Einrichtung:

Seit 28.06.1840 Diakonissen betreuen Kleinkinderschule; 1886 Vereinsgründung mit Ziel des Baues eines Diakonissenheimes, 1889 Einweihung des Neubaus, Krankenpflege, Gemeindepflege Kindergarten; um 1900 gehen 120 Kinder in KiGa betreut von 2 Lehrerinnen Rudolf Francke, Die christliche Liebestätigkeit in Kurhessen. Kassel 1904; 1926 nach Ritter, Kirchliches Handbuch, S. 234 eine Gemeindestation mit einem Diakon und fünf Schwestern, am Krankenhaus ein Diakon und elf Schwestern

Bekenntniswechsel:

1543 enden die katholischen Gottesdienste.

Erster evangelischer Pfarrer: Heinrich Peter Rebenstock ca. 1562 bis ca. 1596, Pfarrer in Eschersheim

Reformierter Bekenntniswechsel: 1594, 1608-1625 kurzzeitig wieder lutherisch.

1740 erster öffentlicher Gottesdienst der lutherischen Gemeinde, erwirbt 1789 die Kirche der französisch-reformierten Gemeinde.

Seit 1820 unierte Pfarrei.

Juden:

Juden sind in Bockenheim nicht vor dem 17. Jahrhundert (1658) als Ansässige nachzuweisen.

An die Stelle einer älteren Synagoge trat 1874 ein Neubau.

Ein Judenfriedhof ist 1714 angelegt worden. Er liegt an der Sophienstraße. (alemannia-judaica)

Kultur

Schulen:

1557 Schulhaus genannt; 1732 eigene Schule der Lutheraner, 1818 Zusammenlegung mit der älteren reformierten Schule zur evangelischen Gesamtschule; 1839 Gründung einer katholischen Schule; 1855 Höhere Bürgerschule, wird 1877 zur Realschule, Abspaltung der Mädchenschule, Benennung als Liebig-Schule

Kultur:

Das Gebäude des Naturmuseums Senckenberg wurde in den Jahren 1904-1907 auf freier Fläche außerhalb der Frankfurter Kernstadt errichtet.

Sprachgeschichte (Quellenfaksimiles):

Wirtschaft

Wirtschaft:

Die Erhebung Bockenheims zur Stadt 1819 geschah in der bewussten Absicht, neben der damals noch industriefeindlich gesinnten Stadt Frankfurt ein neues, der Industrie aufgeschlossenes Gemeinwesen zu schaffen, das aus der günstigen Nachbarschaft zu dem Mittelpunkt von Handel und Verkehr größten Nutzen ziehen könnte. Den Anfang machte die von Konrad Reifert und Johann Ernst Wagner begründete Chaisenfabrik Wagner und Reifert (später: Reifert'sche Waggonfabrik) 1820. Neben zahlreichen kleineren Betrieben, die folgten, entwickelten sich einige Zweige zu größerer Bedeutung: die Drahtweberei (Metalltuchfabrik Ratazzi und May 1844), die chemische Industrie (Bockenheimer Fabrik der Scheideanstalt von E. F. Rössler 1843, nachmals Frankfurter A.G. für landwirtschaftlich-chemische Fabrikate, aus der 1863 die Chemische Fabrik Griesheim hervorging); der Maschinenbau: Eisengießerei und Maschinenfabrik für Schuh- und Lederindustrie von Weber und Miller 1863, seit 1900 Maschinenfabrik Moenus A.G.; Maschinenfabrik Pokorny und Wittekind 1872; die elektrotechnische Industrie (Hartmann und Braun 1884); die typographische Industrie (Bauersche Gießerei, 1837 in Frankfurt gegründet, seit 1872 in Bockenheim).

Nachweise

Literatur:

Zitierweise
„Bockenheim, Stadt Frankfurt am Main“, in: Historisches Ortslexikon <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/ol/id/11750> (Stand: 29.8.2023)