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Regesten der Landgrafen von Hessen

1365 Mai 24

Entscheid über gegenseitige Klagen zwischen Hessen und Mainz

Regest-Nr. 11610

Überlieferung | Regest | Originaltext | Nachweise | Textgrundlage | Zitierweise
Überlieferung
Ausfertigung: Staatsarchiv Marburg, Urk. 1 Nr. 3467 ⟨Altsignatur: Staatsarchiv Marburg, Samtarchiv Schublade 46, 23⟩. Pergament, von dem spitzovalen Siegel (an Pressel) ist die untere Hälfte erhalten.
Abschriften: Staatsarchiv Würzburg, Ingrossaturbuch 8, fol. 32v (frühes 15. Jahrhundert); Staatsarchiv Würzburg, Mainzer Bücher verschiedenen Inhalts 22, fol. 78 (14. Jahrhundert).
Drucke: Demandt, Quellen Fritzlar, S. 423 f. Nr. 260 (Teildruck).
Regesten: Wenck, Hessische Landesgeschichte 2, UB, S. 426 Anm.; Landau, Ritterburgen 3, S. 59; Regesten der Erzbischöfe von Mainz 2,1, S. 440 f. Nr. 1947; Demandt, Quellen Fritzlar, S. 423 Nr. 260.
Regest
Steben, Pastor der Pfarrkirche zu Alsfeld (-felt), als ein Obermann zusammen mit dem Propste Nikolaus von S. Viktor vor Mainz durch Erzbischof Gerlach einerseits und Landgraf Heinrich von Hessen und dessen Sohn Landgraf Otto andererseits gekoren, entscheidet die gegenseitigen Klagen beider Teile über Nichtvollziehung der Sühnebriefe durch folgende Rechtsprüche, die er auf Grund der Weisungen von Herren, Rittern und Knechten bei seinem Eide gibt. 1. Haben die von (Hof-) Geismar mit guter Zeugenschaft (kunt-) - außer ihnen selbst, die in der Stadt sitzen und alle als ein Mann gelten, auch mit Leuten, die mit dem Walde nichts zu schaffen haben -, ohne auf Widerspruch zu stoßen, bewiesen, daß sie ein besonderes, an den Reinhardswald (Reynhartis-) stoßendes Gehölz besitzen, so soll diese Zeugenschaft als recht gelten; sie ist dagegen keine Zeugenschaft im Sinne der Sühnebriefe, wenn ihr in rechtsförmiger Weise widersprochen worden ist. - 2. Gemäß dem, was der Sühnebrief über die zur Trendelburg (Drynden-, Drenden-; Trinden-, D-) gehörigen Dörfer bestimmt, erklärt Steben, daß der Erzbischof den Landgrafen, wenn sie, ihre Mannen oder Diener bewiesen haben, daß die Dörfer zur Trendelburg gehört haben, diese Dörfer wiedergeben und auch das zurückerstatten soll, was er von den Dörfern oder ihren Untertanen eingenommen hat. Bestimmung über die Zeugenschaft wie § 1. - 3. Der Erzbischof fordert, die Landgrafen müßten gemäß den Sühnebriefen dem Herrn Gruszing wieder zu seinem Teile von Falkenberg (-kin-) verhelfen; die Landgrafen erklären, davon nichts zu wissen. Steben verweist sie an die drei Schiedsrichter (teidingslute), die von den 6 noch am Leben sind. Stimmen diese nicht überein, so soll der Erzbischof durch Zeugen beweisen, daß das damals, als man die Sühne zu Amöneburg verkündigen ließ (1354 Mai 10), durch die sechs Schiedsrichter oder durch einen im Namen aller verkündet und erzählt worden ist; dann sollen es die Landgrafen tun. - 4. Der Erzbischof soll sorgen, daß der Sühneartikel über den Bann gehalten wird. Wenn seit der Sühne Mannen, Diener oder Untertanen der Landgrafen infolge von Ladung oder Bann in weltlichen Sachen durch das erzbischöfliche Gericht in Kosten oder zu Schaden gekommen sind, so hat der Erzbischof den Landgrafen Ersatz zu leisten. - 5. Hinsichtlich der Mannen und Burgmannen sollen sich beide Teile an die Sühnebriefe halten; wer sie verletzt hat, soll das wieder gut machen und keiner soll des andern Mann oder Burgmann mit Krieg oder zum Krieg annehmen. - 6. Das Gut, das zu Haldessen (Halszen; Halsen) gehört hat, soll den Sühnebriefen gemäß dem Erzbischof gehören, da es ihm zugesprochen worden ist. - 7. Der Erzbischof klagt, die Landgrafen hätten für Neustadt (an der Nuwenstad; Nuen-) 500 Pfund zu viel genommen; die Landgrafen erklären, sie hätten nicht mehr genommen, als in den Sühnebriefen bestimmt sei. Steben verweist sie an Schiedsrichter; sind die nicht einer Meinung, so müssen die Landgrafen die 500 Pfund zurückgeben, falls sie nicht (wie § 3) die Verpflichtung des Erzbischofs nachweisen können. - 8. Über Kirchhain (den Kircheyn; -ain) bestimmt Steben: Wenn die Deutschherren beim Erzbischof Ansprüche erheben, kann er sich an die Landgrafen halten, doch muß man ihnen Gelegenheit geben, sich zu verantworten. - 9. Gybichindorf (Gebichen-; -dorff) soll der, der (wie man durch Zeugenbefragung feststellen soll) es in rechtem Besitz hergebracht hat, behalten, bis der andere es ihm mit Recht und Gericht abgewinnt. - 10. In Langenstein (-insteyn) soll jeder der Herren, ihre Mannen und Untertanen ihr hergebrachtes Recht, das auf Tagfahrten durch Zeugenverhör zu erkunden ist, in ihren Gütern behalten. - 11. Was über die in den Sühnebriefen bestimmte Beilegung der Übergriffe durch Ratleute und Oberleute oder durch die Ratleute allein oder durch zwei Ratleute und den Obermann bestimmt wird, soll für beide Teile gelten; gegen ungehorsame Untertanen sollen sie den Sühnebriefen gemäß verfahren. - 12. Johann von Lynne ist nach seiner Aussage vorgeladen und gebannt worden wegen solcher Sachen, die in dem Kriege der Herren geschahen und worüber die Herren versöhnt sind: auch erklären die Landgrafen, es sei zu Rodenhausen (Radehusen) vereinbart worden, der Erzbischof solle dem Johann und dessen Dienern die Lösung vom Banne verschaffen. Steben erklärt den Erzbishchof für verpflichtet, falls das so ist. - 13. Die von Fritzlar (Fricze-) sollen mit denen von Englis (Englegiis; Engilgis) eine Landscheidung in dem Walde vornehmen; die von Englis sollen an dem, was ihnen seit alters gehört hat, durch die Fritzlarer nicht gehindert werden. - 14. Über die gemeine Mark, die die Fritzlarer in Besitz halten, bestimmt Steben, daß dort, wenn es gemeine Mark gewesen ist, die landgräflichen Dörfer wie von alters ihre Mark haben sollen, ohne daß die Fritzlarer sie hindern dürfen. - 15. Alle, die in dem Kriege der Herren gefangen genommen worden sind, sollen auf beiden Seiten frei sein. - 16. An der Warte zu Fritzlar soll die Stadt, wenn sie ihren rechtmäßigen Besitz nachweist, von den Landgrafen nicht gehindert werden, bis sie ihr mit Recht und Gericht benommen wird. - 17. Auf die Klage der Landgrafen, daß der Erzbischof die von Holzhausen (Holczhusen), ihre Mannen, in ihrem Besitz bedränge und sich in ihr Gericht eingekauft habe, erklärt Steben das Verfahren des Erzbischofs für unberechtigt und den Kauf für ungültig, da es sich um Lehen handelt und solche außer an Ganerben nur mit Einwilligung des Lehensherren verkauft werden dürfen. Die Verkäufer hätten ihre Ganerben, wenn diese nicht kaufen wollten, vor ihren Herrn laden (zu 3 Tagen und 6 Wochen) und eine Teilung erklagen müssen, erst dann hätten sie ihren Teil dem Herrn oder mit dessen Einwilligung einem andern verkaufen können. - 18. Das gleiche Urteil gibt Steben darüber, daß sich der Erzbischof in das Gericht zu Geismar (Geys-) bei Frankenberg eingekauft hat ohne Willen der Landgrafen, die dort mit dem Vogte von Keseberg in rechter Ganerbschaft saßen. - 19. Die Landgrafen klagen, daß ohne ihre Einwilligung die erzbischöflichen Amtleute auf Rosental in dem Wald, der den Landgrafen und dem Erzbischof gemeinsam gehört, hätten roden lassen. Steben erklärt, daß nur mit Willen beider Teile gerodet werden darf. - 20. Auf Itter (-e; Itere) sollen sich die Landgrafen und der Erzbischof gegenseitig Burghut tun. - 21. Ist der Totschlag, der zwischen Wolfhagen (dem Wolfheyne; -hain) und Naumburg (der Nuwin-; Nuen-) geschehen ist, gesühnt, so soll man sich an die Sühne halten, andernfalls soll man ihn verfolgen nach Recht des Gerichtes, in dem er geschah, entsprechend den Briefen der Herren und des Landes Gewohnheit. - 22. Auf die Klage des Erzbischofs über ein Gebot der Landgrafen haben diese gesagt, sie hätten in ihrem ganzen Lande geboten, daß man die Früchte nicht aus ihrem Lande ausführe, sondern nur in ihre Schlösser führen solle; wer von ihren Untertanen Gülte zu geben habe, könne sie geben. Steben erklärt, daß die Landgrafen ein solches Gebot von Rechts wegen erlassen könnten.
1365 an dem sonabinde noch unsers herren uffard.
Originaltext
Item umme Iohane von Lynne, der geladen ist und gebannen umme sachen, der unser herre besunet sin, alz he sprichit, und myne herren dye lantgrafen sprechen, is sy geredit zu Radehusen, daz myn herre von Mentze sulle Iohan von Lynne und synen dynern der bannes abehelfen, daruff sprechen ich zu rechte, ist Iohan von Lynne geladen und gebannen umme stucke und umme sache, dye in der herren kryge geschehen sin, und des sye gesunet syn, daz myn herre von Mentze das eme zu rechter sal abehelfen, und hat he ist geredit zu Radhusen, daz he is auch bylche heldit.
Item umme Englegiis sprechen ich zu rechte, daz dye von Fritzelar sullen eyne lantscheydunge mit den von Englegiis tun in dem walde, wo he der von Englegiis ist von aldir gewest, do insullen sye dye von Fritzelar nicht ane drangen adir hindern.
Item umme dye Gemeynen Marke, der sich dye von Fritzelar undirziehen, sprechin ich zu rechte, ist daz gemeyne marke gewest, so sullen myner herren der lantgraven dorfere ere marke darynne haben, dye sye von aldir darynne gehabit han, und sullen sye dye von Fritzlar darane nicht hindern adir drangen.
Item umme dye gefangen sprechen ich zu rechte, daz alle gefangen von beden syten, dye in der herren krygen gefangen syn, is sye in steden adir uffe velden, sullen loz syn.
Item umme dye warthe zu Fritzlar sprechen ich zu rechte, wo dye von Fritzlar irwysen alz recht ist, eynen rechten ynsez der benanten warthe, daz sye myne herren die lantgraven sollen lazen besitzen alse lange, bis sye dar werden bracht mit gerichte und mit rechte.

Sprache des Originaltextes

deutsch

Nachweise

Weitere Personen

Mainz, Stift St. Viktor, Pröbste, Nikolaus · Stephan, Pastor in Alsfeld · Hessen, Landgrafen, Heinrich II. · Hessen, Landgrafen, Otto der Schütz · Mainz, Erzbischöfe, Gerlach von Nassau · Falkenberg, Johann [II.] von · Linne, Johann von · Vogt von Keseberg, der

Weitere Orte

Alsfeld, Walpurgiskirche · Mainz, Stift St. Viktor · Mainz, Erzbischöfe · Geismar · Hofgeismar · Reinhardswald · Trendelburg · Falkenberg · Amöneburg · Haldessen · Neustadt · Kirchhain · Giffendorf · Langenstein · Rodenhausen · Fritzlar · Großenenglis · Holzhausen · Geismar, Gericht · Frankenberg · Rosenthal · Itterburg, Burg · Wolfhagen · Naumburg

Sachbegriffe

Pfarrer · Pfarrkirchen · Obermänner · Streitigkeiten, Entscheid in · Pröpste · Erzbischöfe · Söhne · Weistümer · Ritter · Knechte · Eide · Wälder, Nutzungsrechte an · Dörfer · Besitzstreitigkeiten · Diener · Schiedsrichter · Zeugen · Banne · Gerichte, Zuständigkeit von · Gerichte, weltliche · Deutscher Orden · Banne, Lösen von · Gefangene, Freilassen von · Verkäufe, unrechtmäßige · Ganerben · Lehen, Verkauf von · Gerichte, Verkauf von · Amtleute · Mord, Sühne für · Handelsverbote, für Feldfrüchte · Burgen

Textgrundlage

Stückangaben, Regest

Reg. Erzb. Mainz 2.1

Original

Demandt, Quellen Fritzlar

Zitierweise
Landgrafen-Regesten online Nr. 11610 <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/lgr/id/11610> (Stand: 28.03.2024)