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Regesten der Landgrafen von Hessen

1362 Januar 27

Entscheid in Streitigkeiten zwischen Hessen und Mainz

Regest-Nr. 11574

Überlieferung | Regest | Originaltext | Nachweise | Textgrundlage | Zitierweise
Überlieferung
Abschriften: Staatsarchiv Würzburg, Ingrossaturbuch 7, fol. 31, frühes 15. Jahrhundert; Staatsarchiv Würzburg, MIB 3, fol. 278v, 16. Jahrhundert
Drucke: Demandt, Quellen Fritzlar, S. 418-420 Nr. 254 (Teilabdruck).
Regesten: Regesten der Erzbischöfe von Mainz 2,1, S. 326 f. Nr. 1464; Demandt, Quellen Fritzlar, S. 418 Nr. 254..
Regest
Heinrich von Hanstein (-steyn), Bernhard von Dalwigk (Talewig), Eckehart von Felsberg (Velsperg) und Gottschalk von Holzheim (Holtz-), die von dem Erzbischof einerseits und den Landgrafen von Hessen andererseits als Ratleute in dem Lande zu Hessen gekorn sind, geben zwischen dem Erzbischof und dem Landgrafen folgende Rechtssprüche auf Grund der ihnen übergebenen Klagen und Antworten: I. Klagen des erzbischöflichen Vitztums (Ulrich von Kronberg). 1. Der Erzbischof und die Seinen seien von denen von Mederich (-e) und aus ihrer Burg (hus) geschädigt worden, während doch der Landgraf dem Erzbischof und dem Vitztum Briefe gesandt habe, daß er des Tile von Mederich und seiner Burg mächig sei zu gütlichem oder rechtlichem Austrage. Urteil: Was der Landgraf in besiegeltem Briefe dem Erzbischof oder dem Vitztum versprochen hat, muß er halten. Wird aber die Erklärung Stebens (von Schartenberg), der Landgraf habe zu Lebzeiten Tiles für diesen einen Austrag auf dem Rechtswege angeboten, doch sei er nicht angenommen worden, bewiesen, so braucht der Landgraf sich für Tile nicht zu verantworten, da Tile tot ist. - 2. Johann von Linne habe dem Ywan das Seine genommen ohne Gericht und Recht. Urteil: Wird Stebens Erklärung, es sei mit Gericht und Recht geschehen, durch Johann erwiesen, so braucht er keinen Ersatz zu leisten; ist es aber wie Steben auch erklärt, vor der Sühne geschehen, so sollen die Ratleute darüber nicht urteilen. - 3. Die Frau vom Desenberge habe den erzbischöflichen Bürgern von Fritzlar (Frits-) das Ihrige genommen von der Burg Falkenberg. Steben antwortet, die Frau unterstehe nicht dem Landgrafen zur Verantwortung. Urteil: Was so gegen die Bürger ohne Gericht und Recht geschehen ist, soll gemäß den Vertragsbriefen wieder gutgemacht werden. - 4. Von dem landgräflichen Teile der Burg zu dem Kogelnberge seien erzbischöfliche Bürger von Fritzlar beraubt, erschlagen und gefangen genommen worden. Steben antwortet, der Kogelnberg gehöre nicht dem Landgrafen allein und von des Landgrafen wegen habe es niemand getan. Urteil: Das was erwiesenermaßen von dem landgräflichen Teile aus geschehen ist, muß gutgemacht werden. - 5. Der Vitztum klagt gegen Steben um Heboltzen und Udenhausen (Udenhosen). Steben erklärt, das gehöre dem Landgrafen. Da die Ratleute über Erbgut nicht sprechen sollen, urteilen sie nicht. - 6. Landgräfliche Bauern auf der Aue hätten dem Erzbischof in dem Kelderholze großen Schaden getan. Steben antwortet, wenn die Leute im erzbischöflichen Holz unberechtigterweise geschlagen hätten, so hätten sie ihre Pfänder gewagt. Urteil: Man soll die Schuldigen in den Gerichten in denen sie sitzen verklagen und man soll dort dem Kläger gemäß den Vertragsbriefen zum Rechte verhelfen. - 7. Die Issrede hätten den Erzbischof und die Seinen durch Raub, Brand und Totschlag von dem landgräflichen Teile des Kogelnberges aus schwer geschädigt. Steben erklärt, die Issrede bestritten das. Urteil wie § 4. - 8. Der Vitztum klagt im Namen Hermans von Schweinsberg (Sweynsperg) über Hermann von Hertingshausen (Hertingeshusen). Die Ratleute weisen Hermann von Schweinsberg an den Erzbischof und den Landgrafen (dy en das vortedigen sullen). - 9. Der Vitztum klagt über Hermann von Schartenberg. Steben erklärt, Hermann sei Amtmann des Jungherrn Hermann von Hessen und unterstehe nicht der Verantwortung des Landgrafen (Heinrich). Ist dem so, so dürfen die Ratleute hierüber nicht urteilen. - 10. Hermann von Hertingshausen habe denen von Linsingen und den armen Leuten in dem Gerichte zu Jesberg (-perg) das Ihrige genommen. Urteil wie § 3. - II. Klagen Stebens von Schartenberg (-den-). 1. Die Fritzlarer hätten auf der Straße mit Vorsatz einen Angriff gemacht. Auf die Antwort des Vitztums erklären die Ratleute, daß die Fritzlarer, die das nicht getan haben, der vorsecze dar man sy umme schuldiget wol mogen unschuldig werden". Ferner erklären sie, daß Albrecht von Waldeck und die, die mit ihm in dem Gerichte und auf der Straße des Landgrafen Leute angegriffen haben, nur dann Genugtuung zu leisten brauchen, wenn sie es nicht mit Gericht und Recht getan haben. - 2. Das geistliche Gericht sei nicht so gehalten worden, wie die Vertragsbriefe bestimmen. Urteil: Ist das richtig, dann muß das gut gemacht werden. - 3. Steben beschuldigt die von Fritzlar um das Gehölz zu Englis (Engelgis). Der Vitztum erklärt, das Gehölz sei des Erzbischofs geforsteter Wald. Da es Erbgut berührt, so urteilen die Ratleute nicht. - 4. Der verstorbene Werner von Schweinsberg habe, als er erzbischöflicher Amtmann war, den von Mederich, einen Ritter und Burgmann des Landgrafen, gefangen genommen. Der Vitztum erklärt, Werner sei damals nicht Amtmann gewesen und habe es von Löwenstein (Lewinsteyn) aus getan. Urteil: Können die Landgrafen nachweisen (als recht ist, nu er toyd ist), daß er an jenem Tage Amtmann war, so soll der Erzbischof Genugtuung leisten. - 5. Wenn Werner den Eigenmannen der Landgrafen in deren Gerichten Schafe genommen hat und die Fritzlarer haben sie ihm in dem Gericht der Landgrafen wieder genommen, so sollen sie Genugtuung leisten. Wenn aber Werner einem Fritzlarer Bürger Schafe abgenommen und sie in das Gericht des Erzbischofs getrieben hat und die Fritzlarer ihrem Mitbürger sie wiedergewinnen halfen, so sind sie nicht schuldig. - 6. Wenn der Vitztum den landgräflichen Burgmann Helewig Ruwentel angegriffen und in einen Turm gelegt hat ohne Gericht und Recht, so soll er Genugtuung leisten. Das worüber der Vitztum und Helewig mit willen gesühnt sind, sollen sie halten. - 7. Gegenüber Stebens Klage wegen der Deutschherren von Marburg erklärt der Vitztum, sie unterstünden mehr der Verantwortung des Erzbischofs als des Landgrafen. Die Ratleute können nicht entscheiden, wenn die beiden nicht vorher austragen, wer die Deutschherren von Rechtswegen vertreten soll. - 8. Steben klagt um Gumperde von Hohenfels (Hoen-). Darüber sollen die Ratleute nicht urteilen, da die Sache oben in dem Lande geschehen ist.
Die Siegel der vier Ratleute hir under uff gedruckt.
D. 1362 feria quinta ante festum purificacionis beate virginis Marie.
Originaltext
Zu dem andern mal, als der vitztum schuldiget hern Steben vorgenant umme Iohanne von Linne, daz her Ywane daz sin genummen habe ane gerichte und ane recht dar antwordet her Steven zu, waz Iohan von Linne daran getan habe, daz habe he getan mit gerichte und mit rechte, und sy ouch geschen vor der herre sune; hiruff spreche wir vor recht, mag Iohan von Linne erwisen, als recht ist, daz er daz mit gerichte und mit rechte getan habe, so endarff her ez eme nicht keren, ist ez ouch geschen vor der herren sone und mag daz erwisen als recht ist, so ensullen wir ratlude daruber nicht sprechen.
Zu dem drittenmale, als der vitztum schuldiget hern Steben vorgenant, daz dy frowe vom Desenberge unsers herren burgere von Mentze den von Fritzlar das ire genummen habe von dem huse zu Falkenberg, dar antwordet her Steben zu, daz dy frowe unsern herren von Hessen nicht zu virantworten sten; hiruff spreche wir vor recht, waz von dem huse zu Falkenberg und wider daruff geschen ist von der frowen wegen von dem Desenberge an den burgern zu Fritzlar ane gerichte und ane recht, daz ist unrecht und sal daz keren, als der herren briefe halden.
Zu dem vierten mal, als der vitztum schuldiget, daz unsers herre nvon Mentze borgere von Fritzlar beroybit, toydt geslagen, gefangen und daz ire genomen sy von dem huse zu dem Kogelnberge von unsers herren teyle von Hessen, dar antwordet her Steven zu, daz der Kogelnberg unsers herren von Hessen alleyne nicht ensy und nymant von syner wegen getan habe; hiruff spreche wir von recht, waz unserme herren von Mentze oder den synen schade geschen ist von unsers herren von Hessen teyle von dem Kogelnberge und wider daruff, daz man erwisen mag, als recht ist, daz sal man richten und keren, als der herren briefe halden und sprechen.
Dyt sin dy schulde, da her Steben von Schardenberg umme schuldiget und zuspricht dem vitzdum:
Zu dem ersten, als her Steben vorgenant schuldiget dy von Fritzlar umme den anegriff uff der straze, den sii mit vorsaze sullen getan han, und uff dy antworte, dy der vitzdom darwider sprichet von der von Fritzlar wegen, spreche wir eyntechtliche vor recht, daz dy von Fritslar der vorsatze, dar man sy umme schuldiget, wol mogen unschuldig werden, als recht ist, dy des nicht getan haben. Ist ouch Albrecht von Waldecken komen und dy mit eme dar waren in unser herren der lantgreben gerichte an lude uff unser herren der lantgreben straze, und hat dar lude angegriffen mit gerichte und mit rechte und darmidde gefaren als recht ist, so ensint sii unsern herren den lantgraven nicht darumme schuldig zu antworden; han sii aber daz nit getan mit gerichte und mit rechte, so han sii unrecht getan und sal daz keren nach der herre nbriefen.
Zu dem dritten mal, als her Steben dy von Fritslar schuldiget umme daz holtz zu engelgiz, nu antwortet der vitztum, das holtz sy unsers herren von Mentze gevorstete walt, des dunkit uns ratlude sementlich, daz wir von rechtes wegen darober nicht sprechen sullen, sind ez der herren erbe ruret und unser herren briefe also halden, daz wir ober keyn erbe sprechen sollen.
Zu dem funfften mal, als her Steben vorgenant schuldiget dy von Fritzlar umme Wenhere von Falkenberg und als der vitztum daruff geantwordit hat, daruff sprechen wir vor recht, hat Wernher von Falkenberg unser herren von Hessen eygen man in iren gerichten schaf genummen und dy von Fritzlar yme dy schaff wider genummen in unser herren der lantgreben gerichte, so han sii unrecht getan und sollen daz keren noch der herren briefen. Hat aber Wernher von Falkenberg eyme borgere von Fritzlar syne schaf genummen und hat dy schaf getriben in unseres herren von Mentze gerichte, han dan dy von Fritzlar irme borgere helfen syne schaf beschuden und wider genummen, daz mochten sii wol tun und sin unser herrn von Hessen und Wernher von Falkenberg darumme nicht schuldig.
Des zu orkunde han wir ratlude alle viere disen brieff besigelt mit unsern eygen ingesigeln dy hirunder uffgedruckt sin. Datum anno domini M°CCC°LX secundo feria quinta ante festum purificationis beate virginis Marie.

Sprache des Originaltextes

deutsch

Nachweise

Weitere Personen

Hanstein, Heinrich [II.] von · Dalwigk, Bernhard [I.] von · Felsberg, Eckhard [III.] von · Holzheim, Gottschalk von · Mainz, Erzbischöfe, Gerlach von Nassau · Hessen, Landgrafen, Heinrich II. · Hessen, Landgrafen, Hermann II. · Kronberg, Ulrich von · Mederich, die von · Mederich, Dietrich von, Knappe · Schartenberg, Stephan [II.] von · Linne, Johann von · Ywan · Desenberg, Frau von · Issrede, die · Schenk zu Schweinsberg, Hermann [I.] · Hertingshausen, Hermann [II.] von · Schartenberg, Hermann [I.] von · Linsingen, die von · Waldeck, Albrecht von · Schenk zu Schweinsberg, Werner [II.] · Ruwentel, Helewig, Burgmann · Hohenfels, Gumbracht [I.] von

Weitere Orte

Mainz, Erzbischöfe · Rheingau · Fritzlar, Bürger · Falkenberg, Burg · Kogelnberg, Burg · Helpoldessen · Udenhausen · Kelderholz, Forst auf der Au · Jesberg, Gericht · Englis, Wald · Löwenstein · Marburg, Deutscher Orden

Sachbegriffe

Erzbischöfe · Schiedrichter, Wahl von · Klagen · Vitztume · Burgen, als Ausgangspunkt für Straftaten · Rechtshilfen, nicht gehaltene · Diebstahl · Gerichte, Verfahren in · Bürger · Raub · Gefangene · Straßen, Sicherheit auf · Erbgüter · Bauern · Wälder, Streit um · Holz, Fällen von · Amtmänner · Gerichte, geistliche · Wälder, Hegung der · Schafe · Vieh, Diebstahl von · Burgmannen · Deutscher Orden

Textgrundlage

Stückangaben, Regest

Reg. Erzb. Mainz 2.1

Original

Demandt, Quellen Fritzlar

Zitierweise
Landgrafen-Regesten online Nr. 11574 <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/lgr/id/11574> (Stand: 29.03.2024)