Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Regesten der Landgrafen von Hessen

1387 Juli 2

Schiedsspruch über die Streitigkeiten zwischen Meißen und Hessen

Regest-Nr. 11111

Überlieferung | Regest | Originaltext | Nachweise | Textgrundlage | Zitierweise
Überlieferung
Ausfertigung: Staatsarchiv Marburg, Urk. 1, Nr. 3860 ⟨Altsignatur: Staatsarchiv Marburg, Samtarchiv, Schublade 45, Nr. 5⟩.
Stückbeschreibung: Pergament, Membran und Schrift gut erhalten (lt. Findbuch).
Siegel: Siegel Kurfürst Wenzels ist abgefallen, die beiden anderen hängen an.
Abschriften: Hauptstaatsarchiv Hannover, Cell. Or. Arch. Des. 8. Schr. I Kaps. 6 Nr. 1 (15. Jahrhundert).
Drucke: Urkundenbuch der Herzöge von Braunschweig 6, S. 195-198 Nr. 181; Urkunden der Markgrafen von Meissen Abt. B 1, S. 167-170 Nr. 221; Eckhardt, Rechtsgeschichte der Stadt Eschwege 1, S. 100 f. Nr. 106.
Regesten: Eckhardt, Rechtsgeschichte der Stadt Eschwege 1, S. 100 f. Nr. 106.
Regest
Forchheim. - Kurfürst Wenzel von Sachsen, Herzog Stephan II. von Bayern und Burggraf Friedrich V. von Nürnberg als gekorene Schiedsrichter erkennen in den Streitigkeiten zwischen Landgraf Balthasar von Thüringen und Landgraf Hermann II. von Hessen zu Recht, daß aller Zwist beigelegt sei, die alte Erbverbrüderung in Kraft bleiben, die durch Hermann dem Herzog Otto von Braunschweig ausgestellten Verschreibungen aufgehoben sein sollen; Landgraf Hermann soll die aus Kassel vertriebenen Bürger bis auf zwanzig, über die ein weiterer Ausspruch vorbehalten bleibt, wieder aufnehmen; alle Briefe, welche die Parteien sich gegenseitig ausgestellt, sollen gültig sein, weitere Streitigkeiten durch ein Schiedsgericht beigelegt werden, Hermann dem Landgrafen Balthasar huldigen lassen, dieser ihm aber die Schlösser Eschwege, Sontra und Berneburg wieder übergeben.

Wortlaut der Datierung

Geben und geschehen zu Forchheim nach Cristi unsers herren geburt drewczehen hundert und in dem sibenden und achczigistem iaren an der heiligen martirer tag Processi und Martiniani.

Originaltext
Wir Wenczlaw von gotis gnaden herczog zu Sachsen dez heiligen Romischen reiches obirster marschalk, wir Stephan von denselben gnaden pfallenczgrave bei Rein und herczog in Beyern dez heiligen Romischen reiches obirster truchseß und wir Fridrich auch von denselben gnaden burggrave zu Nuremberg bekennen -: als die hochgeborn fursten und herren her Balthazar lantgrave in Doringen und marcgraven zu Michsen unser lieber sweher, oheim und swager uff einem teil und her Hermann lantgrave zu Hessen unser lieber oheim, swager und tochtermann uff dem andern aller zwieleiffe und stosse, die sie mit einander gehabt haben biz uff disen hewtigen tag, z uuns zu berichten und zu entscheiden mit dem rechten sein gegangen, welcher irrer zwileuffe wir mit fruntlichkeit oder mynne mit beider partey wissen nicht berichten mochten, und haben uns beide partey gelobet stet zu halten und zu volfuren alle unsere dieselben berichtigunge, als der brif eygentlichn saget und auzweiset, den sie uns daruber gegeben haben, (1) dorumb erkennen wir und urteylen dez ersten eyntrechticlichen, daz die vorgnanten marcgrave Balthazar und lantgrave Herman und alle die, die von beiden teilen in den vorgeschribenn zwileuffen begriffen oder dorunter verdacht sein, umb alles daz, daz sich in denselben iren stossen und uffleuffen hat vorloffen, wie und wovon sich daz hat erhaben und vergangen, on alles geverde gute frunde sein sullen, und sullen auch alle gefangenn, die noch uff beiden seiten gefangen sein, ledig und los sein und alle verdinge, die noch vorhanden und nicht vorgolden sein, genczlichen abe sein und unvergolten beleiben. (2) Dornach erkennen wir und sprechen fur ein recht einmuticlichen, daz die bruderscheftbrife und gemechtbrife, die vor zeiten her Fridrich seliger, her Balthazar und her Wilhelm lantgraven in Doringen und marcgraven zu Michsen von einem teil, her Heinrich und her Herman lantgraven zu Hessen von dem andern einander gegeben haben, doran sie ire furstenthume, lande, lewte, stete, burge und alles, daz sie haben, einander gemachet und verschriben haben, in allen iren mechten und kreften besteen und beleiben sullen ungekrencket und unverrucket on geverde gehalten werden, als sie von wort zu worten begriffen sein, lawten und sagen. Wer aber, daz ein teil beider vorgnanten partey wider dieselben brife dheinerley gemechte tete oder verschribe, dieselben gemechte und schrifte sollten genczlichen kraftlos, tot und abe sein. Auch sullen beider partey amptleute und stete alles irrer lande dieselben ersten gemechtbrife von newem hulden und sweren und mit namen alle die stete und slosse, von den vormals kein huldunge geschehen ist, und sunderlichen die stete und sloß, die herczog Otten von Brunswig von der Leyne genant verpfendet und verschriben sein worden, alles daz zu halten und zu volfuren, daz dieselben ersten gemechtbrife lawten und sagen, und sal dhein amptman nicht entseczet werden oder sich nicht entseczen lassen von beiden obgeschriben parteyen als oft dez not geschicht, ez sey dann, daz zu yeder zeit der amptman, der an sein stat geseczt sal werden, vor gesworen und gehuldet hab die obgeschrieben brife zu halten und zu volfuren geleicher weise, als der amptman getan hat, der abgeseczet sal werden. Wer auch, daz dhein furste oder herre oder sein erben der vorgnanten beider partey wider die oftgenanten brife dheinerley gemechte tete oder brife gebe, die wider die ersten gemechtbrife weren, so sollten desselben fursten und herren, der dasselbe also getan hette, graven, herren, freyen, dinstlewte, ritter, knechte, stete und gemeiniclichen alles sein lande in dheinen stucken und punden mit dheinen sachen in nicht gewarten, sunder dasselbe lande sollte der andern partey in allen sachen dienen und gewarten, als lang biz dieselben newen gemechte und brife, die also gegeben weren, vollkommenlichen getotet und abgenommen wurden. (3) Wir haben auch fur ein recht erkant und gesprochen, daz von der ersten bruderschaft und gemechtbrife wegen, als oben stet geschriben, alle die gemechtbrife und pfantbrife, die hernach dem vorgnanten herczog Otten von Brunswig von dem obgnanten lantgraven von Hessen uber ettliche pfantschaft und slosse, als dieselben brif sagen, gegeben sein worden, in alle niren lawten und schriften genczlichen unmechtig und tot sullen sein on allerley argelist und geverde. (4) Auch sprechen wir als vor, daz lantgrave Herman von Hessen vorgnant alle die burger, die von Cassel auz der stat verweiset und vertriben sein worden, gnediclichen in dieselben stat zu stunden wider einnemen, zihen und dorynnen wonen sal lassen in burger weise und sal in vergeben, waz sie wider yn getan haben, und sal dorumb ir gnediger herre sein. Doch mag er derselben auzgeweisten und vertribenn burger zweinczig, die er iczunt benennen wirdet und uns beschriben geben sal, in dieselbe stat Cassel nicht zihen noch dorynne wonen lassen, als lang biz wir uns mit den unsern, die wir dorzu schicken werden, an guter kuntschaft erfaren, mit welchen schulden sie die verweisunge verschuldet und verwurcket haben, und waz in umb dieselben schulde ihres gutes und irer habe genomen sey worden, dorumb sullen und wollen wir dann nach der erfarunge mit rechte auzsprechen. Waz und wie wir dann fur ein rechte umb dieselben zweinczig burger, umb alle ire genomene habe und gute erkennen und auzsprechen, nach demselben unserm auzspruche sal dieselben sache gehandelt und gehalten werden, besteen und beleiben. Mit namen sullen allen burgern, die wir zu Cassel wider eingesprochen haben, alle ire erbliche gute, die in genomen sein worden, wider eingeben und geantwortet werden in aller der masse, als vor zu gebrawchen und zu genissen. Doch sullen dieselben burger, die also eingelassen werden, vor hulden und sweren dem vorgnanten lantgraven von Hessen und seinen amptman zu Cassel nach derselben stat recht und gewonheit, als dez die burger derselben stat bizher pflichtig und schuldig sein gewesen. Und waz denselben burgern, die zu disem male eingesprochen und eingelassen werden, anderer irer habe und gute mer dann ir erblich gute genomen ist worden, dorumb behalten wir uns auch machte nach guter unsererfarunge, die wir dorumb tuen sullen und wollen, mit rechte auzzusprechen, und wie wir dorumb auzsprechen werden, dabei sal es bestehen und beleiben. (5) Auch sprechen und scheiden wir, daz sie von beiden obgnanten parteyen alle brife, die sie einander gegeben haben, es sey umb burgfride oder worumb die sein, genczlichen beleiben und die unverrucket und ungekrencket in allen stucken halten sullen on allerley geverde. (6) Wer aber, daz beide vorgnante partey oder ein teil unter in stossig wurden in einem oder mer aller ob- und nachgeschriben sache, zwileuffte und stossen, der sie zu uns gegangen sein zu berichten, oder ob wir eines oder mer derselben stucke oder artickel in unsern auzspruchen vergessen hetten, dorumb vorgnante beide partey kunfticlichen zwileufftig mochten werden, dorzu sal iglich partey, als oft dez not geschicht, zwen schiedliche man geben und bescheiden, dieselben vire macht und gewalt sullen haben umb iglichen zwileuffe sunderlichen gutlichen mit beider partey wissen zu berichten. Mochte der richtunge also nicht geschehen noch geen, so sullen dieselben vire dorumb daz recht auzsprechen, und wie daz von in umb ein igliches stucke wirdet auzgesprochen mit der mynne oder mit rechte, als vor geschriben stet, bey demselben auzspruch sal dann dieselben sache besten und beleiben. Wer aber, daz die vire in mynne oder rechte, als vor geschriben stet, uberein nicht komen mochten, so sollten beide partey dorzu eines obmannes uberkomen, ob sie mochten, und wie der obman dann dieselben sache mit mynne oder recht, als oben geschriben stet, handelnd und endend wurden, bey demselben ende sal dieselben sache bestend beleibend und vesticlichen gehalten werden. Mochten aber beide partey umb einen obman also nicht uberein werden, so sollten und wollten wir oder der merer teil unter uns in dorzu einen obman geben und bescheiden, derselbe obman kraft und macht haben sollte zu handeln und zu tun gleicher weise, als nehst von dem obman stet geschriben, den beide partey dorzu geben sollten. (7) Wir sprechen und scheiden auch alz vor, daz lantgrave Herman vorgnant die huldunge seiner lande, lewte, stete und sloß, als oben an disem brif stet geschriben, den marcgraven von Michsen sal lassen geschehen und widerfaren uff den nehstkunftigen sant Iacobs tag oder davor, und wenn dieselben huldunge also geschicht, so sal marcgrave Balthazar dem lantgraven von Hessen zu stunden on furzog die sloß Eschemwege, Suntra und Bernburg mit iren zugehorungen, als wir herczog Stephan und wir burcgrave Fridrich vorgnant auzgesprochen haben an einem andern brife, den wir herczog Stephan mit unserm anhangenden insigel haben versigelt, antworten und wider eingeben. Wer aberm daz der lantgrave von Hessen die huldunge vor sant Iacobs tag, als vor geschriben stet, nicht liesse geschehen, so sullen im dornach die angewunnen sloß nicht geantwortet werden, als lang biz er den marcgraven die huldunge lesset geschehen. Wollten aber die marcgraven die huldunge vor sant Iacobs tag nicht einnemen und im daz mit geverde verzihen wollten, dannach sollten die sloß, als vor geschriben stet, dem lantgraven von Hessen uff denselben sant Iacobs tag geantwortet und wider eingegeben werden. (8) So sullen die marcgraven von Michsen mit alle niren landen, lewten und slossen dem lantgraven von Hessen huldunge geschehen und widerfaren lassen on verzihen und on widerrede uff unser frawen tag assumpcionis nehst komend oder davor. (9) Auch sprechen wir als vor, daz der lantgrave von Hessen on alles geverde getrewlichen gnediger herre sein sal aller burger und armen lewte der slosse, die im eingeantwortet werden, und sal in allen noch irer dheinen sunderlichen nymmer zusachen, daz sie an im getan haben in den verlauffen sachen und krigen. (10) Auch sprechen wir eynmuticlichen als vor, daz diese unsere auzspruche den ersten bruderscheftbrifen und gemechtbrifen, die beide obgnant partey gen einander gegeben haben, keinen schaden noch kranck pringen sullen, sunder dieselben brif sullen in alle niren mechten und kreften beleiben, alz oben auch an disem brif ist begriffen. Aller obgeschriben auzspruche und richtigunge zu warem urkunde haben wir herczog Wanczlaw, herczog Stephan und burcgraf Fridrich obgnant unsere insigel mit rechter wissen an disen brif heissen hencken. Geben und geschehen zu Forchheim nach Cristi unsers herren geburt drewczehen hundert und in dem sibenden und achczigistem iaren an der heiligen martirer tag Processi und Martiniani.

Sprache des Originaltextes

deutsch

Nachweise

Ausstellungsort

Forchheim

Aussteller

Sachsen-Wittenberg, Herzöge, Wenzel I. · Bayern, Herzöge, Stephan III., der Kneißl · Nürnberg, Bruggrafen, Friedrich V.

Empfänger

Thüringen, Landgrafen, Balthasar · Hessen, Landgrafen, Hermann II.

Siegler

Sachsen-Wittenberg, Herzöge, Wenzel I. · Bayern, Herzöge, Stephan III., der Kneißl · Nürnberg, Bruggrafen, Friedrich V.

Weitere Personen

Braunschweig-Göttingen, Herzöge, Otto der Quade

Weitere Orte

Sachsen, Herzöge · Bayern, Herzöge · Nürnberg, Burggrafen · Thüringen, Landgrafen · Meißen, Markgrafen · Braunschweig, Herzöge · Kassel · Eschwege · Sontra · Berneburg

Sachbegriffe

Kurfürsten · Herzöge · Burggrafen · Schiedssprüche · Streitigkeiten, Vermitteln in · Erbverbrüderungen · Bürger, vertriebene · Burgen, Rückgabe eroberter · Huldigungen

Textgrundlage

Stückangaben, Regest

Eckhardt, Eschwege 1

Original

UB Markgrafen von Meißen 1

Zitierweise
Landgrafen-Regesten online Nr. 11111 <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/lgr/id/11111> (Stand: 28.03.2024)