Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Regesten der Landgrafen von Hessen

1351 April 8

Übereinkuft zwischen Köln und Paderborn

Regest-Nr. 10849

Überlieferung | Regest | Originaltext | Nachweise | Textgrundlage | Zitierweise
Überlieferung
Ausfertigung: HASt Köln, Domstift Urkunde 1094. Siegel leicht beschädigt. Rückvermerk (14. Jahrhundert): Confederacio domini Balduini episcopi Paderbornensis.
Regesten: Regesten der Erzbischöfe von Köln 6, S. 48 f. Nr. 153.
Regest
Bischof Baldewin von Paderborn (Paderbůrnensis eccl.) bekundet, daß er um des Besten und des Friedens seines Landes willen mit Erzbischof Wilhelm folgende Übereinkunft geschlossen hat: 1. Beide Vertragspartner werden einander auf Lebenszeit mit aller Macht gegen diejenigen beistehen, die sie selbst und ihre Kirchen angreifen, und zwar sobald und sooft sie um solche Hilfe bitten; sie werden einander nicht befehden. Derjenige, der um Hilfe bittet, hat den Helfern in seinem Lande die Kosten, die zu deutsch leuerůnghe heißen, zu erstatten; Schatzungen von Gefangenen und Gütern werden zwischen den Parteien nach Maßgabe der daran beteiligten Truppenzahl geteilt; eine Ersatzpflicht für erlittene Schäden besteht nicht. Kriegerische Auseinandersetzungen mit jeweiligen oder gemeinsamen Feinden in des einen oder anderen Land, die ohne ein Hilfegesuch stattfinden, gehen zu ausschließlichem Gewinn und Verlust der kämpfenden Seite. Ausgenommen von diesem Hilfsbündnis werden von Paderborner Seite das Mainzer Erzstift, Landgraf Heinrich von Hessen (Hassie), sein Sohn Otto, Graf Engelbert von der Mark (Marka), Bernhard Herr zur Lippe (de Lippia) und der Edelherr Sifrid von Homburg (Homborgh), von seiten des Kölner Erzbischofs die Bischöfe von Münster (Monasteriensis), Osnabrück (Osnaburgensis) und Minden (Mindensis) sowie die übrigen Kölner Suffragane, der Abt von Corvey (Corbeyensis) und der Graf von der Mark. - 2. Sollte es zwischen einem Vertragspartner und Verwandte, Vasallen oder Burgleute des anderen zu Fehde oder Streit kommen, wird dieser auf einen rechtlichen Austrag der Streitigkeiten hinwirken. Verweigern die Verwandten, Vasallen oder Burgleute den rechtlichen Austrag, so ist der Bündnisfall gegeben, sofern der andere Vertragspartner mit einem rechtlichen Austrag einverstanden ist. Ist er es jedoch, der einen Rechtsaustrag ablehnt, ist sein Vertragspartner in diesem Fall nicht zur Hilfe verpflichtet. - 3. Im Fall eines Hilfeersuchen darf keine Seite mit den Feinden einen Waffenstillstand oder Frieden oder irgendein Abkommen schließen, zu dem die andere Seite nicht ihre Zustimmung gegeben hat und in den bzw. in das sie nicht mitinbegriffen ist. - 4. Keiner der Vertragspartner noch seine Amtleute und Untertanen dürfen zum Schaden des anderen dessen feste Plätze in ihre Gewalt bringen oder dessen Untertanen zur Huldleistung zwingen. Vielmehr sollen sie gemeinsam gegen diejenigen vorgehen, die solches versuchen. Der westfälische Marschall und die übrigen Amtleute der Vertragspartner sollen die Beachtung der Bündnisartikel beschwören; einen gleichen Schwur haben künftige Amtleute bei ihrer Einsetzung zu leisten. - 5. Zur Bereinigung solcher und ähnlicher interterritorialer Reibungspunkte wird ein Schiedsgericht eingesetzt, in das Erzbischof Wilhelm den Ritter Hermann von Plettenberg (-bracht) und den Knappen Johannes von Padberg (Patbergh), Bischof Baldewin die Ritter Hermann von Kalenberg (Calenbergh) und Ludolf von Heerse (Hirse) entsenden. Gemeinsamer Obermann ist der Ritter Rave von Papenheim (-hem) d.Ä.
Verfahren werden soll wie folgt: Auf eine Klage des Erzbischofs von Köln bzw. seines westfälischen Marschalls hin haben sich die vier Parteienvertreter (adiuncti, mediatores) binnen acht Tagen zu versammeln. Können sie sich dort nicht einig werden, sollen sie sich nach Geseke (Gheseke) begeben, in An- oder Abwesenheit der Parteien die anstehenden Fragen untersuchen und die Sache in amicicia oder durch einen Rechtsspruch entscheiden, wenn sie sich auf einen solchen einigen können. Klagt der Bischof von Paderborn, wird der Versammlungsort von Stalpe nach Salzkotten (Soltkoten) verlegt. Falls die Schiedsleute in Geseke bzw. Salzkotten innerhalb von 14 Tagen zu keiner Einigung kommen können, haben sie ihre Voten schriftlich dem Obermann zuzuleiten, der binnen Monatsfrist einen Rechtsspruch abgeben muß, falls die Sache nicht inzwischen durch einen Vergleich aus der Welt geschafft worden ist. An die einhellige Entscheidung der Schiedsleute oder das Urteil des Obermanns sind die Vertragspartner gebunden und werden gemeinsam für die Durchführung der Sentenz sorgen.
Ein ausfallender mediator ist binnen Monatsfrist zu ersetzen. Widrigenfalls haben die drei übrigen auf Mahnung der Seite, die in diesem Fall sine culpa ist, ins Einlager nach Geseke oder Salzkotten zu gehen und dort solange zu bleiben, bis der Ersatzmann benannt ist. Entsprechendes gilt für den Fall, daß ein neuer Obermann bestellt werden muß.
Beide Vertragspartner haben einander gelobt, dieses Bündnis für ihre Lebenszeit getreulich einzuhalten.
Siegelankündigung.
Datum 1351 feria sexta post dominicam qua cantatur Judica.
Nachweise

Weitere Personen

Paderborn, Fürstbischöfe, Balduin von Steinfurt · Köln, Erzbischöfe, Wilhelm von Gennep · Hessen, Landgrafen, Heinrich II. · Hessen, Landgrafen, Otto der Schütz · Mark, Grafen, Engelbert III. von der · Lippe, Bernhard V. zur · Homburg, Edelherren, Siegfried von · Plettenberg, Hermann von · Padberg, Johann [I.] von · Kalenberg, Hermann [I.] von · Heerse, Ludolf von, Ritter · Pappenheim, Rabe [I.] von

Weitere Orte

Paderborn, Bischöfe · Köln, Erzbischöfe · Mainz, Erzstift · Mark, Grafen · Münster, Bischöfe · Osnabrück, Bischöfe · Minden, Bischöfe · Corvey, Äbte · Stalpe · Salzkotten · Geseke

Sachbegriffe

Bischöfe · Erzbischöfe · Bündnisse · Fehden · Hilfe, militärische · Beute, Aufteilen der · Gefangene · Bündnisse, Ausnahme von · Edelherren · Suffragane · Äbte · Vasallen · Burgleute · Schiedsgerichte · Schiedsrichter · Amtleute · Ritter · Knappen · Marschälle

Textgrundlage

Stückangaben, Regest

Reg. Erzb. Köln 6

Zitierweise
Landgrafen-Regesten online Nr. 10849 <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/lgr/id/10849> (Stand: 29.03.2024)