Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Regesten der Landgrafen von Hessen

(vor 1482 Juli 6)

Aufzeichnung über die Verhandlung zwischen Limburg und Camberg

Regest-Nr. 10210

Überlieferung | Regest | Originaltext | Nachweise | Textgrundlage | Zitierweise
Überlieferung
Ausfertigung: A: Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Abt. 40, 930/35.
B: Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Abt. 40, 930/35a.
Stückbeschreibung: A: Papier, ein Rotulus von 30:88 cm, als Wasserzeichen ein Fraktur-p mit gepaltenem Fuß und einem gestielten Kleeblattkreuz darüber;
B: Papier, mit fehlendem Anfang, ein Rotulus von 20,9:75 cm, als Wasserzeichen ein Ochsenkopf mit Andreaskreuz auf einer Stange zwischen den Hörnern, modern auf Papier aufgezogen, textlich unabhängig, vielleicht eine erste Fassung, da im Aufbau nicht so klar wie W 40, 930/35.
Regesten: Struck, Quellen zur Geschichte der Klöster 1, S. 545 f. Nr. 1221.
Regest
Aufzeichnung des St. Georgenstifts zu Limburg über die Verhandlung zwischen den Kapitelsherren und der Gemeinde Camberg (Kaynbergh) (für Erzbischof Hermann von Köln): Bei Verlehnung des Zehnten in Camberg und den umliegenden Dörfern haben die von Camberg im Jahre 1481 den Abgesandten des Kapitels eine Urkunde vorgehalten mit der Bitte um Antwort. Die Abgesandten wollten die Sache vor ihre Mitherren im Kapitel bringen und erbaten eine Abschrift, die sie aber nicht erlangen konnten. Kurz darauf bat das Stift die Landesherren von Camberg und deren Amtleute und Kellner, dahin zu wirken, daß die Gemeinde von ihrer Forderung absteht und es beim Herkommen läßt. Die Herren benannten sogleich einen Schiedstag, auf dem neben anderen Kellnern Heinrich Riedesel anwesend war, aber Adam der Kellner zu Weilnau, Geschäfte halber fehlte. Die anwesenden Amtleute und Kellner wollten nun die Sache gütlich beilegen. Die Abgesandten des Stifts erklärten aber, daß sie dazu keine Vollmacht hätten und vor den Landesherren von Camberg oder ihren dazu gesandten Räten rechtlichen Austrag wünschten. Die von Camberg sagten darauf, sie wollten den Zehnten beschlagnahmen. Die Kapitelsherren antworteten, die Zehnten seien geistlich und die von Camberg seien dazu nicht befugt, da sie Kläger seien und somit nicht selber richten könnten. Obgleich das Stift sich denen von Camberg zu rechtlichem Austrag vor den Landesherren von Camberg erbot, belegten sie eine Stunde später den Stiftszehnten durch ihr Schöffengericht mit Beschlag, was sie dem Stift durch ihren Gerichtsknecht verkündeten. Die Kapitelsherren forderten sogleich die Aufhebung der Beschlagnahme (haynt von stunt den ußkommer gethane) und verwiesen auf die Landesherren. Aber die von Camberg schlugen dies ab und beschieden das Stift zu einem Gerichtstag. Das Stift wandte sich daraufhin an die Landesherren von Camberg: erstlich an Junker Johann, Graf zu Nassau und zu Diez, in seiner Stadt Siegen, der die Gnade hatte, an Schultheiß, Schöffen und ganze Gemeinde zu Camberg (Oktober 5), wie inseriert ist, zu schreiben, zweitens an Landgraf Heinrich von Hessen, der ebenfalls (Oktober 16) an die Gemeinde ein - inseriertes - Schreiben richtete, drittens an Junker Gottfried, Herrn zu Eppstein und zu Münzenberg, von dem sie (Oktober 26) auch ein Schreiben an die Gemeinde von Camberg erwarben, das ebenso inseriert ist. Danach begab es sich, daß der Schultheiß von Camberg mit dem Gerichtsknecht die Kapitelsherren vor sein Gericht lud. Als sie durch einen geistlichen Abgesandten vor Notar und Zeugen (November 14) protestierten und sich an die Stellen beriefen, vor denen ihnen gebührt, über solche geistlichen Zehnten zu verhandeln, setzten die Schöffen des Camberger Gerichts ohne Rücksicht darauf und unter Verachtung der Schreiben ihrer Landesherren einen neuen Gerichtstag fest. Bald darauf sandte das Stift erneut zum Landgrafen von Hessen und wurde (Dezember 9) wiederum mit einem - inserierten - Schreiben an die von Camberg begnadigt, das aber auch von den Cambergern verachtet wurde. Dekan und Kapitel brachten deshalb die Sache beim Erzbischof Johann von Trier vor, von dem sie Schreiben an die Ganerben von Camberg erlangten, worin er sich zu rechtlichem Austrag erbot. Diese antworteten dem Erzbischof, und von der Zuschrift des Grafen Johann von Nassau (Dezember 16) erhielt das Stift eine Kopie, die inseriert ist. Als dementsprechend das Stift sich seiner Früchte bedienen wollte und Korn und Weizen dreschen ließ, auch einiges von der Frucht vor das Tor (die porthe) von Camberg kam und hinweggefahren werden sollte, ließ der Schultheiß die Frucht wieder einfahren, und die von Camberg brachen nun die verschlossene Scheune auf, droschen die Frucht und teilten Korn, Weizen und Hafer. Als die Kapitelsherren dies erfuhren, meldeten sie dem Erzbischof von Trier, daß die Zuschriften der Landesherren an ihn nicht eingehalten wären. Der ließ darauf die Sache in Ems (Eymptze) dem Landgrafen von Hessen vortragen. Für ihn antwortete Junker Otto von Diez, daß der Landgraf keine Kenntnis von dieser Sache hätte und zum dritten Mal an die von Camberg ein Schreiben gerichtet habe. Die von Camberg haben dies in Händen, dem Stift ist es nicht bekannt. Als die Camberger es erhielten, hatten sie schon alle Frucht veräußert und verboten, Pächte, Zehnten, Korn und Hafer, Weinkaufsgeld und rückständige Zehntschuld auszuliefern.

Weitere Informationen

Die Zeitstellung ergibt sich in etwa durch die inserierten Schreiben von 1481 Oktober 5 - Dezember 16. Sie läßt sich dadurch näher bestimmen, daß der Bann und Aberbann (vgl. [Struck, Quellen 1] Nr. 1210 von 1482 März 26) erwähnt und am Schluß eine Anrede gegeben wird, die sich nur auf den Erzbischof von Köln als Vermittler beziehen läßt, da alle sonst beteiligten Fürsten in der dritten Person erscheinen. Die Aufzeichnung war also als Unterlage für seine Entscheidung von 1482 Juli 9 gedacht.

Nachweise

Aussteller

Limburg, Stift

Empfänger

Köln, Erzbischöfe, Hermann IV. von Hessen

Weitere Personen

Riedesel, Heinrich [IV.] · Raunheimer, Adam, von Heldenbergen · Nassau-Dillenburg, Grafen, Johann V. · Hessen, Landgrafen, Heinrich III. · Eppstein-Münzenberg, Herren, Gottfried IX., Graf zu Diez · Trier, Erzbischöfe, Johann II. von Baden · Diez, Otto [III.] von

Weitere Orte

Limburg a.d. Lahn (Lkr. Limburg-Weilburg), Stift · Bad Camberg (Lkr. Limburg-Weilburg) · Köln, Erzbischöfe · Weilnau (Hochtaunuskreis), Kellner · Nassau, Grafen · Diez, Grafen · Siegen (Kr. Siegen-Wittgenstein/Nordrhein-Westfalen) · Eppstein, Herren · Münzenberg, Herren · Bad Camberg (Lkr. Limburg-Weilburg), Schultheiße · Trier, Erzbischöfe · Bad Camberg (Lkr. Limburg-Weilburg), Tor · Bad Camberg (Lkr. Limburg-Weilburg), Scheune des Stifts Limburg · Bad Ems (Rhein-Lahn-Kreis/Rheinland-Pfalz)

Sachbegriffe

Stifte · Kapitelsherren · Gemeinden · Streitigkeiten, Vermitteln in · Erzbischöfe · Zehnte · Dörfer · Urkunden, Abschrift von · Amtleute · Kellner · Herkommen, altes · Schiedstage, Festlegen von · Räte · Austräge, rechtliche · Gerichtsorte, Streit über · Kläger · Stiftszehnte · Schöffengerichte · Zehnte, Beschlagnahmen von · Gerichtsknechte · Junker · Hilfe, Bitte um · Notare · Gesandte, geistliche · Ganerben · Getreide, Dreschen des · Korn · Weizen · Abgaben, Getreide · Scheunen · Schultheiße · Hafer · Früchte, Verkauf von · Verkäufe, unrechtmäßige · Pächter · Weinkaufsgelde · Abgaben, Verweigern von

Textgrundlage

Stückangaben, Regest

Struck, Quellen 1

Zitierweise
Landgrafen-Regesten online Nr. 10210 <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/lgr/id/10210> (Stand: 20.04.2024)