Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe

Bundeskabinett befasst sich mit Henschel-Vergleichsantrag, 18. September 1957

Die Bundesregierung befasst sich im Rahmen ihrer 195. Kabinettssitzung mit dem Fall des bankrotten Maschinen- und Fahrzeugbaukonzerns Firma Henschel & Sohn in Kassel. In einem Schreiben wendet sich der Sanierungsbevollmächtigte des Henschel-Aufsichtsrates, Dr. Johannes Semler (1898–1973), an Bundeswirtschaftsminister Erhard mit der Bitte um finanzielle Garantien für den angeschlagenen LKW- und Lokomotivenhersteller (AZ B 102/22756). Dabei steht nicht nur ein Kredit aus Bundesmitteln zur Debatte, sondern auch die Bereitstellung von Kreditvolumen aus den Fonds amerikanischer Unterstützungsgelder. Eine Einbeziehung der Amerikaner wird jedoch vom Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Vizekanzler Franz Blücher (1896–1959) abgelehnt.

Infolge unerwartet hoher Verluste hatte Henschel kurz zuvor die Zahlungen eingestellt und am 17. September 1957 beim Amtsgericht in Kassel die Eröffnung eines gerichtlichen Vergleichsverfahrens zur Abwendung des Konkurses beantragt.

Der zur Bewältigung der betrieblichen und finanziellen Krise ausgearbeitete Sanierungsplan sah unter anderem die Gewährung eines vom Land Hessen verbürgten Sofortkredits als Überbrückungsmaßnahme vor, der vom Bund mit fünf Millionen DM rückverbürgt werden solle.

Nach Angaben der Geschäftsführung des Unternehmens sind die Schwierigkeiten im Lastkraftwagengeschäft auf weitgehende Marktsättigung bei zugleich zunehmender Auslandskonkurrenz, sowie in der nicht sehr exportfreudigen Einstellung der Bundesrepublik zu suchen. Henschel kündigte an, aufgrund des schlechten Geschäfts in der Schwerlastwagen-Sparte Kurzarbeit und Entlassungen vorzunehmen. Henschel & Sohn GmbH beschäftigt rund 10.000 Mitarbeiter.
(KU)