Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg

↑ Percy Graf von Bernstorff, Zeitungsberichte des Regierungspräsidenten in Kassel an den Kaiser, 1917-1918

Abschnitt 11: Bericht vom 27. April 1917 (5)

[956-957] Während die private sowie öffentliche Bautätigkeit im allgemeinen ruht, ist doch der Bau und die Einrichtung des neuen staatlichen Vollblutgestüts Altenfeld im Kreise Eschwege nach Kräften gefördert worden, um die durch den langandauemden Krieg und den Russeneinfall in Ostpreußen schwergeschädigte Pferdezucht möglichst bald wieder zu heben. Infolge des Fehlens der Bauhandwerker gehen die Bauten nur langsam vorwärts. Indessen ist es möglich gewesen,
1. das Rendantenwohnhaus im oberen Geschoß bezugsfertig,
2. das Roßarztwohnhaus im Rohbau fertigzustellen.
3. Von zwei Arbeiterwohnhäusem ist das eine bezogen, das andere im Rohbau ausgeführt worden.
4. Einer der in Aussicht genommenen Stutenställe ist in der Ausführung begriffen.
5. Die große Zulahrtstraße mit Brücke über den Oelbach ist bis auf den Oberbau fertig.
6. Die Melioration und die Anlagen der Wiesen und Weiden im Oelbachtal sowie im Geländebereich des Gestüts sind zum größeren Teil für den Gestütsbetrieb mit Hilfe von aurchschnitlich 110 Kriegsgefangenen zur Durchführung gebracht. Nach Einstellung von weiteren 100 handwerklich ausgebildeten Kriegsgefangenen werden die Hochbauten in diesem Jahr voraussichtlich günstig fortschreiten, so daß das Gestüt im Herbst 1918 eröffnet werden kann. Elektrische Kraft und Licht wird von der Stadt Eschwege geliefert.

Von Stiftungen, Vermächtnissen und Schenkungen, die während des Krieges erfolgt sind, verdienen folgende der Erwähnung:

Von den Erben des Geheimen Kommerzienrats Aschrott1 wurde der Stadt Kassel ein Kapital von 25.000 M. für Kriegswohlfahrtszwecke überwiesen, welches inzwischen im Sinne der Stiftung Verwendung gefunden hat.

Der Geheime Kommerzienrat Henschel2 stiftete 259.000 M. für die Anlage eines Parks vor dem Krankenhause des Vaterländischen Frauenvereins hierselbst zum Andenken an seine verstorbene Mutter3. Mit Rücksicht auf den Krieg ist die Parkanlage noch nicht in Angriff genommen, das Land wird noch zum Gemüseanbau verwendet.

Von den Erben der verstorbenen Frau Geheimrat Sophie Henschel wurde der Stadt Kassel ein Betrag von 250.000 M. überwiesen zu gemeinnützigen Zwecken. Er soll zur Errichtung einer Entbindungsanstalt vor dem Frankfurter Tor verwendet werden.

Der Geheime Kommerzienrat Vogt hierselbst errichtete zum Andenken an einen gefallenen Sohn eine Stiftung von 50.000 M. zur Unterstützung von Kriegsteilnehmern, insbesondere von Kriegsbeschädigten.

Regierungspräsident
Graf von Bernstorff


  1. Sigmund Aschrott (1826-1915), deutsch-jüdischer Unternehmer in Kassel.
  2. Karl Henschel (1873-1924).
  3. Sophie Henschel (1841-1915).

Personen: Bernstorff, Percy Graf von · Aschrott, Sigmund · Henschel, Sophie · Henschel, Karl
Orte: Kassel
Sachbegriffe: Krankenhäuser · Stiftungen · Vaterländische Frauenvereine · Entbindungsanstalten · Kriegsbeschädigte
Empfohlene Zitierweise: „Percy Graf von Bernstorff, Zeitungsberichte des Regierungspräsidenten in Kassel an den Kaiser, 1917-1918, Abschnitt 7: Bericht vom 27. April 1917 (5)“, in: Hessische Quellen zum Ersten Weltkrieg <https://www.lagis-hessen.de/de/purl/resolve/subject/qhg/id/26-11> (aufgerufen am 19.04.2024)