Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen

Regesten der Landgrafen von Hessen

1492 November 25

Heiratsabsprache zwischen Wilhelm III. und Elisabeth von der Pfalz

Regest-Nr. 7135

Überlieferung | Regest | Originaltext | Nachweise | Textgrundlage | Zitierweise
Überlieferung
Ausfertigung: Staatsarchiv Marburg, Urk. 1, Nr. 4045 ⟨Altsignatur: Staatsarchiv Marburg, Samtarchiv, Schublade 84, Nr. 79⟩.
Stückbeschreibung: Die Membran hat drei große Flecken, auf denen die Schrift nicht zu lesen aber ansonsten gut erhalten ist (lt. Findbuch).
Siegel: Die beiden Siegel sind gut erhalten (lt. Findbuch).
Abschriften: Staatsarchiv Marburg, Kopiar 21, Nr. 17, Bl. 83-91v.
Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Abt. 171, in C 1031 (1549); Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Abt. 170, II (Mitte 16.Jh.).
Regesten: Demandt, Regesten 2, S. 1008 Nr. 2548.
Regest
[Lorsch]. - Pfalzgraf Philipp bei Rhein, Herzog in Bayern, Erztruchseß des heiligen römischen Reiches und Kurfürst und Landgraf Wilhelm von Hessen, Graf zu Katzenelnbogen, Diez, Ziegenhain und Nidda, bekunden, daß sie im Namen der hl. Dreifaltigkeit, zur Ehre Gottes, aber auch wegen der Freundschaft, die sie herkömmlicherweise für einander hegen, zur Stärkung ihrer beiden Fürstentümer und endlich zum Nutzen ihrer Prälaten, Grafen, Herren, Ritter, Lande und Leute und Untertanen - eine Ehe zwischen Landgraf Wilhelm und Pfalzgraf Philipps ältester Tochter Elisabeth folgendermaßen verabredet haben:
1. Pfalzgraf Philipp soll seine Tochter Elisabeth dem Landgrafen nach Ordnung der Kirche zur Ehe geben, dieser sie zur ehelichen Gemahlin nehmen und während ihrer Lebenszeit keine andere.
2. Das Heiratsgut beträgt 32000 fl., die der Pfalzgraf einen Monat vor dem Beilager in Frankfurt hinterlegen und worüber er dem Landgrafen eine Verschreibung geben soll. Auch soll der Pfalzgraf seine Tochter zur Heimfahrt ausstatten, wie es sich für eine Fürstin von Bayern geziemt.
3. Hingegen soll Landgraf Wilhelm die Mitgift Elisabeths mit 32000 fl. widerlegen und ihr eine Morgengabe von mindestens 10000 fl. zuwenden. Diese Beträge soll der Landgraf auf Schlösser und Herrschaften anweisen, die ihm frei zustehen und niemand anderem verschrieben sind und am Rhein nahe bei der Pfalz liegen, wo Elisabeth auch ein fürstlicher Sitz angewiesen werden soll. Die genannten Beträge sind jährlich mit 1 fl. von 20 fl. zu verzinsen, wobei Wildbanne, Frondienste, Atzung, Fischerei, Bußen und Frevel und dergleichen nicht mit veranschlagt werden sollen.
4. Amtleute und Untertanen der verschriebenen Schlösser, Herrschaften und Güter sollen vor dem Beilager schwören, von Stund an nach des Landgrafen Tod, wenn er vor ihr stirbt, ihr und nach ihrem Tode ihrem nächsten Erben und nur ihnen und keinem anderen damit gewärtig zu sein und allein ihnen die Gülte zu verabfolgen.
5. (Es folgt der mir nicht verständliche Passus): Ob ire aber in der ziit dwiel wir der landgraf in leben oder nach unserm toit, ehe sie umb die vorbestympten somma gelt heyratsguts widderlegung und morgengabe und ob wir der landgrave in unserm leben ire mehir vermeint oder verschrieben hetten, mit irem willen oder durch veranderunge ires widewestuels und annehmen eines andern elichen gemahles abgeloist were, - oder wenn diese Schlösser, Herrschaften und Güter verloren (abgewonnen), veräußert oder so schadhaft geworden sind, daß sie die Gülte nicht mehr leisten können, dann sind der Landgraf oder seine Erben verpflichtet, die Gülte auf andere, der Pfalz nahe Orte anzuweisen, ausgenommen die Pfalzgräfin oder ihr nachmaliger Gemahl fingen Krieg und Aufruhr an, dann sind die landgräflichen Erben nichts mehr schuldig.
6. Elisabeth ist in ihrem Wittum zu schützen, was ihr urkundlich versichert werden soll. Es darf auch niemand anderem verschrieben und nicht mit Schatzung, Steuern, Frondiensten, Kriegsleistungen (reißen) belastet werden, solange Elisabeth ihr Wittum innehat.
7. Der Pfalzgraf ist ermächtigt, für seine Tochter vor dem Beilager die für die Widerlegung bestimmten Schlösser, Herrschaften und Güter zu besichtigen, um zu erfahren, wie sie gelegen sind und was sie jährlich an ständiger Gülte leisten können. Das soll der Landgraf fördern und dann in Erfahrung bringen, ob sie dem Pfalzgrafen genügen oder nicht.
8. Wenn Elisabeth 12 Jahre alt geworden ist, soll das Handgelöbnis (handstreich) und in ihrem 15. Jahr das Beilager vollzogen werden, es sei denn, daß beide (Pfalzgraf und Landgraf) übereinkommen, das Beilager früher zu halten.
9. Zur Heimfahrt soll der Pfalzgraf selbst oder seine Beauftragten seine Tochter nach Frankfurt führen, wo sie der Landgraf oder die Seinen übernehmen und an den Ort des Beilagers führen sollen, wobei sie versorgt und gehalten werden soll als des Landgrafen eheliche, liebe Gemahlin.
10. Ein Vierteljahr vor dem Beilager soll Elisabeth eine Verzichtleistungsurkunde gemäß der vom Pfalzgrafen vorgelegten Fassung ausstellen und ihr dagegen die pfalzgräfliche Schuldurkunde über ihr Heiratsgut ausgehändigt werden.
11. Stirbt Elisabeth nach vollzogenem Beilager vor dem Landgrafen ohne eheliche Leibeserben zu hinterlassen, dann soll ihr eingebrachtes Silbergeschirr, ihre Kleinodien, Schmuck, Kleider und was zu ihrem Leibe gehört, und was ihr an Silbergeschirr und Kleinodien geschenkt worden ist, an den Pfalzgrafen und seine Erben ohne Beirrung zurückfallen. Was sie vom Landgrafen erhalten oder selbst bei ihm erworben hat oder ihr von landgräflichen Untertanen geschenkt worden ist, das soll nach ihrem Tode verzeichnet und als beglaubigtes Inventar dem Pfalzgrafen übergeben werden. Diese Geschenke soll der Landgraf lebenslänglich besitzen und nutzen, aber nach seinem Tode ebenfalls an den Pfalzgrafen gelangen lassen. Ihre fürstlichen Kleider von goldenen oder silbernen Stücken oder von anderen Seiden sollen bei ihrem Begräbnis in Marburg zu St. Elisabeth dorthin gegeben werden, wenn sie selbst nichts anderes angeordnet hat. Perlen und Steine auf den Kleidern sollen als Kleinode gelten.
12. Das eingebrachte Heiratsgut soll der Landgraf zeitlebens genießen, aber nach seinem Tode an den Pfalzgrafen zurückfallen, unbehindert durch des Landgrafen Erben und Nachkommen. Der Pfalzgraf oder seine Erben sollen die verschriebenen Schlösser, Herrschaften und Güter mit aller Obrigkeit solange innehaben und nutzen, bis sie des Landgrafen Erben um den Betrag des Heiratsgutes und der Morgengabe wieder einlösen. Wenn Elisabeth aber ihre Morgengabe zu ihren Lebzeiten nicht verbraucht oder sonstwie vergeben hat, wozu sie jederzeit berechtigt ist, dann soll diese, sie haben Leibeserben miteinander oder nicht, beim Landgrafen und seinen Erben bleiben.
13. Geschieht es, daß der Landgraf nach dem Beilager mit oder ohne eheliche Leibeserben von seiner Gemahlin vor ihr stirbt, dann soll sie diese Schlösser, Herrschaften und Güter ihres Wittums mit allem Zubehör aller Obrigkeit und allen Gerechtigkeiten von Stund an innehaben und lebenslänglich besitzen. Dazu soll ihr folgen, was sie an Kleidern, Kleinodien, Silbergeschirr und Schmuck eingebracht hat und was ihr an Kleinodien, Silbergeschirr, Barschaft und anderem geschenkt oder von ihr selber erworben worden ist, mitsamt allem Hausrat, der sich beim Tode des Landgrafen in ihrem Frauenzimmer findet, desgleichen aller Hausrat, alles Getreide und aller Wein, die beim Todesfall in den Schlössern vorhanden sind. Das sollen nicht unter 60 Fuder Wein, 3000 Malter Korn und 4000 Malter Hafer sein. Wenn diese Bestände nicht vorhanden sind, müssen die Erben des Landgrafen sie bis zu diesen Mengen auffüllen. Außerdem soll der Witwe das benötigte Bau- und Brennholz geliefert den.
14. Die Gemahlin des Landgrafen soll mit keinerlei Schulden, ob er sie vor oder nach dem Beilager gemacht hat, zu tun haben und nicht pfandbar dafür sein.
15. Elisabeth darf ihre Wittumsgüter ohne Wissen der Erben des Landen weder verkaufen noch versetzen, es sei denn, daß ihr die Ablösung angekündigt, aber nicht fristgerecht eingehalten wird.
16. Wenn der Landgraf vor des Pfalzgrafen Tochter stirbt und diese dann einen anderen Mann ehelicht, dann sind die Erben des Landgrafen berechtigt, das Wittum für den Betrag des Heiratsgutes und der Morgengabe wieder einzulösen, doch soll ihr die Nutzung der Wittumsgüter noch für das ganze Jahr der Ablösung zustehen.
17. Wenn Elisabeth die Ablösung angekündigt wird und diese nicht in der angegebenen Zeit erfolgt, kann sie die Einlösung einem anderen gestatten, wobei sie die ihr wegen der nicht fristgerecht erfolgten Ablösung erwachsenen Unkosten auf den Wiedereinlösungsbetrag schlagen kann. Den Erben des Landgrafen bleibt jedoch auch dann die Wiedereinlösung vorbehalten, allerdings nunmehr um den durch den Unkostenzuschlag erhöhten Preis. Schlösser und Herrschaften des Wittums dürfen nicht gegen die landgräflichen Erben gebraucht werden, es sei denn, dass diese das Wittum beeinträchtigen.
18. Der Landgraf oder seine Erben sollen für den Fall seines Todes seiner Gemahlin zu Darmstadt 100 Hakenbüchsen, 4 Schlangen, 2 gute Steinbüchsen, an die 50 Handbüchsen sowie ausreichend Blei, Steine und anderes dazu zweckdienliches Gerät und 10 Tonnen Pulver zur Verfügung stellen, damit sie sich ihrer lebenslänglich bedienen kann. Nach im Tode sollen sie dort verbleiben.
19. Was auch zu Gernsheim befunden wird, mit dem soll es gleicherlmaßen gehalten werden.
20. Der Landgraf soll für die von ihm bewittumten und bemorgengabten Güter, die Lehen sind, die Einwilligung der Lehnsherren dazu beibringen. Er soll ferner dafür sorgen, daß Pfandschaftsablösungen des Pfalzgrafen Tochter nach ihrer Wahl am gelegensten wieder angelegt werden. Sollte auf das Wittum etwas verschrieben sein, soll es vom Landgrafen abgelöst werden.
21. Die Landgräfin ist ermächtigt, geistliche oder Burglehen, die zum Wittum gehören, zu verleihen, wenn es zum Lehnsfall kommt, doch soll der Belehnte, wenn sie einen anderen Mann ehelicht, nicht diesem, sondern nur ihr für ihr Wittum dienen. Wenn Lehnsleuten etwas auf das Wittum verschrieben ist, soll das nicht mit angeschlagen, sondern erstattet werden.
22. Die Urkunden, die gemäß dieser Heiratsabrede auszustellen sind, sollen demgemäß ausgefertigt und zu gebührlicher Zeit von den Parteien einander übergeben werden.
23. Von dieser Abrede sind zwei gleichlautende Exemplare hergestellt worden, die Pfalzgraf Philipp und Landgraf Wilhelm angenommen und dabei einander bei ihrer fürstlichen Ehre gelobt und versprochen haben, sie zu halten und zu vollziehen.
Siegel der beiden Ausstellers.

Wortlaut der Datierung

D. Lorsch uff sant Kathrinen tag a. d. 1492.

Nachweise

Ausstellungsort

Lorsch

Aussteller

Pfalz, Kurfürsten, Philipp der Aufrichtige · Hessen, Landgrafen, Wilhelm III.

Empfänger

Pfalz, Kurfürsten, Philipp der Aufrichtige · Hessen, Landgrafen, Wilhelm III.

Siegler

Pfalz, Kurfürsten, Philipp der Aufrichtige · Hessen, Landgrafen, Wilhelm III.

Weitere Personen

Baden, Markgrafen, Elisabeth, Frau Philipps I., verw. Landgräfin von Hessen, geb. Pfalzgräfin bei Rhein

Weitere Orte

Pfalz, Kurfürsten · Bayern, Herzöge · Katzenelnbogen, Grafen · Diez, Grafen · Ziegenhain, Grafen · Nidda, Grafen · Frankfurt · Darmstadt · Gernsheim

Sachbegriffe

Herzöge · Erztruchsesse · Pfalzgrafen · Kurfürsten · Grafen · Prälate · Herren · Ritter · Eheabsprachen · Töchter · Kirchenordnungen · Eheschließungen, nach Ordnung der Kirche · Ehefrauen · Heiratsgüter · Beilager · Eheschließungen, Rituale bei · Verschreibungen · Mitgift · Morgengaben · Wittume · Schlösser · Burgen · Sitze, fürstliche · Zinsen · Wildbänne · Frondienste · Atzungen · Fischereien · Bußen · Frevel · Amtleute · Untertanen · Erben, nächste · Gülten · Kriege · Wittume, Schutz der · Schatzungen · Steuern · Kriegsleistungen · Abgaben, Befreiung von · Widerlagen · Gülten, ständige · Hochzeiten, Alter bei · Handgelöbnisse, bei Eheschließungen · Eheschließungen, gestaffelte · Heimfahrten · Eheschließungen, Heimfahrten · Schuldurkunden · Verzicht, Leisten von · Leibeserben · Silbergeschirre · Kleinodien · Schmuckstücke · Kleidung · Erbe, weibliches · Kleidung, fürstliche · Geschenke · Seide · Begräbnisse · Perlen · Schmucksteine · Kleidung, mit Edelsteinen besetzte · Hausrat · Witwen, Wiederheirat von · Frauenzimmer · Häuser, Frauengemächer · Wein · Korn · Hafer · Bauholz · Brennholz · Schulden · Pfandschaften · Wiedereinlösungsrechte · Hakenbüchsen · Schlangen · Steinbüchsen · Handbüchsen · Bewaffnung · Pulver · Blei · Steine · Bewaffnung, Steine für · Lehen · Lehensherren · Lehen, Weitergabe von · Burglehen · Lehen, geistliche · Lehen, weibliche · Lehensleute

Textgrundlage

Stückangaben, Regest

Demandt, Regesten 2.2

Zitierweise
Landgrafen-Regesten online Nr. 7135 <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/lgr/id/7135> (Stand: 28.03.2024)