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Zeitgeschichte in Hessen - Daten · Fakten · Hintergründe

Bundestagswahlen bringen wieder SPD-Mehrheit in Hessen, 17. September 1961

Von insgesamt 3.395.285 wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürgern in Hessen beteiligen sich 3.028.241 oder 89,2 % an der Bundestagswahl. Die Zahl der als gültig ausgezählten Stimmen beträgt bei den Erststimmen 2.943.882, bei den Zweitstimmen 2.878.689.1

Auf die SPD, die in Hessen als stärkste Kraft aus der Wahl hervorgeht, entfallen 1.271.675 oder 43,2 % der gültigen Erststimmen (Zweitstimmen: 42,8 %). Gegenüber den Bundes-Gesamtergebnissen (36,5 % der Erst- bzw. 36,2 % der Zweitstimmen) schneidet die SPD in Hessen deutlich besser ab und kann hier das beste Ergebnis der bislang vier durchgeführten Wahlen zum deutschen Bundestag verzeichnen. Die CDU, die bei der vorangegangenen Bundestagswahl am 15. September 1957 die Sozialdemokraten erstmalig um einige Prozentpunkte übertrumpfen konnte, fällt wieder auf den zweiten Rang zurück. Sie erzielt ein Ergebnis von 35,8 % bei den abgegebenen Erst-, und 34,9 % (1957: 40,9 %) bei den Zweitstimmen. Auf Bundesebene verliert die CDU/CSU ihre bei der Bundestagswahl 1957 errungene absolute Mehrheit, bleibt aber stärkste Kraft. Die FDP kann nach einem deutlichen Einbruch im Jahr 1957 ihr Ergebnis wieder deutlich verbessern: auf sie entfallen 14,4 % der Erst- und 15,2 % der Zweitstimmen.

Für die übrigen Parteien entschieden sich nach Erst- und Zweitstimmen 6,5 bzw. 7,1 % der Wähler. Alle in diesen Zahlen zusammengefassten kleineren Parteien erreichen nicht die Fünf-Prozent-Hürde. Stärkste Kraft unter ihnen ist das Bündnis aus dem Gesamtdeutschen Block / Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten (GB/BHE) und der Deutschen Partei (DP), die sich am 15. April 1961 zur Gesamtdeutschen Partei GDP (DP-BHE) zusammengeschlossen hat (3,9 % der Erst- und 4,1 % der Zweitstimmen).

Eine erstaunliche Verschiebung der Kräfteverhältnisse ergibt allerdings die Auszählung der per Briefwahl abgegebenen Stimmen. So kann die SPD zwar 43,4 % der in den Wahllokalen abgegebenen Stimmen verbuchen, erzielt aber nur 33,6 % Zustimmung bei den Briefwählern. Umgekehrt erhält die CDU in den Wahllokalen 34,3 %, bei den per Briefwahl eingegangenen Stimmen aber 43 %. In ähnlicher Weise profitiert auch die FDP von der seit 1957 bestehenden Möglichkeit, sich per Briefwahl am Abstimmungsvorgang zu beteiligen.2

Gewählte Abgeordnete

Das Wahlergebnis bringt eine deutliche Verschiebung bei den errungenen Direktmandaten mit sich. Die SPD sichert sich 19 Direktmandate (1957: zehn), die CDU dagegen nur noch drei (1957: elf). Über die Landesliste ziehen zwei Abgeordnete der SPD, 14 der CDU und sieben der FDP in den Bundestag ein.

SPD

Altmaier, Jakob (1889–1963); Schriftsteller; Frankfurt am Main – Wahlkreis 139: Hanau (45,2 %)3
Bading, Harry (1901–1981); Dipl.-Landwirt; Frankenberg (Eder) – Wahlkreis 129: Fritzlar-Homberg (42,6 %)
Bechert, Prof. Dr. Karl (1901–1981); Universitätsprofessor; Gau-Algesheim – Wahlkreis 126: Waldeck (42,4 %)
Beyer, Lucie (1914–2008); Gewerkschaftssekretärin; Eichelsdorf/Büdingen – Wahlkreis 136: Friedberg (47,1 %)
Birkelbach, Willi (1913–2008); Geschäftsführer; Bad Homburg vor der Höhe – Wahlkreis 141: Frankfurt am Main II (42,6 %)4
Börner, Holger (1931–2006); Hilfspolier; Kassel-R. – Wahlkreis 127: Kassel (51,6 %)
Gscheidle, Dr. Kurt (1924–2003); Gewerkschaftssekretär; Oberursel/Taunus – Wahlkreis 135: Obertaunuskreis (40,3 %)
Höhmann, Egon (1926–1979); Lehrer a.D.; Hessisch Lichtenau – Wahlkreis 128: Eschwege (50,1 %)
Jahn, Gerhard (1927–1998); Rechtsanwalt; Marburg – Wahlkreis 131: Marburg (41,5 %)
Leber, Georg (1920–2012); Maurer; Schwalbach/Taunus – Wahlkreis 140: Frankfurt am Main I (45,4 %)
Matthöfer,Hans (1925–2009); Dipl.-Volkswirt; Frankfurt am Main – Wahlkreis 142: Frankfurt am Main III (44,8 %)
Merten, Hans (1908–1967); Pfarrer a.D.; Gießen – Wahlkreis 133: Gießen (42,4 %)
Metzger, Ludwig (1902–1993); Rechtsanwalt; Darmstadt – Wahlkreis 145: Darmstadt (44,6 %)
Meyer, Dr. Ernst-Wilhelm (1892–1969); Botschafter a.D.; Berlin-Wannsee – Wahlkreis 130: Hersfeld (43,8 %)
Reitz, Wilhelm (1904–1980); Werkmeister; Wetzlar – Wahlkreis 132: Wetzlar (45,2 %)
Ritzel, Heinrich Georg (1893–1971); Provinzialdirektor a.D.; Michelstadt/Odenwald – Wahlkreis 146: Dieburg (47,2 %)
Schmidt, Dr. Horst (1925–1976); Arzt; Sprendlingen – Wahlkreis 144: Offenbach (45,6 %)
Schmitt-Vockenhausen, Hermann (1923–1979); Verleger; Bad Soden/Taunus – Wahlkreis 143: Groß-Gerau (47,6 %)
Schwabe, Wolfgang (1910–1978); Regierungsdirektor; Lindenfels/Odenwald – Landesliste (19)
Wittrock, Karl (1917–2000); Rechtsanwalt; Wiesbaden – Wahlkreis 138: Wiesbaden (39,1 %)5
Zinn, Dr. Georg August (1901–1976); Ministerpräsident; Kassel – Landesliste (1)6

CDU

Arndgen, Josef (1894–1966); Staatsminister a.D.; Wiesbaden – Wahlkreis 137: Limburg (51,1 %)
Böhm, Dr. Franz (1895–1977); ordentlicher Professor der Rechte; Frankfurt am Main – Landesliste (12)
Brentano, Heinrich von (1904–1964); Rechtsanwalt und Notar; Darmstadt – Wahlkreis 147 Bergstraße (45,1 %)7
Gontrum, Wilhelm (1910–1969); Pfarrer; Watzenborn-Steinberg – Landesliste (16)8
Götz, Dr. Hermann (1914–1987); Angestellter; Fulda – Wahlkreis 134: Fulda (54,1 %)
Haase, Lothar (1923–2013); Dipl.-Volkswirt; Sandershausen/Kreis Kassel – Landesliste (14)
Horn, Peter (1891–1967); Geschäftsführer i.R.; Frankfurt am Main – Landesliste (11)
Kanka, Dr. Karl (1904–1974); Rechtsanwalt und Notar; Offenbach am Main – Landesliste (15)
Löhr, Dr. Walter (1911–1976); Dipl.-Volkswirt; Darmstadt – Landesliste (7)
Martin, Dr. Berthold (1913–1973); Obermedizinalrat; Gießen – Landesliste (8)
Neumann, Erich Peter (1912–1973); Institutsleiter; Allensbach/Bodensee – Landesliste (17)
Pitz-Savelsberg,Elisabeth (1906–1996); Regierungs- und Schulrätin a.D.; Wiesbaden – Landesliste (9)
Reinhard, Dr. Carl (1909–1992); Dipl.-Landwirt; Unterweisenborn – Landesliste (10)
Riedel, Clemens (1914–2003); Bäckermeister; Frankfurt am Main – Landesliste (13)
Schwarzhaupt, Dr. Elisabeth (1901–1986); Oberkirchenrätin; Frankfurt am Main – Landesliste (3)
Wilhelmi, Dr. Hans (1899–1970); Rechtsanwalt und Notar; Frankfurt am Main – Landesliste (2)
Wittmer-Eigenbrodt, Kurt (1889–1975); Landwirt; Hof Lauterbach bei Korbach – Landesliste (5)

FDP

Dörinkel, Dr. Wolfram (1907–1975); Syndikus; Wiesbaden – Landesliste (6)
Hammersen, Walter (1911–1990); Stadtrat; Wiesbaden – Landesliste (7)
Kohut, Dr. Oswald A. (1901–1977); Fabrikant; Langen/Hessen – Landesliste (1)
Freiherr von Kühlmann-Stumm, Knut (1916–1977); Land- und Forstwirt; Ramholz/Kreis Schlüchtern – Landesliste (4)
Menne, Dr. Alexander (1904–1993); Kaufmann; Oberursel – Landesliste (5)
Mischnick,Wolfgang (1921–2002); Angestellter; Frankfurt am Main – Landesliste (3)
Walter,Fritz (1896–1977); Landwirt; Wanfried – Landesliste (2)
(KU/LV)


  1. Bei der Wahl zum Deutschen Bundestag und bei einigen Landtagswahlen in Deutschland kommt das Zweistimmenwahlrecht zur Anwendung. Mit der Erststimme, der „Wahlkreisstimme“, entscheidet sich der Wähler für eine Person, einen Direktkandidaten aus dem eigenen Wahlkreis, der – so die Mehrheit der abgegebenen Stimmen auf sie oder ihn entfällt – durch das erteilte Direktmandat automatisch einen Platz im Bundestag erhält. Mit der Zweitstimme stimmt der Wähler für eine Partei, deren Kandidaten bereits auf einer Landesliste festgelegt sind. Die Zweitstimme ist maßgeblich für die Sitzverteilung der Parteien im Parlament.
  2. Vgl. DER SPIEGEL 43/1964, 21.10.1964, S. 38-40: Hessen: Ganz hinten (eingesehen am 26.10.2016), hier: S. 38.
  3. Altmaier verstarb am 8. Februar 1963. Für ihn rückte am 15. Februar 1963 Bürgermeister Gerhard Flämig (1919–2011) aus Großauheim am Main nach.
  4. Birkelbach schied am 30. September 1964 aus dem Bundestag aus. Für ihn rückte am 26. Oktober 1964 Bürgermeister Ladislaus Winterstein (geb. 1905) aus Hattersheim am Main nach (Landesliste, Platz 28), der jedoch bereits am 2. November 1964 verstarb. Ab 13. November 1964 nahm die Juristin Ingeborg Kleinert (1926–1989) aus Wiesbaden das Mandat wahr (Landesliste, Platz 31).
  5. Wittrock legte sein Mandat am 8. Mai 1963 nieder. Für ihn rückte am 31. Mai 1963 der Gewerkschaftssekretär Willi Bäuerle (1926–1996) aus Offenbach nach.
  6. Zinn legte sein Mandat am 13. Dezember 1961 nieder. Für ihn rückte am 22. Dezember 1961 Brigitte Freyh (1924–2009); Hausfrau; Frankfurt am Main (Landesliste, Platz 20) nach.
  7. Brentano verstarb am 14. November 1964. Für ihn rückte am 24. November 1964 der Dipl.-Landwirt Dr. Ludwig Preiß (1910–1996) aus Leidenhofen nach (Landesliste, Platz 18).
  8. Gontrum verließ die CDU-Fraktion am 20. September 1962 und wirkte fortan als fraktionsloser Abgeordneter.
Belege
Weiterführende Informationen
Empfohlene Zitierweise
„Bundestagswahlen bringen wieder SPD-Mehrheit in Hessen, 17. September 1961“, in: Zeitgeschichte in Hessen <https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/1141> (Stand: 17.9.2022)
Ereignisse im August 1961 | September 1961 | Oktober 1961
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